Wolken, Land und Wasser. Michael Schenk

Wolken, Land und Wasser - Michael Schenk


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Boden können wir genauer untersuchen, was von Stoff und Seilen noch verwendbar ist.“

      Einen Auftriebsballon aus dem alles überspannenden Netz zu lösen, war eine Kleinigkeit. Das große Netz sollte ja lediglich verhindern, dass der Ballon immer weiter aufstieg und verlorenging, wenn sich seine Haltetaue lösten. Er war daher nicht mit ihm verbunden, sondern drückte lediglich durch seine Auftriebskraft dagegen.

      Kora verspürte einen kräftigen Windstoß, der sie unvermittelt packte. Instinktiv griff sie fester zu, doch sie behielt ihren Halt und brauchte die Sicherungsleine nicht. Dennoch musste sie einige Male tief durchatmen, bevor sie sich wieder an den Abstieg machte.

      Unten am Boden gab sie ihre Anweisungen.

      Energiespeicher und Sonnenkollektorspiegel, welche für das Aufheizen der Luft im Inneren der Ballonhülle sorgten, wurden zu den Seiten geschwenkt. Die Luft im Ballon begann rasch abzukühlen, zusätzlich zogen die Zwerge an den Haltetauen. Langsam, dann jedoch schneller, sank 115 herab und die große Hülle senkte sich wie eine Decke über jene Zwerge, die ihr nicht rechtzeitig ausweichen konnten. Es gab ein paar Flüche und Gelächter, während die betroffenen Arbeiter unter ihr hervorkrochen.

      Die Näher hatten bereits eine Hülle vorbereitet. Alle Auftriebsballons besaßen die gleichen Maße und man hatte während der Nacht vorgearbeitet, denn irgendeiner der zahlreichen Ballons musste ja mit Sicherheit ausgetauscht werden. Auch drei andere Hüllen lagen schon bereit.

      Näher und Seiler machten sich daran, die schlaffe Hülle mit dem Netz zu umgeben, welches sie stabilisieren würde. Einige Zwerge lösten Netz und Taue vom alten Ballon und sortierten das Unbrauchbare aus. Die Schmiede eilten heran, brachten Ösen und Schäkel, mit denen die Haltetaue am Netz befestigt wurden. Sonnenkollektorspiegel und Energiespeicher wurden überprüft und in Position gebracht, die Luft in der neuen Hülle erwärmte sich.

      Zwei Stunden später war der neue Ballon 115 an seiner Position am großen Netz. Währenddessen hatten die Arbeiten an den benachbarten Hüllen bereits begonnen.

      Stadtmeister Barbrot kam mit Magiermeister Ronulf Sternenhand und Handelsmeisterin Benara Klughand vorbei, um nach dem Fortschritt zu sehen.

      Kora Eisenschmied erklärte ihm sehr ausführlich, welche Arbeit noch zu bewältigen sei und welche Ressourcen diese verschlingen würden.

      Barbrot strich lächelnd an seinen Zöpfen entlang. „Ich komme von einem Besuch am sogenannten Wall der Landmark zurück und ich bin mir sicher, dass es zu einem zweiten und weiteren guten Handel mit den Pferdemenschen kommen wird. Dieser Nedeam ist sehr interessiert an den Fähigkeiten unserer Schwingen.“

      Kora Eisenschmied lächelte keineswegs. „Wir sind schon Menschen begegnet und wir sollten vorsichtig sein. Sie sind beinahe so gute Handwerker und Konstrukteure wie wir. Es mag sein, dass sie versuchen werden, unsere Schwingen nachzubauen.“

      „Selbst wenn sie es versuchen … Sie sind viel zu groß und zu schwer, um sich in die Wolken erheben zu können“, meinte Himmelsherr selbstgefällig.

      Benara Klughand schüttelte den Kopf. „Du vergisst, was dieser Nedeam einmal erwähnte … Dass sein Volk einst selber Luftschiffe besaß. Vielleicht haben sie vergessen, wie man sie baut, doch nun, da sie unsere Konstruktionen sehen …“

      Das Lächeln des Stadtmeisters gefror ein wenig. „Wir, äh, werden sehen. Doch selbst wenn ihnen das gelingt, so wird das viel Zeit brauchen. Zeit, in der wir dank unserer Schwingen guten Handel treiben können. Ich habe mich mit Hartschlag und Wolkenbezwinger besprochen und wir werden in wenigen Tagen mit den Flügen beginnen.“

      „Denk auch an den Handel mit dem Wasservolk“, erinnerte Benara und strich sanft über einen seiner Zöpfe. „Auch dort haben wir eine Verpflichtung.“

      „Und auch dieser werden wir nachkommen“, versicherte er. „Sag, Kora Eisenschmied, wie steht es mit dem Blaukristall?“

      „Den gröbsten Bedarf können wir mit den beiden neuen Säulen stillen. Wir sind schon dabei, aus ihnen Sammelschüsseln und Energiespeicher zu fertigen.“ Sie sah den Stadtherrn nachdenklich an. „Doch es wäre nicht von Übel, mehr davon zu haben.“

      „Ich werde sehen, was sich machen lässt.“ Benara betrachtete einen weiteren Ballon, der dem Netz entgegenstieg. „Das Wasservolk ist glücklicherweise neugierig und daran interessiert, wie es auf den umliegenden Inseln aussieht. Es hat sehr genaue Karten der Gewässer und Küstenverläufe, doch keine Vorstellung davon, was auf den Inseln selbst existiert.“

      „Vernünftige Leute“, meinte Kora. „Sie scheuen sich wohl ebenfalls aus gutem Grund, Land zu betreten.“

      „Weit weniger als wir. Doch sie begeben sich nicht gerne in unbekannte Gefahr. Dabei gibt es sicher Dinge auf den Inseln, die sie gut gebrauchen können. Sie schätzen Fleisch von Wildtieren und auch Holz. Eigentlich handeln sie es von der Landmark ein, aber ich kann sie sicher zu einem erneuten Kristallhandel überreden, wenn ich ihnen Wissen über die Beschaffenheit der umliegenden Eilande bieten kann.“

      „Alle diese Verpflichtungen gegenüber dem Landvolk und dem Wasservolk gefallen mir nicht sonderlich“, gab Kora zu. „Es ist bedauerlich, dass wir so lange keinen Kontakt mit einer anderen Wolkenstadt oder einer schwimmenden Floßstadt der Zwerge der Meere bekommen haben.“

      „Wenn wir weiterfliegen, dann wird uns das sicherlich bald gelingen.“ Barbrot seufzte leise. „Die Sehnsucht, wieder Leute unseres eigenen Zwergenvolkes zu treffen, ist wohl in uns allen groß.“

      Benara schlug gegen eines der Haltetaue. „Erfüllen wir unsere Verpflichtungen, Barbrot. Je eher wir dies tun, desto eher können wir weiterfliegen.“

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