Mit schwarzen Flügeln. Daimon Legion

Mit schwarzen Flügeln - Daimon Legion


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unwichtige Lustbarkeit ohne Sinn und Verstand, gekrönt von dem Konzert der bekanntesten Harfenspieler Aziluts. Luzifel hätte abgesagt, wenn die Einladung nicht von Jahwe persönlich wäre.

      Während der ganzen Prozedur war es seine Aufgabe, nicht von Gottes Seite zu weichen und dem dümmlichen Gebrabbel ihrer hofierenden Gäste zu lauschen. Man würde ihn in endlose Diskussionen verwickeln, die allesamt ermüdend waren und die musikalische Untermalung würde ihm den Gnadenstoß geben.

      „Als wenn ich das heute noch gebraucht hätte“, seufzte er zu sich selbst.

      Luzifel erschien brav und artig im Palast Gottes, gekleidet in seinem besten weißen Anzug.

      War es nötig, Gottes Residenz zu beschreiben? Weiß, hell, warm und von so üppiger Ausstattung, dass sein Heim wie ein schlichter Stall wirkte, den man nicht entmistet hatte. Überall standen Statuen von, ja, gottgleicher Schönheit und bildeten athletische Körper, wie sie nur die Engel haben konnten.

      Nur, dass die Flügel fehlten, aber sonst waren die Formen klar definiert und zeigten, wie es um den Geschmack Jahwes stand, wenn es ihre Schöpfungen anbelangte. Mit ihm in leiblicher Person. Er, das Prunkstück ihrer Sammlung.

      Engel der oberen Triade hielten sich im Gebäude auf, gekleidet in leichtem Samt und schwerem Brokat, jedoch immer schillernd glänzend. Farblich nichts anderes als wieder Weiß, Gold und Silber.

      Und kaum, dass man seine Anwesenheit bemerkte, stürmten die Schleimer mit Gesprächen auf ihn ein. Wollten wissen, wie es im Hohen Rat aussah, bei der Garde, in den letzten Schlachten gegen das Dämonenheer (Was denn für ein Heer?) und ob es wahr war, was die Gerüchteküche über ihn verbreitete, wie zum Beispiel den Mord an Thron Tzaphiel.

      Er klemmte sich ein Lächeln ins Gesicht und antwortete, man solle nicht alles glauben, was Neider und Heuchler verbreiteten.

      Zu dem Bankett zählte ein Gelage, wie man es allein bei Gott genießen konnte.

      Nur verging dem eigenwilligen Engelsfürsten der klägliche Appetit – Engel aßen nie aus Hunger, das hatte Jahwe so eingerichtet – beim Anblick der goldenen Früchte, die weitestgehend angeboten wurden. Ihr süßes Fleisch hatte einen herben Beigeschmack, als würde er Wein mit Blut versetzt trinken.

      Früher, zum Beginn allen Seins, hatte man ihm und den anderen erstrangigen Erzengeln stets die Früchte der Erkenntnis vorgesetzt, um ihr Wissen und Denken zu schärfen. Das ging so einher, bis er selbst schließlich begriffen hatte, dass die Frucht auch abhängig machte, und Engel bei Dauerkonsum entgegengesetzt in komplett törichte, meinungslose, leicht kontrollierbare Puppen verwandelte.

      Er ließ besser die Finger davon, sah jedoch welche, die unwissend und in einer haltlosen Gier die gelbfleischigen Happen aßen. Das war der schnelle Weg ins Verderben.

       Ja, Gott achtet auf ihre Kinder. Damit die nichts anstellten und anfingen, eigenmächtig zu handeln. Oder ihr gar zu widersprechen drohten.

      „Was schaust du so zornig und finster drein, mein Schöner? Denkst du wieder schlecht von mir?“

      Lautlos stand sie hinter ihm, mit diesem süffisanten Lächeln in dem herrlichen Antlitz ohne Alter.

      Jahwe trug ein blassblaues Gewand zu dem Anlass, versetzt mit funkelnden Topasen. Ein jeder beugte sein Haupt bei ihrem Anblick und so musste Luzifel wohl oder übel mitspielen. Obwohl er sie lieber laut angepflaumt hätte, weil sie ständig an seinem Verstand herumfingerte.

      Ehrerbietend machte er vor ihr einen Diener, nahm ihre zarte Hand und drückte dieser einen leichten Kuss auf. Jeder wusste, dass er der Einzige war, dem sie eine Berührung erlaubte.

      „Ich habe keinen Grund, etwas Schlechtes von Euch zu denken. Ihr seid mein Gott, dem ich zur Treue verpflichtet bin“, spulte er mechanisch sein Gelübde ab.

      „Das freut mich zu hören, Luzifel.“ Sie streichelte ihm die blasse Wange. „Dann zieh nicht so ein Gesicht in meinem Heim, wenn du mir treu bist. Es wäre schade, dich wiederholt maßregeln zu müssen.“

      Typisch Gott. Luzifel biss sich ausnahmsweise doch auf die Zunge, bevor er etwas sagte, dass er ganz sicher bereuen würde. Es kostete ihn mehr Kraft als ein Waffengefecht gegen alle Erzdämonen.

      Gemächlich geleitete er Jahwe durch die Räume und Gänge ihres Palastes und stand schweigend daneben, während sie kokettierend mit anderen Gästen redete. Wie er diese gespielten Albernheiten hasste. In seiner Fantasie explodierte das Gebäude in einer immensen Feuersbrunst. Die unwürdigen Massen wurden vom Druck zerfetzt und in die Luft geschleudert, bis ihre Gebeine im blutigen Regen niederfielen. Trümmer, Geschrei, Verzweiflung. Die Musik des Krieges. Irgendwie fühlte er sich in diesem Szenario heimischer als zwischen all dem losen Geplänkel.

      Sie trafen auf Metatron und Sandalphon, die über etwas debattierten, bei dem die Zwillinge sich mal wieder uneins waren, und so manches Mitglied des Hohen Gerichtes war auch zugegen. Zum Glück traf er aber Kamael nicht an, sonst wäre die Party schnell gesprengt worden.

      Seine Wege kreuzten aber die von Gabriel und Uriel, die augenblicklich zu flüstern aufhörten, als sie merkten, dass er sie beobachtete. Was die spießige Statthalterin und der pingelige Herr vom Ordnungsamt zu verheimlichen hatte? Bestimmt nichts Gutes. Er würde ihre Schnapsideen sicher ausbaden müssen.

      Zu späterer Stunde versammelte sich die vergnügte Gesellschaft im Hörsaal, um dem angekündigten Harfenkonzert zu lauschen. Luzifel nahm einen Platz im hinteren Teil von Jahwes Loge im Schatten des grellen Bühnenlichtes ein und hoffte, zumindest den Eindruck zu machen, als ob es ihn gefiel, was seine Ohren hörten.

      Das himmlische Musikverständnis hatte ihm nie behagt. Das seichte Gezupfe und Tongeplätscher war seiner Meinung nach nicht weniger überflüssig, wie das ganze reine Weiß um ihn herum. Wäre die Welt Gottes nicht immer noch die ihre, wenn man mal etwas an der Ausstattung ändern würde? Er verlangte ja nicht viel. Bloß etwas mehr Farbe. Kontrast. Lautstärke.

      Nach drei Stücken hatte er das Gefühl, sein Kopf sei mit Luft gefüllt. Jede neu gezupfte Saite war ein reißender Nervenstrang in seinem Gemüt.

      „Langweilt dich die Vorstellung, mein Luzifel?“, lächelte Jahwe ihn an, wohl wissend, was er dachte.

      „Sie ist entsprechend der Veranstaltung.“ Eine Zumutung.

      Sie kicherte verspielt.

      Schön, wenn sie sich so amüsiert, dachte er spöttisch und verdrehte die Augen. Ich habe andere Sorgen ...

      „Jahwe, ich würde gern mit dir im Vertrauen sprechen wollen“, flüsterte er ihr ernst zu, da gerade ein weiteres Stück geendet hatte. Dieses Gespräch war seiner Meinung nach lange überfällig und er wollte es führen, ehe sie auf ihre Art den Abend zum Abschluss brachte.

      „So sehr mich dein delikater Anblick auch erfreut, es ist jetzt noch nicht die Zeit dafür, mein hübscher Junge. Ich will vorerst den Ball genießen. Später lasse ich nach dir rufen und widme deinem Körper meine ganze Aufmerksamkeit.“

      Ihre Stimme gurrte verführerisch und augenblicklich durchfuhr ihn die nackte Angst vor diesem Später. Beim bloßen Gedanken daran, kochte ihm das Blut hoch.

      „Das habe ich nicht gemeint, Jahwe!“, zischte er vor Wut und Scham. „Und ich hab dir oft genug gesagt, dass ich nicht wie ein Spielzeug behandelt werden will! Ich bin nicht dein Eigentum!

      Es ist mir wichtig, dass du mir auch mal zuhörst, wenn ich dir etwas sagen -“

      Das milde Lächeln verschwand und seine Gesprächspartnerin schlug einen ähnlich heftigen Sprachton an wie er, als sie fauchte: „Ich muss mir gar nichts von dir anhören, Luzifel! Ich bin Gott! Und Gott bestimmt! Gott ist deine Welt und dein Gesetz, dem du zu gehorchen hast! Du aber bist ein Nichts ohne mich! Du wurdest geschaffen, um jedem meinen Wünschen Folge zu leisten! Wage es nicht, deinem Gott zu befehlen! Also schweig und warte die Zeit ab!“

      Ein Knurren war die einzige Antwort, zu der er fähig war. Ihr Bann presste seinen Kiefer zusammen und er blickte schweigend


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