Die Grauen Krieger. S. N. Stone

Die Grauen Krieger - S. N. Stone


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hätte dir vielleicht eine Stricknadel besorgen sollen, wäre auch nicht unangenehmer gewesen.“ Er lächelte gequält.

      Sie kämpfte mit den Tränen. „Hör auf damit, es ist auch so schon schwierig genug für mich.“ Irgendwann war sie fertig. Kleine Blutstropfen sickerten noch aus der Wunde, aber sie hatte aufgehört so stark zu bluten. Natascha ging davon aus, dass der Heilungsprozess bei Cale im vollen Gange war. Sie war erledigt, völlig fertig und lehnte sich vorsichtig an Calebs Schulter.

      „Bist du eigentlich gar nicht totzukriegen?“

      Er hatte die Augen noch immer geschlossen, aber sein Atem war wieder gleichmäßig und ruhig. „Wir sterben, wenn wir getötet werden, aber uns zu töten ist schwer. Du musst mir schon den Kopf abschlagen oder so etwas oder meinen Körper zerstören, dann bist du mich los oder du lässt mich eben verbluten. Weil wir Schmerz nicht so empfinden wie ihr ist das eigentlich oft die größte Gefahr, wir merken nicht, wie schwer wir verletzt sind.“

      Sie nahm ihren Kopf von seiner Schulter.

      „Dann könntest du ewig leben, wenn du auf dich aufpasst? Alterst du nicht?“

      Er schüttelte den Kopf. „Das Alter ist nicht wichtig für uns.“

      Tom kam zurück zum Wagen und öffnete die Tür auf ihrer Seite. Er blickte ungläubig zu Caleb, dann schloss er die Tür wieder und ging ein paar Schritte zur Seite. Natascha schaute besorgt zu ihm.

      „Er ist so ruhig, er müsste doch völlig ausflippen nach dem, was er eben erlebt hat.“

      „Er steht unter Schock. Glaub mir, er wird sich noch dessen bewusst werden, was geschehen ist und dann wird er fragen.“

      „Wie lange brauchst du, bis du dich einigermaßen erholt hast?“

      „Ein paar Minuten dann geht es schon.“

      Sie stieg aus dem Auto aus, ohne noch etwas zu sagen und lief langsam, sehr langsam zu Tom herüber und nahm ihn in die Arme.

      Sie entschieden zum Tempelhofer Damm zu fahren und erst einmal niemandem etwas zu erzählen, wo sollten sie sonst hin? Tom hatte Caleb seine Jacke gegeben, damit er seinen Oberkörper verdecken konnte, als sie das Gebäude betraten. Dann verschwand er kurz und kam mit einem Pullover zurück, den er Cale zuwarf. Der ging auf die Herrentoilette um sich das Blut abzuwaschen, das noch an ihm klebte und sich umzuziehen.

      Sie zogen sich in den leeren Besprechungsraum zurück, an dessen Wänden Magnettafeln angebracht waren, auf denen die Ermittlungsergebnisse, Notizen und Fotos der Mordserie geheftet waren, und schlossen die Jalousie.

      „Bevor ich mich vergesse und ausraste, möchte ich Ihnen danken, dass Sie Natascha und mir das Leben gerettet haben.“ An Natascha gewandt sprach er weiter: „Was ist eigentlich los mit dir? Unsere Wohnung ist total verwüstet und du verschwindest einfach, ohne irgendjemandem Bescheid zu sagen. Kannst du dir vorstellen, was das für ein Schock war, als ich heute Vormittag nach Hause gekommen bin? Nein? Kannst du nicht, oder?“ Er wurde lauter. „Und dann rufst du einfach an. Wir sind hier beinahe verrückt geworden. Ich habe gedacht du bist die nächste Leiche, die ich finden werde, aber stattdessen bist du mit diesem Typen unterwegs!“ Er deutete auf Caleb. „Verdammt noch mal, ich will eine Erklärung für dein Verhalten! Ich hatte so eine Angst um dich, ich will wissen, was geschehen ist und ich will wissen, was du in dieser verfluchten Fabrik verloren hast und was da passiert ist!“

      Tom bebte vor Zorn, es fiel ihm schwer nicht noch lauter zu brüllen, aber er wollte nicht unnötig die Aufmerksamkeit seiner Kollegen auf diese absurde Situation lenken. Offiziell war die Verwüstung der Wohnung als Einbruch verbucht worden, mit anschließendem Vandalismus aber er wusste, dass das nicht die Wahrheit war.

      „Tom, ich-“

      „Und komm mir nicht mit irgendwelchem Scheiß, ich will die Wahrheit und ich will wissen was ich da vorhin gesehen habe!“

      Natascha wusste nicht, was sie sagen sollte. Wie sollte sie ihm das erklären. Sie wusste ja nicht einmal selbst eine Antwort darauf und vor allem wie sollte sie ihm erklären, dass sie es für wichtiger und spannender gehalten hatte, mit Cale zu gehen, als sich bei der Polizei zu melden und sich um ihr Zuhause zu kümmern?

      „Es waren Obdachlose die die Fabrik als ihren Unterschlupf-“

      „Quatsch, so ein verdammter Quatsch, die Wahrheit, ich will die Wahrheit! Das, was uns vorhin aufgelauert hat, war irgendetwas Unheimliches, dieser verfluchte Ort! Irgendetwas geschieht dort und ich will wissen was.“

      Ehrlich gesagt hatte Natascha bisher nicht zugelassen sich viele Gedanken darüber zu machen, denn sie wusste durch Caleb, dass es mehr gab, als sie sich vorstellen konnte und darüber nachzudenken würde ihr nur Angst machen. Bisher hatte sie die aufkommende Panik verdrängen können, aber auch sie wollte wissen, was sie dort überfallen hatte, nur war sie sich nicht sicher, ob auch Tom die Wahrheit erfahren sollte.

      „Lykantrophen“ Cale hatte bisher geschwiegen, nun warf er dieses Wort einfach so in den Raum. „Wie bitte?“ Tom schaute ihn voll Unverständnis an.

      „Es waren Lykantrophen.“

      „O.K., und was soll das sein?“

      „Wolfsmenschen“, murmelte Natascha.

      Tom schaute nun sie mit offenem Mund an. „Was? Moment mal, ihr spinnt doch, das sollen Werwölfe gewesen sein?“

      „So nennt ihr sie im Allgemeinen, aber es sind Menschen, die sich zum Teil in Wölfe verwandeln.“ „Alles klar“, Tom wirkte verärgert, „wenn ihr mich verarschen wollt, dann sucht euch einen anderen Zeitpunkt dafür aus, ich habe auf so etwas wirklich keine Lust!“

      „Es ist kein Spaß.“

      Natascha schluckte, Cale meinte es wirklich ernst, oh Gott!

      Tom lief hin und her.

      „Na super von Lahn, ich habe keinen Bock auf Ihren Mist!“

      Das ging ihm zu weit, er konnte diesen Kerl auf den Tod nicht ausstehen. Er hatte ihn noch nie gemocht. Er war ein arrogantes Arschloch, aber irgendetwas in seinem Inneren sagte ihm, dass das, was er da vorhin erlebt hatte, nicht mit rechten Dingen zugegangen war.

      Als diese „Dinger“ plötzlich aufgetaucht waren, wie aus dem Nichts, hatte er ein ungutes Gefühl gehabt. Sie waren unheimlich gewesen, sie waren nicht menschlich gewesen. Sie hatten sich wie Tiere bewegt, geschmeidig, lauernd, schleichend und dann hatten sie sich auf Natascha und ihn gestürzt. Er hatte funkelnde Augen gesehen, scharfe Zähne, spitze Schnauzen und dann hatte ihn eines mit solch einer Wucht gepackt und unglaubliche Kraft mit sich gezogen. Er hatte Angst gehabt, wahnsinnige Angst und geglaubt da nicht mehr lebend raus zu kommen. Aber er wollte es nicht wahr haben. Tom setzte sich, er strich sich mit den Händen durch die Haare, eine Angewohnheit, wenn er nervös war.

      „Und was ist mit Ihnen von Lahn? Mit Ihnen stimmt auch etwas nicht! Auch bei Ihnen habe ich etwas gesehen und das, was ich gesehen habe, das habe ich schon einmal gesehen und es gefällt mir nicht. Wir sind uns schon einmal unter ähnlichen Umständen begegnet, habe ich recht? Nur, dass wir auf unterschiedlichen Seiten gestanden haben.“

      Natascha hielt den Atem an. Sie schaute von Tom zu Caleb der fast unmerklich nickte und kein Wort sagte.

      „Sie sind einer der „Kunstmörder!“

      Plötzlich herrschte eine bedrückende Stille im Raum, nur das Ticken der Uhr an der Wand war zu hören und Natascha fürchtete die Reaktion von Cale.

      „Ja“, sagte der, mehr nicht und alle Farbe wich aus Toms Gesicht.

      „Ich werde jetzt hier raus gehen und Sie festnehmen lassen“, sagte Tom ganz ruhig und gelassen. „Ich glaube nicht, dass ich das zulassen werde.“

      „Was wollen Sie dagegen tun?“

      „Ich habe Mittel!“

      „Wollen Sie mir drohen?“

      „Nein, mir wäre


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