Wirtschaftspsychologie für Dummies. Ulrich Walbrühl
und interpretiert haben. Dem Gesprächspartner fällt es nun leichter, seine Gefühle selbst zu formulieren oder auf andere Weise auszudrücken. Natürlich dürfen Sie beim Verbalisieren nicht zu plump vorgehen, sonst fühlt sich der andere bedrängt.
Mit stolzgeschwellter Brust
Claudia erzählt ihrer Freundin Regina von der ersten, sehr erfolgreich verlaufenen Präsentation beim Kunden. Regina merkt sofort, dass ihre Freundin mächtig stolz über das Lob vom Chef und den erteilten Auftrag ist. Wie kann sie ihr sagen, dass sie diesen Stolz heraushört?
1 »Du platzt ja vor Stolz.«
2 »Da hast du dich sicher riesig gefreut. Ich wette, du warst auch ein wenig stolz.«
3 »Also, ich an deiner Stelle wäre mächtig stolz auf mich gewesen.«
Antwort 1 ist ziemlich direkt. Es ist gut möglich, dass Claudia die Äußerung abwehrt, weil es ihr peinlich ist. Antwort 3 ist nicht schlecht, allerdings kann es jetzt dazu kommen, dass das Gespräch zu Reginas Erfahrungen wechselt. Daher ist Antwort 2 wohl die beste Wahl.
Etwas anderes ist es, wenn es um negative Gefühle geht. Da ist es noch schwerer, weil sie häufig nur ungern zugegeben werden. Manchmal kann man aber auch in Stufen vorgehen.
Rick erzählt seinem Kollegen Pablo von seiner ersten Workshopmoderation. Dabei kam es zum Eklat zwischen zwei Vorstandsmitgliedern, die sich seit Längerem »nicht ganz grün sind«. Es ging so weit, dass die Streithähne den Workshop verlassen wollten und die gesamte Veranstaltung zu scheitern drohte. »Das muss aber hart für dich gewesen sein«, meint Pablo. »Das kannst du wohl sagen«, erwidert Rick. »Du musst ja Angst gehabt haben, dass dein gesamter Auftrag platzt.« Nach seiner Vorlage kann Pablo das Thema »Angst« direkt ansprechen. Genauso würde es auch bei Gefühlen wie Ärger, Wut und Hass funktionieren.
Neben den einfachen Techniken, die im Grunde jeder beherrscht, gibt es noch eine Disziplin, die man auch als »Königsdisziplin der Kommunikation« bezeichnen kann: das Feedback.
Feedback geben und Feedback erhalten
Feedback geben klingt zwar einfach, ist es aber leider nicht.
Feedback geben heißt, die Wirkung von Verhalten auf die eigene Person möglichst klar zu beschreiben. Entscheidend ist, dass der Feedbacknehmer eine Chance hat, sich weiterzuentwickeln. Feedback ist lernförderlich. Gleichzeitig soll alles vermieden werden, was den Feedbacknehmer frustrieren könnte. Dieser Teil ist besonders kniffelig.
Den meisten Menschen fällt es leicht, positive Dinge im Feedback anzusprechen. »Hast du gut gemacht«, »war prima«, »sah toll aus«, das geht den meisten noch über die Lippen. Und wenn man dann nachfragt, erfährt man auch, was genau denn gut war: »du warst locker«, »total witzig«, »die hingen an deinen Lippen« – das erfährt man dann noch. Schwieriger wird es schon bei einer gemischten oder einer weniger guten Performance. Das erfährt der Präsentator im direkten Gespräch meist gar nicht. Dafür wird umso mehr über ihn, statt mit ihm gesprochen.
Gutes Feedback bedeutet, einige wichtige Regeln zu beachten. In Tabelle 2.1 erfahren Sie diese Regeln und auch, warum sie so wichtig sind.
Nr. | Regel | Beispiel | Begründung |
---|---|---|---|
1 | Ich-Botschaften senden! Sprechen Sie von sich selbst, nicht von »man«. | »Ich habe gesehen, wie Sie …« | Dies macht deutlich, dass wir unterschiedliche Wahrnehmungen haben. Was einer sieht oder hört, muss von anderen nicht unbedingt genauso aufgefasst werden. |
2 | Konkrete Wahrnehmung beschreiben | »… zum Chef geschaut haben, als Sie den neuen Transmitter vorgestellt haben.« | Dies macht klar, welches Verhalten besonders gut war, sodass es beibehalten werden sollte, oder aber ungünstig war, sodass es ersetzt werden sollte. |
3 | Unmittelbar nach dem Ereignis Feedback geben | »Als Sie gerade …« | Solange die Situation noch präsent ist, kann der Feedbacknehmer Ihre Rückmeldung gut nachvollziehen. |
4 | Sagen, welche Wirkung dieses Verhalten auf Sie persönlich hat | »Dadurch wirkten Sie auf mich unsicher, als ob Sie die Unterstützung des Chefs nötig hätten.« | Dies verdeutlicht, welche Wirkung ein Verhalten auslösen kann, und hilft dabei, die Reaktionen, die wir bei anderen auslösen, zu verstehen. |
5 | Positive und kritische Aspekte abwechselnd nennen | »Der Einstieg hat mir sehr gut gefallen. Die folgende Argumentation fand ich dagegen nicht stichhaltig.« | Je differenzierter das Feedback ausfällt, desto mehr lernt der Feedbacknehmer über sich. Positives stärkt die Motivation. Kritisches spornt ihn an, es beim nächsten Mal anders zu machen. |
6 | Ein anderes Verhalten vorschlagen | »Ich hätte mir gewünscht, dass Sie mit dem Blickkontakt beim Kunden geblieben wären.« | Dies gibt dem Feedbacknehmer eine Idee, wie er sein Verhalten optimieren kann. |
Tabelle 2.1: Feedbackregeln
Dies sind nur sechs kleine Regeln, aber es kostet viel Konzentration, sie auch zu beherzigen.
Leider wird Feedback nicht immer so gegeben, dass es leicht aufzunehmen ist und als Unterstützung des eigenen Lernprozesses verstanden werden kann. Wie sollten Sie Feedback aufnehmen, damit es seine Wirkung entfalten kann? Tabelle 2.2 zeigt Ihnen ein paar Regeln, die Sinn machen.
Nr. | Regel | Beispiel | Begründung |
---|---|---|---|
1 | Gut zuhören! | Blickkontakt, Konzentration, vor allem nonverbal | Nur wer gut zuhört, kann nachvollziehen, was gemeint ist. |
2 | Fragen stellen | »Woran genau haben Sie gemerkt, dass ich nervös war?« | Verstehen, woran es lag, dass ein bestimmter Eindruck entstanden ist. |
3 | Nicht rechtfertigen | »Aber, das war nur, weil …« | Mit einer Rechtfertigung entwerten Sie das Feedback, es kommt nicht bei Ihnen an. |
4 | Sich bedanken | »Vielen Dank für Ihr differenziertes Feedback. Ich weiß nun, wie mein Vortrag auf Sie gewirkt hat.« | Sie zeigen, dass Sie Feedback als etwas Positives betrachten, und würdigen die Leistung und Mühe des Gesprächspartners. Gleichzeitig ermutigen Sie ihn, bei nächster Gelegenheit wieder Feedback zu geben. |