Kill den Drill: Welcome to Arizona. Melanie Weber-Tilse
können und mir nicht um BH und Slip Gedanken machen müssen. Unter dem Fluganzug gab es einen schlichten Sport-BH und eine Panty. Punkt aus. Nix mit Spitze, oder Satin, oder was auch immer. Hatte ich gestern wegen dem zu sehenden Abdruck auf ein Höschen verzichtet, so tat ich es heute ganz bewusst. Wollten wir doch mal sehen, wie weit Torres ging und wenn ich ihn am Haken hatte, würde ich schon herausbekommen, ob er die Daten verschacherte oder nicht. Beim Sex sagten Männer meistens das, was wir Frauen hören wollten.
Eigentlich hatte ich vorgehabt meine Haare hochzustecken, aber Jacks Griff gestern dort hinein … nein, ich würde es bei einem Zopf belassen.
Ich schlüpfte in die Pumps und keuchte auf. Ich hatte verdammt viele Märsche in der Grundausbildung hinter mich gebracht, aber nach keinem hatten mir meine Füße so wehgetan, wie nach einem Tag auf diesen verfickten Absätzen.
Während meiner Fahrt zum Verwaltungsgebäude schaute ich den startenden Maschinen zu und gestand mir ein, dass ich es vermisste, in so einem Vogel zu sitzen. Hoch über den Wolken zu fliegen und diese grenzenlose Freiheit, das war schon etwas ganz Besonderes. Meine Fresse, ich musste prämenstruell sein, ansonsten würde ich nicht so romantische Gedanken haben. Blöde Hormone!
»Guten Morgen Lieutenant General Braxton«, grüßte ich den vor dem Schreibtisch kauernden Mann, während ich ihm seinen Kaffee brachte. Er brütete über zig Unterlagen und sein Gesicht war recht blass. Ich hatte keine Ahnung, seit wann er hier war, aber er sah nicht gut aus.
»Oh danke, Arizona. Das ist wirklich lieb von Ihnen.« Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee und lächelte. »Woher wussten Sie, wie ich ihn trinke?«
»Sekretärinnengeheimnis«, zwinkerte ich ihm zu.
»Apropos Sekretärin. Haben Sie Zugriff auf die Akten erhalten?«
»Ja, danke. Ich werde mich, wenn Sie nicht noch etwas anderes benötigen, direkt daran machen. Ich habe gesehen, dass ich bei den Suchkriterien über die Sicherheitsfreigabe gehen kann. Ich hoffe, dass ich nicht bis zum kleinsten Angestellten gehen muss.« Hier auf dem Stützpunkt arbeiteten mehr als 25000 Menschen und es würde mich Jahre kosten, diese zu überprüfen. Ich würde mit der höchsten Sicherheitsstufe anfangen und mich dann weiter nach unten arbeiten … hoffte aber, dass ich schnell auf den Datenklauer traf.
Mit einem Kaffee in der Hand klemmte ich mich hinter den Computer.
Vier Stunden später, in denen Braxton ab und an etwas kopiert haben wollte, stützte ich stöhnend den Kopf auf die Hand. Müde rieb ich mir mit der anderen über die Augen. Das würde wirklich hart werden. Warum mussten aber so verdammt viele Leute eine Sicherheitsfreigabe bekommen, die ihnen Zugriff auf viel zu viel ermöglichte?
Ich stand auf, streckte meine steifen Glieder, um mir noch einen Kaffee zu holen. Der Letzte war in der Tasse kalt geworden.
Die Tür zu meinem Büro wurde ohne Anklopfen aufgerissen und auf die Schnelle erhaschte ich keinen Blick auf sein Namensschild, als der Mann meinte, an mir vorbeirauschen zu wollen. Jedoch konnte ich an der Schulter sein Abzeichen erkennen. »Colonel«, brüllte ich, sodass der Mann zusammenzuckte und abrupt stehen blieb.
Sichtlich irritiert drehte er sich zu mir herum. »Ah Colonel Brigham, wie ich sehe.«
»Und Sie sind?«
Gott, sprach er mich wirklich von oben herab an? Und war das ein leichtes Näseln gewesen? »Lieutenant General Braxtons Assistentin … Arizona White. Haben Sie einen Termin beim General?«
»Ob ich einen …?« Er brach ab, musterte mich aus schmalen Augen. »Ich brauchte noch nie einen Termin bei Braxton.«
»Tja.« Ich lächelte. »Ab sofort brauchen Sie einen. Außer der Stützpunkt wird angegriffen … das fällt unter Notfall.«
Uh, da hatte ich wohl gerade an seinem Selbstbewusstsein gekratzt, denn er kam mit wütendem Blick auf mich zu. »Jetzt hören Sie mir mal genau zu, Miss White. Ich bin Colonel Brigham, Stellvertreter wenn der General im Urlaub ist und brauche keinen verdammten Termin, wenn ich ihn zu sprechen wünsche.«
Immer noch lächelnd überwand ich die letzte Distanz und stand ganz nah. Wenngleich ich kleiner war, funkelte ich ihn von unten herauf an. »Jetzt hören Sie mir mal zu, Colonel Brigham. Erstens stellt man sich vor, bevor man überhaupt meint, kommentarlos an einem vorbeirauschen zu wollen, und zweitens … wenn der General Urlaub hat, bin ich Ihre rechte Hand. Und glauben Sie mir, wenn ich sage, dass ich Ihnen das Leben zur Hölle machen kann, wenn ich das will.«
»Wie wagen Sie es sich …«
»Ah, ich sehe, Sie haben sich schon bekannt gemacht«, erklang Braxtons Stimme hinter Brigham. »Colonel Brigham, kommen Sie. Die bezaubernde Arizona hat noch so viel zu arbeiten, wir wollen sie doch nicht davon abhalten.«
Einerseits ärgerte es mich, dass der Colonel ungeschoren davon kam, andererseits hatte der General klar und deutlich gemacht, dass er hinter mir stand.
Nachdem ich einen frischen Kaffee eingeschenkt hatte und wieder vor dem PC saß, überlegte ich, warum ich auf Brigham so reagiert hatte. Es lag gar nicht mal daran, dass er einfach an mir vorbeigestürmt war, sondern vielmehr, wie er sich mir gegenüber verhalten hatte. Pah, er erinnerte mich an meinen Ex. Nicht vom Alter, sondern von seiner überheblichen Art her. Schnell hatte ich David in den Wind geschossen, als mir klar wurde, dass er sich durch mich, gut bei meinem Vater stellen wollte. Mich hatte er wie lästiges Beiwerk behandelt, als ihm klar geworden war, dass mein Vater sich ganz gewiss nicht von ihm einlullen ließ und ich für ihn kein gutes Wort eingelegt hatte. Genau so ein Arschloch und Arschkriecher war Brigham. Die strahlten so etwas … Schmieriges aus, was mich sofort auf Angriff gehen ließ. Ich konnte nur hoffen, dass der General in der nächsten Zeit keinen Urlaub nehmen wollte.
Die beiden Männer betraten den Vorraum und Brigham hatte die Lippen zu einer schmalen Linie zusammengepresst. Innerlich grinste ich, denn irgendetwas war wohl vorgefallen. Nach außen hin, war ich höchst professionell … so hoffte ich zumindest.
»Arizona, wären Sie so nett und würden diese Unterlagen zu Major Torres bringen?« Braxton hielt mir eine Mappe entgegen, auf der in großen Lettern TOP SECRET stand. So eine hatte Jack gestern auch schon zum General gebracht, aber an Hand der Nummer, die darauf verzeichnet war, konnte ich sofort sehen, dass es nicht dieselbe war.
»Äh, natürlich Sir. Wo finde ich den Major?«
»General, warum lassen Sie mich nicht die Unterlagen mitnehmen?«, mischte sich Brigham ein. »Sie sehen doch, dass die süße Miss White sich noch nicht auskennt.«
Hatte er mich jetzt allen Ernstes süß genannt? Doch bevor ich in die Luft gehen konnte, sprach schon der General mit seiner ruhigen Stimme. »Genau aus dem Grund, soll Arizona die Unterlagen wegbringen. Ich möchte, dass sie sich mit dem Stützpunkt vertraut macht.« Er drehte sich wieder zu mir und zwinkerte. Der alte Schlingel hatte tatsächlich den Colonel ausgebootet. »Sie finden Torres Büro in Hangar 14. Dort können Sie sicherlich auch einen Blick auf die zu testenden Jets werfen.«
Freudig erhob ich mich. »Aber natürlich, Lieutenant General Braxton. Colonel es war mir ein Vergnügen«, Gott die Worte blieben mir fast im Hals stecken, »Sie kennenzulernen.« Und hoffentlich musste ich ihn nicht mehr wieder treffen.
Ich riss schon fast dem General die Akte aus der Hand und eilte mit einem letzten knappen Gruß hinaus. Auf keinen Fall wollte ich den Weg mit Brigham zusammen gehen. Vor dem Verwaltungstrakt hatte ich Glück, dass gerade einer der Sergeants mit seinem Jeep in die Richtung wollte und mich mitnahm. Ich scheute es nicht zu Fuß unterwegs zu sein, aber im Rock und auf Absätzen, war das ein Gewaltmarsch.
Als mich der Sergeant herausließ, wäre ich am liebsten sofort in die große Halle gerannt, um mir die Flugzeuge von Nahem anzuschauen. Doch ich unterdrückte den Impuls und steuerte die an der Seite gelegenen Büros an.
»Kann ich Ihnen helfen Miss?«, wurde ich von einem recht aufgeregten Mechaniker angesprochen.
»Ich bin auf der Suche nach dem Büro von Major Torres. Und nennen Sie mich doch bitte Arizona, nicht Miss.«