Seelenmalerin. Ana Marna
fiel er ihr ins Wort.
„Mrs. Riemann, Sie befinden sich in meinem Gebiet und ich habe keine Lust, irgendwann, irgendwo ihre verfaulten Überreste aufzusammeln und das dann erklären zu müssen. Sie werden das Funkgerät also annehmen und im Notfall gefälligst benutzen!“
Damit drehte er sich um und stapfte auf seinen Wagen zu. Hannah sah ihm grinsend hinterher. Er hatte es tatsächlich geschluckt! Dabei war sie nie eine besonders gute Schauspielerin gewesen.
Als er fortfuhr, sah sie, dass er ihr noch einen Blick zuwarf, und winkte mit ihrem breitesten Lächeln, was er finster ignorierte.
Sie drehte sich um und verlor ihre Fröhlichkeit wieder.
Grimmig musterte sie das Haus. Diesem Jackson würde sie gehörig auf die Finger klopfen. Genauso wie dem Autoverleiher. Eine solche Bruchbude als Ferienhaus zu vermieten war schlichtweg eine Frechheit. Doch jetzt war sie hier und würde das Beste aus der Situation machen. Auch wenn das einem gewissen O’Brian nicht gefiel!
Erst recht, weil es O’Brian nicht gefiel!
Sie spuckte in die Hände und machte sich ans Werk. Hinter dem Haus fand sie einen Brunnen, aus dem sie frisches Wasser schöpfen konnte. Der Holzeimer war zwar auch schon halb verfault, aber in ihrem Rucksack befand sich eine Kollektion von alten Plastiktüten. Während ihrer Reisen hatte sie diese immer wieder zu schätzen gelernt. Geschickt spannte sie eine in den Eimer. Putz- und Kochwasser war damit gesichert.
Hannah schrubbte und wienerte, bis es stockdunkel war. Immerhin fand sie noch ein paar alte Kerzen, so dass die Hütte bald in romantisches Kerzenlicht getaucht war. Zufrieden streckte sie sich auf einem der wackligen Holzstühle aus und betrachtete ihr Werk. Die Küche war halbwegs sauber, der Ofen und der Kühlschrank wieder benutzbar, und zumindest das Bett konnte sie beziehen. Die Matratze roch zwar muffig, aber für eine Nacht war das auszuhalten. Zudem hatte sie kein Problem damit, die folgenden Nächte in ihrem Schlafsack zu verbringen. Blieb nur noch zu hoffen, dass dieser Theo, der ihr übrigens sehr viel sympathischer erschien als Tucker O’Brian, ihr den Wagen schnell vorbeibrachte. Und das Funkgerät. Tatsächlich war sie froh darüber, dass O’Brian ihr eins aufdrängte. Ohne Handyempfang und Telefon war es sicher nicht ratsam, alleine hier zu hausen.
In dieser ersten Nacht schlief sie tief und fest.
Keine Sorgen störten ihren Schlaf.
Tag 2
Jackson-Hütte, Minnesota
Der Morgen war sonnig und versprach einen warmen Tag. Hannah wachte recht früh auf und gönnte sich ein üppiges Frühstück, bestehend aus einem Schokoriegel und heißem Wasser. Dann krempelte sie die Ärmel hoch und fuhr mit dem Hausputz fort.
Gegen Mittag kamen zwei Wagen herangefahren. Erleichtert erkannte sie ihren eigenen, der von Theo gesteuert wurde. In dem anderen saß ein junger Kerl, welcher neugierig zu ihr herüberstarrte, aber hinter dem Steuer sitzen blieb.
Theo sprang aus ihrem Auto und hob einen Karton vom Beifahrersitz. Grinsend kam er mit der Kiste unterm Arm auf sie zu.
„Hallo, Mrs. Riemann. Wie versprochen: Hier ist Ihr Auto. Das ist echt eine Schrottkarre. An Ihrer Stelle würde ich die austauschen.“
„Danke - äh Theo. Darf ich Sie so nennen?“
„Klar“, grinste er. Hannah reichte ihm lächelnd die Hand.
„Fein, ich bin Hannah.“
Sein Händedruck war kräftig und sein Grinsen wurde noch breiter. Er hielt ihre Hand fest.
„Wenn Sie noch etwas brauchen - ich bin allzeit bereit.“
Hannah blinzelte irritiert. Flirtete er etwa mit ihr?
„Oh, ich komme sicher auf Sie zurück“, versicherte sie ihm mit einem Augenaufschlag. Sofort trat er einen Schritt vor und zog sie näher an sich heran.
Hannah lachte auf und schubste ihn sanft zurück.
„Im Ernst, Theo? Sie sehen nicht so aus als ob Sie es nötig hätten, bei einer alten Schachtel wie mir zu landen. - Ist der Karton für mich?“
Er grinste verlegen und ließ ihre Hand los. In seinen Augen las sie Enttäuschung, aber er wirkte nicht verärgert.
„Äh - ja, sorry. Das ist das Funkgerät. Tucker hat gesagt, dass ich es Ihnen einrichten soll. Wo soll’s hin?“
„Hm, ich denke, in der Wohnstube findet sich ein Platz“, überlegte Hannah. „Kommen Sie.“
Theo brauchte nur zehn Minuten, dann hatte er das Funkgerät platziert und ihr die Funktionen erklärt. Da dies nicht ihr Erstkontakt mit einem solchen Gerät war, hatte sie keine Mühe, ihm zu folgen.
„Glauben Sie, dass Sie damit zurechtkommen?“, fragte er schließlich.
Hannah nickte zuversichtlich.
„Es ist zwar ein altes Modell, aber das passt ja zur Einrichtung.“ Sie lächelte ihn an. „Vielen Dank, Theo. Wenn Sie zufällig mal vorbeikommen, lade ich Sie gerne zu einem Kaffee ein.“
Wieder grinste er breit.
„Das kann passieren. Bleiben Sie länger?“
„Ich habe für zwei Monate gebucht.“
„Ha, dann hat Ethan also doch richtig gehört. - Wie gesagt, wenn Sie wieder Hilfe brauchen, melden Sie sich einfach.“
Er wandte sich zum Gehen. Bevor er das Haus verließ, sah er sich noch einmal um und zwinkerte ihr zu.
„Eine alte Schachtel sind Sie aber sicher nicht. Und mein Motto ist: Allzeit bereit.“
Sie lachte und griff zu einem muffigen Kissen. Er wich dem Flugobjekt geschickt aus und verschwand mit einem sympathischen Grinsen auf den Lippen.
*
„Zwei Monate? Soll das ein Witz sein?“
Tucker O’Brian starrte Theo an. Der hob die Schultern.
„Das hat sie Ethan gestern auch schon gesagt. Wird also stimmen.“
O’Brian fluchte und ließ sich auf seinen Bürostuhl fallen, was dieser mit einem lauten Knirschen kommentierte.
„Auch das noch“, stöhnte er. „Eines Tages werde ich diesen Jackson in Einzelteile zerlegen. Was denkt der Kerl sich eigentlich dabei, diese Bruchbude zu vermieten?“
Theo grinste.
„Vermutlich will er dich bloß ärgern.“
„Und das gelingt ihm auch noch“, knurrte Tucker O’Brian. „Verdammt, wie werden wir dieses Weib wieder los?“
Theo hob die Schultern.
„Ich finde sie eigentlich ganz nett. Sie hat zumindest Humor.“
O’Brian runzelte die Stirn und starrte ihn an. Theo hob sofort die Hände.
„Ich hab’s probiert, aber sie nicht angefasst, Ehrenwort.“
„Und wie hat sie reagiert?“
„Äh - ich glaub‘, sie hat mich ausgelacht. Ganz sicher bin ich mir nicht.“ Er grinste. „Aber sie hat mich auf einen Kaffee eingeladen. Was nicht ist, kann ja noch werden.“
Tucker O’Brian stöhnte auf.
„Wolf, du lässt die Pfoten von ihr, klar? Überleg dir lieber, wie wir sie loswerden. Ich will kein neugieriges Weibsbild in unserer Nähe haben! Wer weiß, wo die überall herumschnüffelt.“
„Sollen wir sie überwachen?“
„Ich bitte darum! Ja!!“
„Und wenn sie Hilfe braucht?“
O’Brian starrte ihn finster an.
„Ich