Compliance. Markus Böttcher
hilfreiche Wirkung bei der ansonsten anders zu führenden Exkulpation zuspricht.[15]
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Im Zivilprozess gelten dieselben Voraussetzungen für eine enthaftende Wirkung wie im Straf- bzw. Bußgeldverfahren. Der Prüfungsbericht kann als Privatgutachten urkundenbeweislich ohne Zustimmung des Prozessgegners eingebracht werden und der Prüfer kann als sachverständiger Zeuge gehört werden. Bei Privatgutachten und Zeugenaussage liegt es dann bei der Gegenseite, den geführten Beweis zu entkräften.[16], [17]
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Abschließend sei bemerkt, dass eine zivilrechtliche Haftungsverlagerung auf Wirtschaftsprüfer bzw. Rechtsanwälte als Prüfer des CMS gelegentlich in der Praxis als Argument für die Prüfung durch einen Berufsträger beobachtet werden kann. Generell gilt dann, dass zunächst Fehler und ihre Kausalität für Schäden feststellbar und nachweisbar sein müssen, was in der Praxis schwierig sein kann.[18] Die Verlagerung der zivilrechtlichen Haftung ist – bei allen Schwierigkeiten in der praktischen Durchsetzung – allerdings nicht völlig von der Hand zu weisen und wird z.B. in den USA expressis verbis vom American Law Institute als Möglichkeit genannt: „[. . .] it is essential that directors be able to rely on the advice of others when making their decisions, and not be faulted for reasonable decisions not to read lengthy legal documents or conduct a detailed cross-exmaniation of those whom they reasonably rely.“[19]
Anmerkungen
Vgl. Böttcher NZG 2011, 1056.
S. Hülsberg/Münzenberg Audit Committee Quartely II/2012, S. 17.
Vgl. Rieder/Jerg CCZ 2010, 202.
BGH 17.7.2009 – 5 StR 394/08.
Vgl. im Folgenden Hülsberg Sorgfaltspflichten bei Unternehmenserwerben, 2009, S. 65 m.w.N.
IDW PS 980 Tz. 24.
Vgl. Böttcher NZG 2011, 1057.
Hierzu wird der Wirtschaftsprüfer eine geeignete Vollständigkeitserklärung von der Geschäftsleitung einholen.
Vgl. Fleischer ZIP 2009, 1403 f.
Vgl. Böttcher NZG 2011, 1057. Diese Auffassung wurde in dem IDW-Workshop Anfang 2013 mit Compliance-Beauftragten, Juristen, Hochschulvertretern und Staatsanwälten bestätigt, wobei auch die Bedeutung der Angemessenheitsprüfung für die zukünftige Compliance betont wurde, da sich die Prüfung der Wirksamkeit naturgemäß auf die Vergangenheit bezieht.
IDW PS 980 Tz. 59 f.
IDW PS 980 Tz. 18.
Vgl. Withus/Hein CCZ 2011, 129 m.w.N.
Vgl. Gelhausen/Wermelt CCZ 2010, 209.
Vgl. Böttcher NZG 2011, 1057.
Vgl. Withus/Hein CCZ 2011, 130.
Bislang wurden keine Urteile veröffentlicht, die auf erfolgte (oder unterbliebene) Prüfungen des CMS nach dem IDW PS 980 Bezug genommen haben.
Ausführlich zur Haftung von Wirtschaftsprüfern und anderen Freiberuflern: Poll Die Haftung der Freien Berufe – Aspekte der Berufshaftung von Wirtschaftsprüfern und verwandten Professionen, abrufbar unter www.wpk.de/pdf/Poll.pdf.
Vgl. American Law Institute (Hrsg.) Principles of corporate governance: analysis and recommendations (1994), S. 394.
3. Kapitel Compliance-Organisation in der Praxis › B. Die Prüfung von Compliance Management-Systemen nach IDW PS 980 › VII. Prüfbereitschaft
1. Die CMS-Beschreibung als Prüfungsgrundlage
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Der Prüfungsstandard definiert als Gegenstand einer Prüfung des CMS die in einer CMS-Beschreibung enthaltenen Aussagen über das CMS.[1] Die Verantwortung für die Erstellung liegt ausschließlich bei den gesetzlichen Vertretern. Damit ist die CMS-Beschreibung Grundlage der Prüfung und stellt analog zum Jahresabschluss in der Jahresabschlussprüfung das Objekt dar, auf das sich jede Aussage in der Berichterstattung und damit jede Prüfungshandlung des CMS-Prüfers bezieht. Die Beschreibung selbst muss unter Berücksichtigung der angewandten CMS-Grundsätze zunächst sämtliche Grundelemente adressieren und so darlegen, wie die Organisation die einzelnen Bestandteile prozessual und mit konkreten Maßnahmen besetzt bzw. umgesetzt hat.[2]
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Damit ist der erste Schritt bei der Prüfungsvorbereitung grundsätzlich immer eine Bestandsaufnahme der eingerichteten Maßnahmen und Prozesse. Im Rahmen von Workshops und Interviews können die Compliance-Verantwortlichen sich eine Übersicht über den aktuellen Status der Umsetzung verschaffen. Dabei macht es Sinn, sich an den Grundelementen des IDW PS 980 zu orientieren und dann zu festzustellen, wie diese im Unternehmen zum Zeitpunkt der Bestandsaufnahme umgesetzt sind. Diese Inventur ist dann in der Regel Grundlage einer ersten Dokumentation des existierenden CMS in der Form einer CMS-Beschreibung.
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Um eine objektive Darstellung und Überprüfbarkeit der hier enthaltenen Aussagen zu ermöglichen, sind entsprechende Anforderungen an die Abfassung der Beschreibung zu stellen. So muss die Sprache klar sein. Die einzelnen Aussagen dürfen