Frau Inger auf Östrot. Henrik Ibsen

Frau Inger auf Östrot - Henrik Ibsen


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      LUNATA

Frau Inger auf Östrot

      Frau Inger auf Östrot

      Schauspiel in fünf Akten

      © 1857 Henrik Ibsen

      Originaltitel Fru Inger til Østeraad

      Aus dem Norwegischen von Emma Klingenfeld

      Umschlagbild Gierymski Max

      © Lunata Berlin 2020

      Inhalt

       Personen

       Erster Akt

       Zweiter Akt

       Dritter Akt

       Vierter Akt

       Fünfter Akt

      Personen

      Frau Inger, Otto Römers Tochter und Witwe des Reichshofmeisters Nils Gyldenlöve

      Eline Gyldenlöve, ihre Tochter

      Reichsrat Nils Lykke, ein dänischer Ritter

      Olaf Skaktavl, ein geächteter norwegischer Edelmann

       Nils Stenssön

      Herr Jens Bjelke, schwedischer Oberst

      Björn, Kammerdiener auf Östrot

      Finn, Schloßdiener

      Ejnar Huk, Schloßvogt

      Hausgesinde, Bauern und schwedische Kriegsknechte

       Das Stück spielt auf dem Herrensitz Östrot am Drontheimfjord im Jahre 1528.

      Erster Akt

       Eine Stube auf Östrot. Durch die offene Tür im Hintergrunde sieht man den Rittersaal in schwachem Mondlicht, das dann und wann durch ein tiefes Bogenfenster fällt und die entgegengesetzte Wand streift. Rechts die Ausgangstür; davor ein Fenster mit einem Vorhang. Links eine Tür, die in die inneren Gemächer führt; weiter im Vordergrunde ein großer offener Herd, der in der Stube Helle verbreitet. Es ist ein stürmischer Abend.

       Björn und Finn sitzen am Feuer. Finn ist damit beschäftigt, einen Helm blank zu putzen. Verschiedene Waffenstücke, ein Schwert und ein Schild liegen neben ihnen.

      Finn nach einer Pause. Wer war Knut Alfsön?

      Björn. Die Herrschaft sagt, er war Norwegens letzter Rittersmann.

      Finn. Die Dänen erschlugen ihn ja beim Osloer Fjord?

      Björn. Frag' einen Buben von fünf Jahren, wenn Du's nicht weißt.

      Finn. So? Knut Alfsön war also unser letzter Ritter? Und nun ist er tot und begraben! Indem er den Helm in die Höhe hält: Ja, dann kannst du lange im Rittersaal hängen, und blank geputzt! Denn jetzt bist du nichts weiter als eine leere Nußschale. Den Kern – den haben die Würmer schon vor manchem Winter gefressen – Höre, Björn, – könnte man nicht sagen, Norwegen ist auch solch eine leere Nußschale wie dieser Helm: blank außen, wurmstichig innen?

      Björn. Halt's Maul und tu Deine Arbeit! – Ist der Helm fertig?

      Finn. Er glänzt wie Silber im Mondschein.

      Björn. So leg' ihn weg! – Hier, schab' den Rost vom Schwerte!

      Finn dreht und wendet es hin und her. Wird das sich auch verlohnen?

      Björn. Wieso?

      Finn. Die Schneide ist stumpf.

      Björn. Was kümmert's Dich! Gib mir das Schwert. – Hier ist der Schild.

      Finn wie zuvor. Dem fehlt der Handgriff.

      Björn murmelt. Könnt' ich nur Dich mit einem Handgriff packen und –

      Finn trällert ein Weilchen vor sich hin.

      Björn. Was soll das wieder?

      Finn. Ein leerer Helm, ein Schwert ohne Schneide, ein Schild ohne Handgriff – sieh, das ist die ganze Herrlichkeit. Ich glaube, niemand wird Frau Inger schmälen, daß sie solche Waffen putzen und im Saal aufhängen läßt, statt sie rosten zu lassen in Dänenblut.

      Björn. Ach, Geschwätz! Wir haben ja doch Frieden im Lande.

      Finn. Frieden? Ja, wenn der Bauer seinen letzten Pfeil verschossen, und wenn der Wolf dem Bauer das letzte Lamm aus dem Stall gestohlen hat, dann halten auch die zwei Frieden miteinander. Aber das ist mir eine wunderliche Freundschaft. Na, na, laß sein! – Wie gesagt, es ist recht und billig, daß die Rüstung blank im Saale hängt; denn Du kennst ja den alten Spruch: »Nur der Rittersmann ist ein Mann.« Und da es jetzt keinen Rittersmann mehr im Lande gibt, so haben wir auch keinen Mann mehr; und wo kein Mann ist, da beschließen die Weiber; und darum –

      Björn. Darum – darum ist mein Beschluß, daß Du Dein faules Gerede beschließest. Er erhebt sich. Es will Nacht werden. So, nun kannst Du Helm und Schild wieder in den Saal hängen.

      Finn mit gedämpfter Stimme. Nein, ich warte lieber bis morgen.

      Björn. Du hast doch wohl nicht Angst im Dunkeln?

      Finn. Bei Tage nicht; aber bei Nacht bin ich nicht der einzige, dem es so ergeht. Du siehst mich an! Aber Du mußt wissen, unten in der Burgstube –, da spricht man allerlei. Leiser. Da gibt es manche, die glauben, daß dort drinnen jedwede Nacht ein großes, schwarzgekleidetes Gespenst umgeht.

      Björn. Altweibergeschwätz!

      Finn. Ja, aber alle schwören darauf, es sei wahr.

      Björn. Das glaub' ich wohl.

      Finn. Das seltsamste aber ist: Frau Inger hat dieselbe Meinung.

      Björn stutzt. Frau Inger? Und was meint sie?

      Finn. Was Frau Inger meint? Ja freilich, das weiß nicht jeder. Aber gewiß ist, daß sie keine Ruhe in sich hat. Merkst Du nicht, wie sie Tag für Tag bleicher und hagerer wird? Mit einem forschenden Blick. Die Leute sagen, sie schläft nie, und zwar wegen des Gespenstes.

       Während der letzten Worte ist Eline unter die halboffene Tür zur Linken getreten. Sie bleibt lauschend stehen, ohne bemerkt zu werden.

      Björn. Und solchen Unsinn glaubst Du?

      Finn. Je nun, so halb und halb. Es gibt übrigens auch Leute, die die Sache anders auslegen. Aber das geschieht nur aus Bosheit. Du, Björn, kennst Du die Weise, die im Land die Runde macht?

      Björn. Eine Weise?

      Finn. Ja, sie ist im Volksmunde. Es ist ein garstiges Schmählied natürlich. Es geht aber sonst recht artig. Hör' nur mal.

       Er singt mit gedämpfter


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