Tor für die Liebe. Elena MacKenzie

Tor für die Liebe - Elena MacKenzie


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ich wundere mich über mich selbst. Aber was soll es, ich kann ja nicht zulassen, dass Sie von allen wie Dreck behandelt werden, also wird es wohl das Beste sein, ich mache den ersten Schritt, indem ich Ihnen die Hand reiche.«

      »Sie müssen kein Mitleid mit mir haben«, sagte ich trotzig, statt die mir dargebotene Hand zu ergreifen. Eigentlich war ich jemand, der immer freundlich anderen Menschen gegenüber war. Zumindest versuchte ich das. Mein Vater hatte immer gesagt: Freundlichkeit ist die halbe Miete. Aber heute war mir die Freundlichkeit irgendwie abhanden gekommen. Und eigentlich hatte ich auch keine Lust, nach ihr zu suchen.

      Luca seufzte laut und steckte sich ein Stück Brötchen in den Mund, das er zuvor abgerissen und in mein Salatdressing getunkt hatte. »Joghurtdressing«, nuschelte er kauend. »Sie sollten die Gartenkräuter probieren. Sehr gut.«

      Ich schob ihm meinen Salatteller hin. »Bedienen Sie sich ruhig.«

      Bevor das alles passiert war, hatte Luca mir schon einmal bei einem Essen gegenübergesessen. Seine damalige Ehefrau an seiner Seite. Das war auf einer Spendengala gewesen. Man hatte die Rodaris, meinen damaligen Freund - einen Sportmoderator - und seine Begleitung – mich – an einen Tisch für vier Personen platziert. Es war ein netter Abend gewesen. Wir hatten uns gut unterhalten. Und ich hatte den Fußballer sehr sympathisch gefunden. Seine Frau weniger.

      Ich hatte schon damals das Gefühl, dass etwas zwischen den Beiden nicht stimmte. Aber vielleicht hatten sie nur an diesem Abend eine Meinungsverschiedenheit gehabt, die zwischen ihnen hing wie ein frostiger Windhauch. So was kam vor in einer Ehe. Auch meine Eltern hatten schlechte Tage.

      Später hatten wir uns auf der Geburtstagsfeier von Steven Behrens noch einmal getroffen, damals, als er noch mit Christine zusammen gewesen war. Diesmal war seine Frau nicht mitgekommen. Auch hier hatten wir uns wieder sehr gut unterhalten. Wir hatten sogar zusammen getanzt und ich hatte das Gefühl, dass er mit mir geflirtet hatte. Was ich natürlich nicht ernst genommen hatte, da ich ja wusste, dass er verheiratet war.

      »Danke, aber ich habe meinen eigenen«, entgegnete er mit einem provozierenden Lächeln und einem Funkeln in den Augen, das Hitze in meinem Magen entflammte. Ich schluckte trocken und ignorierte meinen hämmernden Herzschlag.

      »Ich habe kein Mitleid mit Ihnen«, kehrte er zum eigentlichen Thema zurück und aß von seinem eigenen Salat. »Ich denke nur, es wird nach über einem Jahr Zeit, die Sache zu vergessen. Es wird sich ja nicht vermeiden lassen, dass wir uns öfters über den Weg laufen.«

      »Die letzten Monate sind wir doch gut klargekommen. Sie haben mich nicht sehen müssen und ich Sie auch nicht.«

      »Dabei ist Ihr Anblick gar nicht so schrecklich, dass ich ihn nicht ertragen könnte.«

      Ich sah zu Luca auf und schob meinen Teller mit der Suppe weg. In seinen Augen stand zumindest keine Belustigung, also bestand die Möglichkeit, dass er sich gerade nicht lustig über mich machte. Und diese Möglichkeit verwirrte mich mehr, als wenn er sich lustig gemacht hätte. »Danke, Ihrer auch nicht.«

      »Wenn wir uns darin schon einig sind, dass wir beide uns attraktiv finden, dann könnten wir zum nächsten Schritt übergehen, dem Du. So können wir den Männern demonstrieren, dass wir Frieden geschlossen haben.«

      Ich schob etwas von meinem Salat in meinen Mund und musste Luca recht geben, das Dressing hätte besser sein können. »Ich habe nicht gesagt, dass ich Sie attraktiv finde.«

      »Ich denke, dass tust du. Ich war dabei, als du mich heute gemustert hast. Und ich rede nicht von der Musterung in der Dusche, sondern der im Regen. Als dein Gesicht einen nicht jugendfreien Ausdruck angenommen hat.«

      »Das hat mein Gesicht nicht. Und ich habe dem Du nicht zugestimmt.« Ich verstand nicht, was hier gerade passierte. Und ganz ehrlich, irgendwie fühlte ich mich, als würde ich gerade verarscht. Und das lag nicht zuletzt an den Blicken der anderen, die Luca und mich genau beobachteten. Was zur Hölle planten die Männer? Was auch immer es war, ich war mir sicher, es würde mir nicht gefallen.

      Luca beugte sich mit dem Oberkörper über den Tisch und sah mir direkt in die Augen, so dass sich ein Kribbeln über meine Haut ausbreitete und mein Atem stockte. »Das ist mir egal. Du hast mich nackt gesehen, wozu noch die Förmlichkeiten?«

      Ich schluckte trocken und wusste nicht, was ich erwidern sollte. »Warum ist es dir so wichtig, was die Männer über unsere Beziehung zueinander denken? Ich hätte angenommen, nach dem Schaden, den ich angerichtet habe, wäre es dir egal, wie ich mich fühle.«

      »Vielleicht sollte mir das auch egal sein, aber ich bin ein netter Mitmensch.« Er stand mit seinem Tablett auf und zögerte, dann lächelte er auf eine Art auf mich herunter, die mir Angst einjagte. »Morgen um 6 Uhr auf dem Platz. Der Trainer will, dass du den Waldlauf mitmachst.« Damit ging er und setzte sich an einen Tisch, an dem er grinsend von zwei anderen Spielern empfangen wurde.

      Zumindest seiner letzten Aussage konnte ich nicht widersprechen. Luca Rodari galt als einer der nettesten Sportler Deutschlands. Er war bekannt für sein offenes und hilfsbereites Herz. Aber ich bezweifelte, dass dieses Herz gerade für mich schlug. So gutmütig konnte einfach niemand sein.

      Leicht betäubt stand ich auf und brachte mein Geschirr weg. Ich sollte am Training teilnehmen? Aber hatte der Trainer schon mal einen Blick auf mich geworfen? Ich hatte schon seit Ewigkeiten keinen Sport mehr gemacht, wie sollte ich denn da mit Profisportlern mithalten können? Und warum sollte ich überhaupt mitlaufen? Der Gedanke ließ mich innerlich erschaudern. Das würde kein Spaß werden, zumindest nicht für mich. Aber die anderen würden ihren Spaß haben, wenn sie sich über meine absolute Unsportlichkeit amüsieren durften. Ich war plötzlich sicher, das war Teil 1 des Racheplans der deutschen Nationalmannschaft.

      Nach dem Abendbrot hatten die Männer wohl Freizeit, denn fast alle hielten sich im Zentrum des Camps auf und spielten Basketball oder Tischtennis. Ich setzte mich auf eine der Bänke und machte mir ein paar wenige Notizen in mein Notizbuch. Viel gab es bisher nicht zu berichten und ich war sicher, das würde sich auch nicht ändern. Danach kritzelte ich Blumenranken und kleine Kästchen in mein Buch, damit es so aussah, als wäre ich sehr beschäftigt, denn die Männer warfen mir immer wieder argwöhnische Blicke zu.

      Luca kam aus dem Hauptgebäude, wo er laut Hausmeister Dressel, der sich vorhin sehr nett mit mir unterhalten hatte, einen Check beim Doc hatte. Ich wusste zwar, dass Luca eine Verletzung am Oberschenkel haben sollte, aber bisher hatte ich davon nicht viel wahrgenommen. Er lief ganz normal und hinkte kein bisschen. Freilich hatte ich keine Ahnung, wie schmerzhaft so eine Verletzung war, aber ich könnte mir vorstellen, dass sie nicht unbemerkt an einem vorbeizog.

      Als neben mir Kieselsteine knirschten, blickte ich auf und in Luca Rodaris breit grinsendes Gesicht. »Interessanter Artikel, den du da schreibst.« Er setzte sich neben mich und breitete die Arme auf der Rücklehne aus. Dann starrte er auf die anderen Spieler und beobachtete sie eine Weile. »Was hast du so gemacht in den letzten Monaten?«

      »Ich war in Edinburgh. Ein paar Sehenswürdigkeiten und so. Was man eben so macht, wenn man vor der Presse flieht«, sagte ich so lässig wie möglich.

      Luca musterte mich aus dem Augenwinkel. »So schlimm?«

      »Ach, nichts, was man nicht einfach so wegsteckt.«

      Luca nickte und stand wieder auf, um zu den anderen Männern zu gehen. Ich stand auch auf und lief ziellos im Camp herum, bis es erneut anfing zu regnen.

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