Epidemiologie für Dummies. Patrick Brzoska

Epidemiologie für Dummies - Patrick Brzoska


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Epidemiologen (sie beziehen etwa andere Vorstufen oder Schweregrade mit ein). Das liegt an den unterschiedlichen Zielsetzungen: Epidemiologen wollen ja nicht einzelne Menschen finden, die Behandlung benötigen, sondern ein Bild des Gesundheitszustands der Bevölkerung erhalten.

      

Mancher Outcome in einer Studie ist in einer anderen Untersuchung die Exposition (ein vermuteter Risikofaktor für eine Erkrankung). Ein typisches Beispiel ist der Bluthochdruck. In manchen Studien suchen Epidemiologen nach seinen Risikofaktoren, Blutdruck ist dann der Outcome. In anderen Studien ist er die Exposition (Risikofaktor): Epidemiologen haben herausgefunden, dass Bluthochdruck ein Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall ist.

      Fälle präzise beschreiben

      Sie hören, wie sich zwei Ihrer Mitbewohner im Treppenhaus unterhalten. Es geht um Ihren gemeinsamen Nachbarn, der kürzlich verstorben ist. Ihre Mitbewohner können sich nicht einigen, ob er nun an einem »Herzschlag« oder an »Altersschwäche« gestorben ist. Denn der Nachbar war ja nicht mehr der Jüngste. In der Todesanzeige, die Anlass des Gesprächs ist, steht »nach langer, schwerer Krankheit«, was beide als nicht sehr aufschlussreich empfinden.

      Das geht uns als Epidemiologen nicht anders. Für Gesundheitsstatistiken (und natürlich auch für Studien zu Risikofaktoren) müssen wir genau wissen, was die Todesursache war. Denn wenn wir etwa eine Statistik zu »Tod an Herzinfarkt« erstellen, müssen wir alle anderen Todesfälle, etwa solche durch Magenkrebs oder Mord, ausschließen. Ähnliche Überlegungen gelten natürlich auch für Krankheiten.

      Epidemiologen nutzen je nach Ziel ihres Vorhabens ganz unterschiedliche Datenquellen, um Outcomes zu finden. Dazu gehören:

       Befragungen (Surveys) und Untersuchungen der Bevölkerung (telefonische Befragung, Befragung mit einem per Post oder online versandten Fragebogen, persönliches Interview, Untersuchung durch einen Studienarzt)

       Krankenakten, Todesbescheinigungen (ärztliche Diagnosen)

       Register von Krankheitsfällen

       Meldungen (meldepflichtige Erkrankungen)

      Anhand zweier Datenquellen (Todesbescheinigungen und Krankheitsregister) erfahren Sie, wie Epidemiologen Fälle identifizieren und welche Lösungsansätze sie für die häufigsten Probleme entwickelt haben. Mehr zu Falldefinitionen und zu meldepflichtigen Infektionskrankheiten finden Sie in Kapitel 18.

      Von Todesursachen und Totenscheinen

      Feststellen der Todesursache

      Was trägt der Stationsarzt als Todesursache in die Todesbescheinigung ein: den Herz- und Atemstillstand, der bei Ihrem Nachbarn eintrat? Oder den Herzinfarkt, die Gefäßverkalkung, die Zuckerkrankheit und die Arthrose? Das ist klar vorgegeben. Als unmittelbare Todesursache (Zeile 15) trägt er den Herzinfarkt ein, der als Folge der Arteriosklerose eintrat (Zeile 16). Das dafür ursächliche Grundleiden ist die Zuckerkrankheit (Zeile 18). Die Arthrose führte nicht mit zum Tode. Daher trägt er sie nicht ein.

      

Der Stationsarzt trägt den Herz- und Atemstillstand nicht ein, denn jedes Sterben endet so. Es handelt sich um einen »Endzustand« und nicht um eine Todesursache. Ein entsprechender Eintrag in der Todesbescheinigung würde keine verwertbaren Informationen beitragen.

      Qualität der Todesursachenzuschreibung

      Ihr Nachbar verstarb, nachdem die Ärzte ihn untersucht und eine Reihe von Krankheiten festgestellt oder bestätigt hatten. Nicht immer stellt aber der behandelnde Arzt (linkes Kästchen in Zeile 13) den Tod fest. Wäre Ihr Nachbar nachts zu Hause gestorben, hätte ein Notarzt die Todesbescheinigung ausgefüllt, ohne den Hausarzt kontaktieren zu können (rechtes Kästchen in Zeile 13). Es wäre ihm schwergefallen, alle notwendigen Informationen zum Ausfüllen der Zeilen 15 bis 19 zu erhalten – ganz besonders dann, wenn Ihr Nachbar alleinstehend war.

      Die Todesbescheinigung ist zwar der »Goldstandard« bei der Feststellung der Todesursache (jedenfalls im Vergleich zu einer Befragung der Nachbarn – denken Sie an die Todesursache »Herzschlag« in den Treppenhausgesprächen). Dennoch gilt die Qualität der Todesursachenzuschreibung in Deutschland als nicht allzu hoch. Dazu tragen folgende Probleme bei:

       Überlastete Stationsärzte und Notärzte sind nicht immer in der Lage, die unmittelbare Todesursache und das Grundleiden eindeutig zu klären.

       Nur bei einem kleinen Teil der Verstorbenen wird eine Obduktion (Leichenöffnung) durchgeführt und die Todesursache so gesichert (Zeile 24).

       Viele ältere Menschen leiden vor ihrem Tod an mehreren Erkrankungen gleichzeitig – beispielsweise Lungenkrebs und koronare Herzkrankheit. Das macht es dem Arzt schwer, die tatsächliche Todesursache zu ermitteln.

       In die Todesursachenstatistik geht nur eine Todesursache ein, die beim Statistischen Landesamt codiert wird. Dieser Prozess ist nur teilweise standardisiert und eine weitere mögliche Fehlerquelle.

      

Mehr darüber, wie die Angaben zur Todesursache vom Totenschein in die Todesursachenstatistik des Statistischen Bundesamts gelangen, erfahren Sie in Kapitel 24.

      Lebt Elvis? Wir Epidemiologen wissen mehr

      In vielen epidemiologischen Studien ist »Tod« der Outcome von Interesse, unabhängig von der genauen Todesursache. Ein Beispiel ist eine Untersuchung, ob Menschen, die Alkohol trinken, früher sterben als Menschen, die keinen Alkohol trinken. Bei einer solchen


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