Wirtschaftspsychologie für Dummies. Ulrich Walbrühl
Dies hat deutliche Auswirkungen auf die Arbeitsatmosphäre und den Ablauf der Moderation.
Vermittler: Damit Ergebnisse erzielt werden, müssen sich die Teilnehmer untereinander verständigen. Der Moderator unterstützt die Beteiligten dabei, zu einer gemeinsamen Sprache zu finden und die jeweiligen Sichtweisen zumindest zu verstehen, besser noch, nachzuvollziehen. Die Vermittlung zwischen Positionen und Interessen darf aber nicht dazu führen, dass Ungleiches vorschnell eingeebnet wird und Widersprüche verdeckt bleiben. Daher ist eine weitere Rolle wichtig:
Spiegel: Ein Moderator spiegelt der Gruppe, wo im Denken Widersprüche bestehen oder Vorgehensweisen im Umgang herrschen, die nicht hilfreich sind. Lassen die Teilnehmer sich gegenseitig aussprechen, gehen sie wertschätzend miteinander um, auch im Konflikt? Der Moderator geht ab und zu auf die Metaebene, um deutlich zu machen, wie er den Umgang erlebt und welche Themen möglicherweise widersprüchlich sind oder vermieden werden.Unter Metaebene wird der Rahmen verstanden, in dem Kommunikation stattfindet, also der Umgang miteinander, der Sprachstil, das gegenseitige Verständnis sowie das Erleben der Gesprächspartner, kurz gesagt: alles, was über den eigentlichen Inhalt hinausgeht.
Hebamme: Zum Abschluss einer Diskussion soll meistens eine Entscheidung über einen Inhalt oder das weitere Vorgehen stehen, mit der die Beteiligten weitgehend zufrieden sind. Hier ist der Moderator als »Geburtshelfer« tätig, der hilft, Entscheidungen vorzubereiten, zu treffen, zu dokumentieren und die Umsetzung zu überwachen. Dabei ist es wichtig, dass die Teilnehmer möglichst viel selbst erledigen können, denn sie sollen auch lernen, eigenverantwortlich miteinander zu arbeiten und zu tragfähigen Lösungen zu gelangen. Ein guter Moderator macht sich im Endeffekt verzichtbar.
Muss ein Moderator das Thema fachlich aus dem Effeff beherrschen?
Nein. Ein Moderator muss die fachliche Seite des Themas nicht beherrschen. Ein Fachmann ist oft eher ein schlechter Moderator. Er steckt selbst zu sehr im Detail, hat seine eigene Meinung und oft auch eigene Vorstellungen davon, was die beste Lösung ist. Dann versucht er, die anderen genau dahin zu bewegen.
Ein Moderator muss Distanz zu dem Thema haben. Dennoch sollte er das Thema verstehen. Wer gar nicht weiß, wovon gesprochen wird, kann nicht helfen. Es geht also darum, sich im Vorfeld einer Moderation in ein Thema einzuarbeiten und die Grundbegriffe zu kennen. Daher sind Moderatoren besonders erfolgreich, wenn sie sich auf Themenfelder spezialisieren.
Moderationstechniken
Welche Techniken wendet der Moderator an? Seine Aufgaben lassen sich in mehrere Bereiche gliedern:
1 Kennenlernen
2 Erwartungen klären
3 Themen bearbeiten
4 gemeinsam Entscheidungen fällen
5 Resultate und Vereinbarungen dokumentieren
Die Metaplantechnik mit ihren Wölkchen und bunten Kärtchen ist nicht wegzudenken aus der Moderationslandschaft (siehe Abbildung 2.2). Sie stellt Karten in allen Formen und Farben zur Verfügung, darüber hinaus Stifte, Pins und Klebepunkte. Wie unverzichtbar das System ist, merkt man erst, wenn man im Ausland moderiert und nach Materialien Ausschau hält. In den USA erhält man Pinnwände im Format 30 × 40 Zentimeter. In Italien gibt es Stifte, die durch jedes Material hindurchschreiben und auf Fingern und Wänden hahnenfußartige Flecken hinterlassen. Darum gehört der Metaplankoffer immer ins Reisegepäck, auch wenn der Moderator dafür auf ein zweites Paar Schuhe verzichten muss.Abbildung 2.2: Das Instrumentarium für Ihre Moderation: Karten, Wolken und Priorisierungspunkte
Kennenlernen
Dem Thema Kennenlernen widmen sich Projektteams meist viel zu kurz. Man kennt sich schon flüchtig vom Flur oder aus einem anderen Projekt, sodass man sich für eine ausführliche Vorstellung keine Zeit mehr nimmt. Dies ist aber ein Fehler. Folgende Techniken können für die Kennlernrunde genutzt werden:
Vorstellungsrunde mit Leitfragen
Vorstellungsrunde nach Partnerinterview
Geheimnisse erraten (wenn sich die Teilnehmer schon gut kennen)
Erwartungen klären
Viele Projekte und Arbeitsgruppen kranken daran, dass die Erwartungen der Teammitglieder nicht erfüllt werden. Dies betrifft etwa die Erwartungen an Erfolge, Anerkennung und befriedigende Tätigkeiten, die die anderen aber gar nicht kennen. Haben Sie es schon einmal erlebt, dass zu Beginn einer Projektarbeit alle Teammitglieder ihre Erwartungen an die Zusammenarbeit formuliert haben?
Veranstalten Sie eine Kartenabfrage zum Thema Erwartungen gleich in der ersten Teamsitzung. Lassen Sie verschiedenfarbige Karten zu den Themen
Erwartungen an den Projekterfolg,
Erwartungen an die Zusammenarbeit,
Erwartungen an die Projektleitung
beschreiben und an einer Pinnwand aufhängen. So brauchen sich die Einzelnen nicht vor allen anderen zu äußern, es kann aber alles untergebracht werden.
Wenn alle Karten an der Pinnwand angebracht sind, empfehle ich, diese zu clustern, das heißt in sinnvollen Einheiten zu bündeln und mit einer Überschrift zu versehen. Wie gut, dass man Karten an Pinnwänden auch umhängen kann.
Themen bearbeiten
Bei den zu bearbeitenden Themen kann es zwei Sorten geben: Sachthemen und Beziehungsthemen. Sachthemen könnten sein:
ein neues Konzept zur Kundenbindung erarbeiten
eine Bereichsstrategie entwickeln
ein Führungskräfte-Entwicklungsprogramm entwerfen
kundenfreundliche Ablaufprozesse erstellen
eine Strategie zur Übernahme der Weltherrschaft ausdenken
Wichtig ist ein Wechsel zwischen Plenums- und Kleingruppenarbeit bei der Erarbeitung von Themen.
Mit Plenum (aus dem Lateinischen) wird die »Vollversammlung«, also die Zusammenkunft aller eingeladenen Workshopteilnehmer, bezeichnet. Im Plenum sollten alle wichtigen Themen verabschiedet werden. Erarbeiten kann man Themen, Ziele und Maßnahmenpläne jedoch viel besser in Kleingruppenarbeit. Hier können in kurzer Zeit Inhalte erarbeitet werden, die dann im Plenum nur noch präsentiert und beschlossen werden. Würde man alles im Plenum erarbeiten, wäre der Workshop viel zu ermüdend und zeitintensiv.
Der Moderator entwickelt die Leitfragen aus den Erwartungen der Teilnehmer und gibt diese den Kleingruppen mit auf die Reise in ihre Gruppenräume oder in die verschiedenen Ecken des Raums. Je nach Thema können diese Fragen beispielweise so formuliert sein:
Welches sind die Stärken und Schwächen unseres aktuellen Produktportfolios?
Welche Ziele wollen wir auf dem südamerikanischen Markt erreichen?
Welche wichtigen Ansprechpartner müssen wir einbinden, wenn unser Projekt erfolgreich sein soll?
Natürlich sollen die Gruppenmitglieder