Tabu Liebe in Gefahr. Ute Dombrowski
sagte Michel kurz vor Mitternacht feierlich, „jetzt habe ich noch eine Überraschung für dich.“
Cora grinste, denn sie wusste Bescheid. Michel bezahlte und half Katja in den Mantel, Tim tat dasselbe bei Cora. Gemeinsam traten sie vor die Tür, wo es kalt geworden war. Dort stand eine Kutsche, bespannt mit zwei schwarzen Pferden, aus deren Nüstern der Dampf aufstieg.
„Ist die für mich, für uns?“, fragte Katja begeistert.
Michel legte einen Arm um ihre Schultern und nickte. Cora hatte ihm erzählt, dass Katja Pferde liebte und dass sie früher oft mit einer Kutsche gefahren sind. Voller Freude stieg sie ein, Michel breitete eine dicke Decke über ihren Knien aus und legte eine weitere über ihre Schultern. Ihnen gegenüber waren auch Cora und Tim zugedeckt und so machten sie sich auf den Weg zum Schloss, wo sie in der Kutsche bei klassischer Musik gemeinsam das Feuerwerk genossen, das pünktlich um Mitternacht startete. Cora und Tim küssten sich lange und nun gab sich auch Katja Michels Küssen hin. Sie fand, das war sie ihm schuldig. Die Wärme, die er unter der Decke ausstrahlte, erregte sie und Katja wusste, dass sie in dieser Nacht nicht im Gästezimmer schlafen würde. Cora, die ihnen kurz zugesehen hatte, wünschte ihnen einen guten Start in das neue Jahr und zwinkerte.
Bei der Verabschiedung am Taxi, das sie wieder heimbringen würde, flüsterte sie: „Jetzt lass es krachen, damit du den Kerl aus dem Kopf bekommst, der so bekloppt ist, eine andere zu heiraten.“
Cora hat recht, dachte Katja, und presste ihren Körper an den von Michel. Die beiden hatten es eilig, ins Haus zu kommen. Dort zogen sie sich gegenseitig aus und fielen ins Bett, wo Michel Katja leidenschaftlich liebte. Sie schlief in seinen Armen ein und fühlte sich gut. Für einen Augenblick hatte sie Daniel vergessen können.
Am nächsten Morgen blieben sie im Bett, frühstückten dort, küssten und liebten sich.
„Was hätte ich früher dafür gegeben, auch nur eine Nacht mit dir zu verbringen. Ich bin froh, dass wir das nun nachholen können.“
„Ja, meine Liebe, du kannst jetzt alles haben, was du willst. Wenn du bereit bist, lege ich dir die Welt zu Füßen. Was sagt dein Herz?“
Katja schlug die Augen nieder, denn sie schämte sich, dass sie Michel dafür benutzte, nicht an Daniel zu denken. Er war ein guter Mensch und hatte das nicht verdient, aber konnte sie jetzt zurückrudern? Sollte sie nicht wenigstens ehrlich sein?
Als sie seinen Blick sah, der sie zu durchschauen schien, begann sie zu reden. Am Ende küsste Michel sie.
„Es ist gut, dass du mir alles gesagt hast. Ich möchte gerne eine Beziehung mit dir eingehen und bin bereit, zu warten, bis du mir dein Herz schenken kannst. Mach dir keine Sorgen, ich verstehe dich und verurteile dich nicht. Es ist ja schon gut, dass du hier bei mir bist. Alles Gute, mein Engel, für das neue Jahr. Jetzt muss ich mal meine Familie anrufen und ihnen alles Gute wünschen. Sie werden schon denken, ich sei verschollen. Musst du auch jemanden anrufen?“
Katja dachte an Karim und Bea, stand auf, zog sich an und nahm ihr Handy aus der Tasche, um es einzuschalten. Sie zuckte vor Schreck zusammen, als sie sah, dass Karim vergeblich versucht hatte, sie zu erreichen. „16 Anrufe in Abwesenheit“ stand auf dem Display. Katja begann zu zittern. Sie hatte eine furchtbare Vorahnung, als sie sich setzte und Karims Nummer wählte. Michel hatte ihr Gesicht gesehen und setzte sich voller Sorge neben sie.
„Karim! Ist etwas mit Daniel?“
Karim war ganz aufgeregt und froh, endlich mit Katja reden zu können.
„Süße, setz dich hin, ich muss dir etwas sagen. Ich habe schon den ganzen Tag versucht, dich zu erreichen. Linette und Daniel hatten einen Unfall. Sie waren auf dem Weg zur Silvesterfeier und auf der glatten Straße ist Linette viel zu schnell gefahren. Sie sind von der Straße abgekommen und einen Abhang hinuntergestürzt. Du musst jetzt ganz stark sein. Daniel liegt im tiefen Koma und Linette ist vor einer Stunde gestorben. Du musst bei ihm sein, wenn du kannst.“
Katja war erstarrt und Tränen liefen über ihr Gesicht. Michel hatte mitgehört und legte nun einen Arm um ihre Schultern. Sie lehnte sich an und weinte hemmungslos.
„Ich werde sofort heimfahren. Kommst du auch? Bitte, Karim, ich kann das nicht allein durchstehen.“
„Ja, ich bin schon auf dem Weg zum Flughafen und komme direkt ins Krankenhaus. Wir treffen uns dort. Bea wird auch da sein, ich habe sie angerufen. Denkst du, du kannst alleine fahren? Kann er dich fahren?“
Katja schaute Michel an.
„Ich weiß nicht … nein, ich schaffe das. Ich fahre sofort los. Bis später.“
Katja saß verzweifelt neben Michel und weinte.
Er strich ihr sanft über den Arm und sagte: „Du kannst in dem Zustand nicht fahren. Ich bringe dich hin und fahre morgen mit einem Leihwagen zurück. Keine Widerrede.“
Katja war erleichtert und ging ins Bad. Dann begann sie zu packen. Michel fragte nichts und sagte nichts, er war einfach nur für sie da. Er ließ Katja in Ruhe und sie war ihm unendlich dankbar dafür. Sie liebte ihn kein bisschen, aber er war ein toller Mann. Irgendwann würde sie ihm danken, aber heute war nichts mehr wichtig, nur Daniel.
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