Die Grauen Krieger. S. N. Stone
Sie mir die Möglichkeit es zu erklären, bitte!“
Und Tom blieb sitzen und hörte Caleb zu.
„Ich weiß nicht was ich dazu sagen soll, ich weiß nicht …“ Tom sprang auf und schrie Natascha an: „Du hast es gewusst! Du hast es gewusst und dich mit ihm abgegeben! Wie kannst du nur? Er hat dich bedroht, er hat meine Freunde getötet, er hat unschuldige Menschen getötet! Was treibt dich in die Arme von solch einem Monster? Ich denke, unsere Wege sollten sich hier trennen!“
Er ging zur Tür und riss sie auf. Er trat in den Flur. In diesem Moment kam eine dunkle Gestalt auf ihn zu und nahm sich seiner an. Niemand sonst hatte von dem Mann Notiz genommen.
Minuten verstrichen bis Natascha ihre Sprache wiedergefunden hatte.
„Warum hast du es ihm gesagt? Er wird etwas gegen dich unternehmen.“
Caleb schloss kurz die Augen, dann schaute sie in zwei leuchtend grüne unendliche Abgründe.
„Das wird er nicht, wir werden dafür sorgen, wir haben Mittel und Wege.“
Ihr wurde schlecht. „Du wirst ihn doch nicht …“ Sie konnte es nicht aussprechen.
„Ihn töten?“, vollendete Caleb ihren Satz. „Nein, er kann uns noch von Nutzen sein. Er ist tapfer und mutig. Es gibt andere Wege, sie sind nicht ganz so effektiv, bergen Risiken, aber da es nicht zu verhindern war, dass er das heute miterlebt hat, habe ich dafür gesorgt, dass sich jemand um sein Erinnerungsvermögen kümmert.“
„Wie bitte?“ Natascha verstand nicht.
„Seine Erinnerungen werden manipuliert. Er wird sich nur noch daran erinnern, dass ihr angegriffen worden seid und wir uns verteidigt haben. Die wahren Erinnerungen werden so tief in seinem Kopf versteckt sein, dass er sie nicht mehr greifen kann.“
„Wieso tötet ihr dann, wenn ihr die Erinnerungen von Menschen manipulieren könnt?“
„Weil sie eben nur manipuliert sind, aber nicht gelöscht. Irgendwann wird er sich wieder erinnern, vor allem, wenn er weiterhin mit dir oder mir zusammen ist.“
„Und dann?“
„Dann werden wir weitersehen.“ Caleb atmete tief ein und fasste vorsichtig an seine Schulter. Tascha hatte fast vergessen, dass er schwer verletzt worden war, nun schloss er die Augen und lehnte den Kopf zurück.
„Werwölfe?“, fragte sie, er nickte. „Alles klar und was gibt es noch?“
„Mehr, als du dir vorstellen kannst“, antwortete er.
„Was machen wir jetzt?“
„Wir warten, bis er zurückkommt.“
Tausend Gedanken überschlugen sich in ihrem Kopf. Warum folgte sie Caleb so bedingungslos? Er hatte sie damals auch manipuliert, ihre Gefühle, bis es nicht mehr ging und nun wieder? Sie starrte an die Wand mit den Fotos der Mordopfer. Ein weiteres war dazu gekommen, Nathan der Priester, oder was noch von ihm übrig war, versehen mit einem großen Fragezeichen. Es hing am Rand. Klar, es passte nicht so recht in die Serie, alle anderen Opfer waren brutal ermordet, entstellt und dann grotesk zur Schau gestellt worden, aber sie wusste, dass es derselbe Mörder war. Und es hing dort, weil es wieder ein Opfer war, das in Verbindung mit der Kirche stand.
Caleb brauchte Ruhe damit die Wunde gut und schnell heilen konnte, aber diese Ruhe würde er wohl nicht finden. Er hatte gehofft, dass sie schneller hier sein würden, nachdem er Doc von der Toilette aus abgerufen hatte, damit sich jemand um diesen Tom kümmern konnte. Er hatte dieses ganze Gespräch eigentlich vermeiden wollen. Er öffnete die Augen und schaute zu Natascha, die mit einem Stift vor den Fotos stand und auf ihnen rum malte, was tat sie da?
„Was machst du?“
Sie drehte sich zu ihm um. „Schau her.“
Er stand auf und ging zu ihr herüber, sie war aufgeregt.
„Ich habe auf die Bilder gestarrt, die ganze Zeit und mir ist etwas aufgefallen, siehst du hier diese ganzen Blutspritzer? Sie sind überall, auf allen Fotos, aber sie sind nicht willkürlich.“
Nervös sprach sie weiter: „Kennst du diese Kinderrätsel, bei denen man die Punkte verbinden muss?“
Sie malte mit dem Stift auf einem der Bilder herum.
„Überall ist ein Teil der Spritzer gleich, auf jedem Foto, man sieht es nur auf den Bildern, die aus einer erhöhten Position gemacht wurden.“
Sie sprach schnell, ihre Bewegungen waren fahrig.
„Siehst du es? Sie ergeben ein Muster, wenn man sie miteinander verbindet und im Zentrum liegt die Leiche.“
Natascha nahm ein Stück Papier, das auf dem Tisch lag und zeichnete das, was sie entdeckt hatte, noch einmal darauf, um es Caleb zu reichen.
Seine Nackenhaare stellten sich auf und eine Welle der Übelkeit brach über ihn herein. Er gab es ihr zurück und das unangenehme Gefühl verschwand. Es war ein Pentagramm. Cale betrachtete erst die Zeichnung auf dem Papier in Nataschas Hand, dann die Punkte auf den Fotos. Dann nahm er ihr den Stift aus der Hand und ergänzte die Zeichnung auf dem Zettel. Ein stechender Schmerz in seinem Kopf, er ließ den Stift fallen.
Natascha sah nun, dass da noch mehr war. Es war nicht nur ein Pentagramm, dieses Pentagramm wurde noch von einer Spirale durchzogen, ohne Anfang und ohne Ende, integrierte sie sich. Beide starrten auf die Abbildungen.
„Es ist nicht auf dem Tatortfoto von der Frau, was hat das zu bedeuten?“
„Ich weiß es nicht, aber ich weiß, wer uns vielleicht etwas zu dem Zeichen sagen kann und vielleicht auch zu denen die deine Wohnung verwüstet haben.“
In diesem Moment ging die Tür auf und Tom kam zurück.
„So, ich habe mit Schmidt gesprochen und ihm von dem Überfall auf uns erzähl. Er wird die Fahndung nach den flüchtigen Gangmitgliedern einleiten.“
Natascha schaute erstaunt erst zu Tom und dann zu Caleb, unglaublich, wie ausgewechselt.
Ihnen war ein ziviler Dienstwagen zur Verfügung gestellt worden, um Calebs Auto würde man sich kümmern. Natascha war auf dem Beifahrersitz eingenickt und wurde erst wach, als sie auf der Einfahrt zum Stehen kamen. Sie rieb sich die Augen und erkannte, wohin Caleb mit ihr gefahren war.
„Das ist nicht dein Ernst!“ Sie konnte es nicht fassen.
„Doch!“
„Sie wird mich nicht rein lassen. Sie hat jeden Besuch von mir, jeden Anruf und jeden Brief ignoriert. Sie hat mir sagen lassen, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben will.“
Caleb schaute zu der Eingangstür. „Ich werde mit ihr reden.“
Tascha war entrüstete. „Du bist der Grund, warum Mia mir die Freundschaft gekündigt hat.“
„Sie weiß, dass du mich hast gehen lassen.“
„Ach woher?“
„Von mir.“
Wehmut ergriff sie. „Und trotzdem …? “
„Sie versucht nur ihre Familie und sich zu schützen, komm!“
Caleb stieg aus und ging die Stufen zur Tür des Hauses seines Bruders und seiner Schwägerin hinauf, Natascha folgte ihm langsam.
Als Mia die Tür öffnete, starrte sie ihn eine ganze Weile fassungslos an. Caleb hatte schon Sorge, sie würde die Tür einfach wieder zuknallen, schließlich hatte er sich mehr als ein Jahr nicht bei ihnen sehen lassen, aber das hatte seine Gründe.
„Großer Gott! Es ist schön dich zu sehen und das es dir gut geht.“ Sie lächelte. „Komm rein, Josh ist hinten im Arbeitszimmer, ich hole ihn, die Kinder spielen im Garten. Leni ist so groß geworden, du wirst sie kaum noch erkennen und Lisa, komm, komm rein.“
Er zögerte. „Mia ich