Wenn wir 1918 .... Walter Muller
der Abdankung Seiner Majestät, dem Thronverzichte Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen des Deutschen Reichs und von Preußen und der Einsetzung der Regentschaft verbundenen Fragen geregelt sind. Er beabsichtigt, dem Regenten die Ernennung des Abgeordneten Ebert zum Reichskanzler und die Vorlage eines Gesetzentwurfs wegen der Ausschreibung allgemeiner Wahlen für eine verfassungsgebende deutsche Nationalversammlung vorzuschlagen, der es obliegen würde, die künftige Staatsform des deutschen Volkes, einschließlich der Volksteile, die ihren Eintritt in die Reichsgrenzen wünschen sollten, endgültig festzustellen.
Berlin, den 9. November 1918 - Der Reichskanzler, Prinz Max von Baden
Es wird nicht geschossen!
Der Reichskanzler hat angeordnet, dass seitens des Militärs von der Waffe kein Gebrauch gemacht werde.
Parteigenossen! Arbeiter! Soldaten!
Soeben sind das Alleranderregiment und die vierten Jäger geschlossen zum Volke übergangen. Der sozialdemokratische Reichtagsabgeordnete Wels u.a. haben zu den Truppen gesprochen. Offiziere haben sich den Soldaten angeschlossen.
Der sozialdemokratische Arbeiter - und Soldatenrat.
3. Extraausgabe - Vorwärts - Sonnabend, den 9. November 1918
Arbeiter, Soldaten, Mitbürger!
Der freie Volksstaat ist da! Kaiser und Kronprinz haben abgedankt! Fritz Ebert, der Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei, ist Reichskanzler geworden und bildet im Reiche und in Preußen eine neue Regierung aus Männern, die das Vertrauen des werktätigen Volkes in Stadt und Land, der Arbeiter und Soldaten haben. Damit ist die öffentliche Gewalt in die Hände des Volkes übergegangen. Eine verfassungsgebende Nationalversammlung tritt schnellstens zusammen.
Arbeiter, Soldaten, Bürger! Der Sieg des Volkes ist errungen, er darf nicht durch Unbesonnenheit entehrt und gefährdet werden. Wirtschaftsleben und Verkehr müssen unbedingt aufrecht erhalten werden, damit die Volksregierung unter allen Umständen gesichert wird. Folgt allen Weisungen der neuen Volksregierung und ihren Beauftragten. Sie handelt im engsten Einvernehmen mit den Arbeitern und Soldaten.
Hoch die deutsche Republik!
Der Vorstand der Sozialdemokratie Deutschlands. Der Arbeiter - und Soldatenrat.
4. Extraausgabe – Vorwärts - 9. Nov.. 1918
Sieg der Revolution!
Noske in Kiel von roten Matrosen festgenommen! Ebert im Flugzeug nach Holland entflohen! Nieder mit den Reformisten!
Hoch die soziale Revolution!
Das revolutionäre Kriegskomitee
Nach kurzem, blutigem Kampf wurde das Vorwärtsgebäude von roten Soldaten besetzt. Die alte Vorwärts-Redaktion ist verhaftet. Das revolutionäre Proletariat hat seine Zeitung wieder in Besitz genommen.
Arbeiter und Soldaten! Seid auf der Hut!
Raus mit den Durchhaltepolitikern aus allen Redaktionen, Gewerkschafts- und Parteibüros!
Glaubt nicht den Beteuerungen der Renegaten! Sie wollen die Einheitsfront mit Bürgertum und Generalität. Wir wollen die Einheit des revolutionären Proletariats. Sie wollen Nationalversammlung, bürgerliche Republik, Rettung des Kapitalismus.
Wir wollen das Kapital enteignen und durch den revolutionären Kampf der vereinigten Arbeiter, Bauern und Soldaten den Sozialismus verwirklichen.
Bildet überall Einheitskomitees aus zuverlässigen Klassenkämpfern aller Arbeiterparteien! Lasst uns dem Beispiel der russischen Brüder folgen! Keine Gefühlsduselei! Handelt rasch und rücksichtslos!
Alle Macht den Räten!
Der revolutionäre Einheitsausschuss
Vorwärts - 10. November 1918
Die Ketten sind zerbrochen. Die Macht des Kaiserreiches ist zusammengebrochen wie ein Kartenhaus.
Der Versuch der Kaisersozialisten, die Revolution zu verhindern, ist gescheitert. Die schlimmsten Feinde der sozialen Revolution, Wilhelm II. und sein Sachwalter Ebert, der selbst gesagt hat, dass er die Revolution hasse wie die Sünde, — sie sind erledigt. Die Bourgeoisie hat die Waffen gestreckt. Die Reformisten verlieren zusehends an Boden. Die Bahn ist frei für die Entwicklung zum Sozialismus. Deutschland ist geschlagen. Deutschland hat den Krieg verloren.
Soldaten und Arbeiter, lasst den Kopf nicht hängen! Geschlagen ist die deutsche Bourgeoisie, den Krieg haben die Hohenzollern und ihre Trabanten verloren. Ihr habt gesiegt, Arbeiter und Bauern Deutschlands. Denn zum ersten Mal in der Geschichte haltet ihr euer Schicksal selbst in Händen! Kein leichtes Schicksal: Die Entente hat die Westfront zerschlagen. Bald werden ihre Heere an der Grenze stehen. Im ganzen Lande herrschen Hunger und Desorganisation, die letzten Reserven sind erschöpft. Das Bürgertum ist zwar geschlagen, aber nicht vernichtet, an hunderttausend unsichtbaren Fäden hält es die wirtschaftliche Macht noch in Händen. Gelingt es uns nicht, diese Fäden zu zerreißen, so war unser Sieg ein Pyrrhussieg. Gewaltige Aufgaben türmen sich vor uns: Vernichtung des kapitalistischen Systems, Errichtung der sozialistischen Republik, Aufbau der sozialistischen Gesellschaft. Unser Vaterland Deutschland ist von heute ab nur noch ein Teil des großen Vaterlandes aller Werktätigen, — des Bundes der sozialistischen Rätestaaten. Unsere Ostgrenze liegt von heute ab am Eismeer, am Stillen Ozean, in der Mandschurei und der Mongolei. Wir reichen unseren russischen Brüdern die Hand. Sie sind uns Vorbild und Ansporn gewesen. Sie haben nach dem Sturz des Zaren nicht Halt gemacht; trotz tausendfach ungünstigeren Verhältnissen im Innern und nach außen haben sie den Kampf mit der eigenen Bourgeoisie und mit den verbündeten Heeren der ausländischen Kapitalisten — der Entente und der Mittelmächte — todesmutig aufgenommen. Allen Anstrengungen der gegen sie verbündeten Welt, allen weisen Prophezeiungen der falschen reformistischen Freunde zum Trotz, sind sie unbeirrt und erfolgreich ihren Weg gegangen. Nach schweren Kämpfen und ungeheuren Opfern steht heute die Arbeiter- und Bauernmacht in Zentralrussland ungebrochen da. Dank euch, Brüdern und Bundesgenossen! Ihr habt uns den Weg gezeigt und unser Hirn von verderblichen Illusionen gereinigt!
Arbeiter, Bauern und Soldaten! Unser Dank an die heroischen Kämpfer im Osten darf nicht leeres Wort sein: Wir müssen ihnen Hilfe leisten.
In Sibirien und am Weißen Meer, unter dem Schutz der internationalen kapitalistischen Interventionsarmeen, in Finnland, in Lettland, Litauen und Polen, in der Ukraine, in Bessarabien, in der Krim und im Kaukasus unter dem Schutz der kaiserlich deutschen Generale haben sich die Banden der Konterrevolution gesammelt. Dieselben zaristischen Generale, die gestern noch gegen Deutschland kämpften, bekämpfen heute Arm in Arm mit dem „Landesfeind" von gestern ihre wirklichen Feinde: die erwachten Arbeiter und Bauern Russlands. Diese Tatsache erhellt besonders deutlich die wichtigste und dringendste Aufgabe, die wir zu lösen haben: Befreiung Osteuropas und Sibiriens von der Gefahr der Konterrevolution. Wir rufen die deutschen Soldaten und Kriegsgefangenen im Osten, die viereinhalb Jahre für Fremde gekämpft und gelitten haben, heute auf, die Waffen noch einmal in die Hand zu nehmen und für ihre ureigensten Interessen zu kämpfen. Für den sozialistischen Universalwirtschaftsstaat, der sich vom Rhein bis zum Amur, von der Nordsee bis zum Stillen Ozean, von der Adria bis zum Eismeer erstreckt und seine Grenzen bald weiter und weiter stecken wird, bis er die ganze befreite Welt umspannt.
Kein Zaudern jetzt, entschlossenes Handeln tut not. Kein Opfer darf gescheut werden. Zehn Millionen blühende Menschenleben sind dem Kapitalismus sinnlos geopfert worden. Die Opfer dagegen, die sich jetzt die vereinigten Arbeiter und Bauern auferlegen, sind nicht sinnlos! Sie allein können verhindern, dass die Herren von gestern ungestraft aus dem Völkermord hervorgehen und ihre fluchwürdige Macht grausamer und willkürlicher als vor dem Kriege wieder aufrichten. Sie allein können verhindern, dass der Kapitalismus erneut das schaffende Volk in Ketten legt, erneut die Erde zum Spielball seiner Spekulationen macht, dass er Millionen Arbeitslose auf die Straße wirft, die schwachen Nationen unterdrückt und auspresst, um schließlich abermals das Verbrechen von 1914 zu wiederholen: im Kampf um Absatzmärkte und Bodenschätze die Welt mit Krieg zu überziehen. Dieser Krieg würde noch viel entsetzlicher und verheerender als der letzte. Was sind dagegen die Kämpfe, die uns heute