Fire&Ice 6 - Chris Turner. Allie Kinsley
seinen Bauch und von dort aus auf seine Brust.
Sie brummte wohlig, während sie ihn streichelte, und auch Chris genoss die Berührung.
"War schön mit dir, Kleines", sagte er und fischte in seiner Hose nach seinem Geldbeutel.
"Mhm", machte sie und schmiegte ihre Wange an seinen Rücken.
Er machte sich von ihr los, zog eine Goldcard seines Clubs aus dem Seitenfach des Portemonnaies und drückte sie ihr in die Hand.
"Hier, für den Fall, dass du in Zukunft rein möchtest, ohne anzustehen. Und auch deine Drinks gehen heute aufs Haus", sagte er und konnte den verbitterten Unterton in seiner Stimme nicht unterdrücken.
"Was soll das? Willst du mich schon los werden?", fragte sie irritiert. Aus dem Augenwinkel sah er, wie sie dabei die Karte zwischen Zeige- und Mittelfinger drehte.
"Ich dich nicht, aber du mich", sagte er. Leise, bedauernd. Er wusste sehr gut, dass sie ihn nicht verstehen würde. Noch hatte sie ihn nicht gesehen.
"Was soll das alles?", fragte sie und klang nun ein klein wenig verärgert. Er ging ein paar Schritte weg, ehe er sich zu ihr umdrehte. Langsam schob er seine Kapuze nach hinten, sodass sie seine Narben sehen konnte.
"Ich glaube kaum, dass du mit einem Monster wie mir den Abend verbringen willst."
"Bist du verrückt geworden?", fragte sie ihn scharf.
"Ich? Warum sollte ich verrückt geworden sein?"
"Glaubst du etwa, ich weiß nicht wer du bist? Ich habe deinen Auftritt letztes Jahr gesehen."
Ihm gefror das Blut in den Adern. Von wegen selber erbeutet. Sie wusste, wer er war. Sie wusste es und hatte sich nur von ihm verführen lassen, um an sein Geld zu kommen. Der Gedanke widerte ihn an. Sie widerte ihn an.
Alles geldgeile Flittchen. Er hatte sie früher schon gehabt. Aber dass sie es jetzt sogar schon ausnutzten, dass er zu einem Monster geworden war, setzte dem Ganzen die Krone auf.
"Was willst du?", fragte er scharf und fixierte sie mit seinen zu Schlitzen verengten Augen.
"Was ich will? Ich hab bekommen, was ich will", sagte sie unschuldig.
Unschuldig … ja, ja. Unschuldig sind sie alle.
"Du hast die Karte, was willst du also noch? Geld?"
"Nein, wie kommst du darauf?"
"Warum sonst solltest du mit mir vögeln, wo du doch weißt, was für ein Freak ich bin."
"Hast du den Verstand verloren?"
"Nein. Warum?", fragte er und lachte hart auf. "Ich bin entstellt. Ich bin ein Monster. Was sollte ein süßes Mädchen wie du sonst von mir wollen?"
"Du hast wirklich den Verstand verloren! Meine Fresse!" Sie schnappte sich einen Stift von seinem Schreibtisch, packte seinen Arm, schob das Hoody nach oben und kritzelte ihre Nummer darauf.
"Wenn du dich wieder einbekommen hast, melde dich bei mir!" Sie drückte ihm den Stift in die Hand und sah ihn aus kalten Augen an. "Es war schön mit dir, aber ich bin verdammt nochmal nicht dein Psychiater und ich bin bestimmt nicht für deine Seelenqualen zuständig."
Dann wandte sie sich ab und verließ in schnellen Schritten sein Büro.
Die Goldcard lag auf seinem Schreibtisch und starrte ihn vorwurfsvoll an.
Da stand er nun. Verdattert. Wusste überhaupt nicht, wie ihm geschehen war. Fassungslos starrte er auf seinen Arm. Eine Handynummer stand darauf und darüber stand in schönen femininen Buchstaben Nicky.
NICKY
Sie hatte tatsächlich Sex mit Chris gehabt. Dem Chris. Eigentlich konnte sie es immer noch nicht glauben. Sie war schon so unglaublich lange in ihn verknallt.
Sie hatte ihn das erste Mal gesehen, als sie 16 war. Sie war zusammen mit ihren Brüdern in Talin gewesen, denn die Mittelaltergruppe, der sie sich als Landsleute angeschlossen hatten, hatte einen Wettbewerb gewonnen. Hauptpreis war die Übernahme aller Kosten für den zweiwöchigen Aufenthalt auf dem weltweit größten Mittelalterevent.
Es waren die besten zwei Wochen ihres Lebens, obwohl er ihr nicht einmal einen Blick gegönnt hatte.
Fast zwei Jahre später hatte sie Hightower, einen der Security-Männer, dazu überreden können, sie in den Club zu lassen, obwohl sie eigentlich noch nicht alt genug gewesen war.
Ehe sie Chris hatte kennenlernen können, ereignete sich auch schon sein grauenhafter Unfall. Sie sah, wie er sich auf dem Boden wälzte, sie hörte seine qualvollen Schreie und erlebte die Schockstarre seiner Freunde, ohne ihm selbst helfen zu können. Noch nie in ihrem Leben hatte sie etwas Schlimmeres zu sehen bekommen.
Dann schloss sich der Vorhang und sie hörte nur noch die Geräusche dahinter, bis kurz darauf wieder die Musik spielte und ihr sogar diese Informationsquelle verwehrt blieb.
Monatelang hatte sie in der Angst gelebt, was mit ihm passiert sein mochte. Sie hatte jede Zeitung durchforstet und das Internet durchsucht, jedem noch so kleinen Hinweis über seinen Verbleib und seinen Zustand war sie nachgegangen.
Als er drei Monate später das erste Mal wieder im VIP Bereich saß, atmete sie auf.
Er hatte sich verändert. Er wirkte kalt. Keine Spur von dem lebenslustigen Entertainer. All die Lebensfreude, die sie immer an ihm bewundert hatte, war verschwunden. Im wahrsten Sinne verbrannt.
Er saß einfach nur da und analysierte seine Umgebung. Über Monate hinweg tat er nichts anderes. Ob seine Freunde bei ihm waren oder nicht. Ob er eine Frau auf seinem Schoß hatte oder nicht. Es machte keinen Unterschied.
Sie hatte wirklich alles getan, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.
Sie tanzte grundsätzlich in der Nähe des VIP-Bereichs, auch wenn die Musik, die hier gespielt wurde, ihr nicht sonderlich gefiel.
Sie hatte unterschiedliche Looks und Haarfarben probiert, doch es hatte nichts geändert. Es war, als hätte er seine Umgebung gar nicht wahrgenommen.
Immer wieder verschwand er für einige Wochen von der Bildfläche und niemand wusste, wo er war.
Schlussendlich war sie aber wieder zum Gothic Stil zurückgekommen. Das war einfach sie. Schwarze Haare, schwarze Kleidung, stark geschminkte Augen.
Als sich an dem Abend das erste Mal ihre Blicke kreuzten, konnte sie ihr Glück kaum glauben.
Aber allzu einfach wollte sie es ihm nicht machen. Vor allem wollte sie sich nicht wie ein Schoßhündchen zu ihm pfeifen lassen.
Ein bisschen Mühe konnte er sich schon geben. Sie wollte die Illusion zumindest noch ein kleines bisschen genießen und davon träumen, dass er sie wirklich begehren würde.
Genauso hatte sie es zwar nicht bekommen, aber zumindest hatte sie den besten Sex ihres Lebens erfahren können.
Nunja, sonderlich erfahren war sie sowieso nicht. Als sie 15 war, hatte sie einen Freund, mit dem sie auch ihr erstes Mal hatte. Es war schlecht, grottenschlecht gewesen. Aber so waren erste Versuche nun mal.
Nachdem sie Chris das erste Mal getroffen hatte, hatte sie noch zwei, drei Mal versucht, mit einem Mann intim zu werden, aber es funktionierte nicht.
Sobald sie die Augen schloss, sah sie ihn vor sich. Sah seine blonden Haare, seine Augen, sein ebenmäßiges Gesicht und seinen muskulösen Körper vor sich. Also hatte sie es aufgegeben. Sie hatte sich von Männern ferngehalten und nur auf ihr Ziel hingearbeitet, Chris für sich zu erobern.
Tag X war nicht so romantisch, wie sie es sich immer erträumt hatte. Er hatte sie einfach über seinen Schreibtisch gebeugt und ziemlich hart genommen.
Im ersten Moment hatte es ihr weh getan. Ein klein wenig mehr Zeit hätte sie gern gehabt.
Weil er es war, konnte sie sich darauf einlassen. Wenn er es so wollte, konnte sie es so aushalten.