Gefunden! Ein Traumprinz für Jessica. Isabella Defano
Jessica die Adoptionspapiere aus ihrer Tasche und reichte sie der Frau. Diese las sich alles ganz genau durch und wandte sich danach wieder Jessica zu.
„Gut! Ich werde im Computer nachschauen, welche Informationen gespeichert wurden.“
Minutenlang gab Loreen Gerber etwas in ihren Computer ein. Zwischendurch nahm sie sich immer wieder die Unterlagen vor, bis sie Jessica schließlich leicht irritiert anschaute.
„Es tut mir leid, aber ich kann einfach keine Unterlagen in unserem System finden. Die Adoptionsdaten werden zwar bei uns zwischen 20 und 30 Jahren gespeichert, aber nach der Umstellung wurden nicht alle Dokumente digitalisiert. Möglich, dass Ihre Akte im Archiv zu finden ist.“
Frustriert sah Jessica die Jugendamtsmitarbeiterin an. Von diesem Gespräch hatte sie sich mehr erhofft.
„Und was passiert jetzt?“
„Ich habe Ihren Fall notiert und lasse die Unterlagen heraussuchen. Sobald diese gefunden wurden, werde ich mich mit Ihnen in Verbindung setzen. Haben Sie eine Adresse hier in der Stadt?“
Jessica schüttelte den Kopf.
„Nein! Ich bin erst heute in Judenburg angekommen. Über einen Schlafplatz habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Meine Reise hierher war ziemlich spontan. Ich habe nicht damit gerechnet, dass es Probleme geben könnte.“
Wieder sah Frau Gerber Jessica leicht irritiert an.
„Ich fürchte, ein paar Tage werden Sie mir geben müssen. Unser Archiv ist groß und wir müssen die Akte erst finden. Sie sollten sich daher auf jeden Fall nach einem Zimmer umsehen.“
Jessica nickte, obwohl sie nicht wusste, wie sie ein Hotelzimmer bezahlen sollte. Zwar hatte sie in den letzten Monaten etwas Geld sparen können, trotzdem würde sie sich ein Hotel nicht lange leisten können. Wieso habe ich diese Reise nach Österreich nicht besser geplant?, fragte Jessica sich selbst. Ohne nachzudenken, hatte sie ihre Sachen gepackt und war zum Bahnhof gefahren. An Fragen wie Kosten oder Wohnmöglichkeiten hatte sie keinen Gedanken verschwendet.
Bedrückt über diese Entwicklung stand Jessica auf und nickte der Mitarbeiterin leicht zu. Sie wusste, dass sie hier nun nichts mehr erreichen konnte. Sie würde warten müssen, bis die fehlenden Unterlagen gefunden wurden. Nachdem sie Frau Gerber ihre Telefonnummer aufgeschrieben hatte, verließ Jessica das Jugendamt.
Völlig in ihren eigenen Gedanken vertieft, lief Jessica stundenlang durch die Stadt. Immer wieder überlegte sie, wie es nun weitergehen sollte. Bereits einige Hotels hatte sie abgeklappert, doch überall waren die Zimmerpreise so hoch, dass sie nur wenige Tage dort leben könnte. Lediglich ein Hotelangestellter war so freundlich und hatte Jessica die Adresse einer Pension genannt, die durchaus bezahlbar war. Leider schienen noch andere diese Anschrift gut zu kennen, denn Zimmer waren keine mehr frei. Nun wusste Jessica nicht mehr weiter. Wo sollte sie jetzt noch suchen?
Ganz in Gedanken vertieft, achtete Jessica nicht auf ihre Umgebung. Erst als sie plötzlich mit einer Frau zusammenstieß, zwang sich Jessica, ihre Umwelt wieder wahrzunehmen. Die Frau war schon etwas älter. Ihre kurzen blonden Haare zeigten bereits einige weiße Strähnen, während ihre Augen eine blaue Farbe besaßen. Obwohl sie nicht wusste, warum, kam ihr die Frau seltsam bekannt vor, dabei hatte Jessica sie noch nie in ihrem Leben gesehen. Vielleicht liegt es an den Augen, ging es ihr durch den Kopf. Denn abgesehen von ihren eigenen, hatte sie noch nie so dunkelblaue Augen gesehen.
„Es tut mir leid. Ich habe Sie einfach nicht gesehen“, sagte Jessica schnell und schaute die Frau entschuldigend an.
Die ältere Dame sagte nichts, sondern schaute nur völlig erstarrt in Jessicas Gesicht.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte Jessica, die diese seltsame Stille unheimlich fand.
Plötzlich nickte die Frau, ohne Jessica dabei aus den Augen zu lassen.
„Ja! Es ist alles in Ordnung. Mir ist nichts geschehen. Haben wir uns schon einmal gesehen? Sie kommen mir so bekannt vor.“
Nachdenklich sah Jessica die Frau an. Auch sie kam ihr irgendwie bekannt vor, jedoch konnte sich Jessica nicht erklären woher. Immerhin war sie seit ihrer Geburt nie wieder in Österreich gewesen. Ja, sie hatte sich sogar für eine Deutsche gehalten. Laut ihrer Geburtsurkunde war sie in München geboren worden und daran hatte sie nie gezweifelt. Umso weniger konnte sie daher verstehen, warum sie dann in Judenburg adoptiert worden war.
„Ich weiß nicht genau“, beantwortete Jessica die Frage der Frau. „Waren Sie schon einmal in Deutschland? Ich komme aus Nürnberg.“
Die ältere Frau schüttelte mit dem Kopf.
„Nein, in Nürnberg war ich noch nie. Seltsam, ich hätte schwören können, dass wir uns irgendwo schon einmal begegnet sind. Wie heißen Sie?“
„Jessica! Jessica Neumann.“
Jessica wusste nicht, warum sie überhaupt auf diese Frage antwortete. Eigentlich war es nicht ihre Art, fremden Leuten ihren Namen zu nennen. Bei dieser Frau jedoch hatte sie ein positives Gefühl. Es bestand eine seltsame Verbindung, die sie sich einfach nicht erklären konnte. Ist sie vielleicht meine Mutter?, ging es Jessica plötzlich durch den Kopf. Doch gleich darauf verwarf Jessica den Gedanken wieder, immerhin war diese Frau bestimmt schon um die 60. Zwar gab es immer öfter Spätgebärende, doch in der Regel gaben eher junge Frauen ihre Babys ab. Somit war es wohl eher unwahrscheinlich, dass sie ihre leibliche Mutter sein konnte. Doch wieso war ihr diese Frau nur so vertraut?
Mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen sah die Frau Jessica an.
„Es freut mich, Sie kennenzulernen, Jessica. Mein Name ist Gertrud Philipps. Ich habe zufällig mitbekommen, wie Sie hier in der Pension nach einem Zimmer fragten. Ich wollte nicht lauschen, doch haben Sie nichts reserviert?“
Verwirrt schüttelt Jessica mit dem Kopf. Seltsam, diese Frau hatte sie vorhin gar nicht wahrgenommen. Oder vielleicht doch?, ging es ihr durch den Kopf. Unbewusst? Kommt mir diese Frau deshalb so bekannt vor?
„Nein!“, sagte Jessica schließlich. „Meine Reise hierher war ziemlich spontan. Ich habe nicht mit einem längeren Aufenthalt gerechnet. Leider sieht es im Moment so aus, als würde ich noch einige Tage hier bleiben müssen. Ein teures Hotelzimmer kann ich mir aber nicht leisten.“
Mitfühlend nickte Gertrud Philipps der jungen Frau zu.
„Das ist aber schlecht. Morgen findet im Festsaal ein großes Konzert statt, daher sind unsere Jugendherbergen und Pensionen gerade gut gefüllt. Es dürfte daher schwer werden, in der Stadt ein günstiges Zimmer zu bekommen. Selbst die Obdachlosenheime dürften gerade überfüllt sein, denn es ist in der Nacht schon ziemlich kalt auf der Straße. Sie hätten wirklich vorher ein Zimmer reservieren sollen!“
Jessica war frustriert. Wenn es stimmte, was diese Frau sagte, hatte sie ein ernsthaftes Problem. Natürlich könnte sie mit einem Zug zurück nach Deutschland fahren. In Nürnberg hätte sie eine Wohnung, oder besser gesagt ein Zimmer bei der Familie ihrer Freundin. Mit Freuden hatten Carinas Eltern sie aufgenommen, schließlich waren sie so nicht ganz allein. Nur schwer kamen sie damit zurecht, als ihre einzige Tochter für ein Jahr nach Amerika flog, und so wurde sie eine Art Ersatztochter. Doch Jessica wollte noch nicht zurück, nicht ohne Antworten. Denn diese Antworten auf ihre Fragen würde sie von Deutschland aus nicht bekommen. Sie musste also hier bleiben, bis es neue Informationen gab. Sie würde sonst nie erfahren, woher sie kam und wer sie wirklich war. Noch einmal würde sie nämlich bestimmt nicht nach Österreich fahren. Das wusste sie genau.
„Haben Sie vielleicht noch einen Tipp für mich?“, fragte Jessica hoffnungsvoll, immerhin schien sich die Frau hier auszukennen. „Es muss auch nichts Besonderes sein, nur ein Platz zum Schlafen.“
Jessica konnte sehen, wie Frau Philipps angestrengt nachdachte, doch zu ihrer Enttäuschung, schüttelte sie mit dem Kopf.
„Es tut mir leid, ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen. Leider fällt mir im Moment nichts ein.“
Als Jessica sich