Tabu Liebe in Gefahr. Ute Dombrowski
Augenblick daran, einfach sitzen zu bleiben und das Tor zu schließen. Ihr Herz klopfte wild, als sie aus dem Auto stieg und die Garage verließ. Daniel saß auf der Stufe vor ihrer Haustür.
„Daniel, was soll das? Ich bin weggefahren, um nicht an dich zu denken und nun bringst du mich schon wieder um den Verstand.“
„Oh, meine Süße, ich habe dich so vermisst.“
Er war aufgestanden und hatte ihre Hände ergriffen. So standen sie sich im Mondschein gegenüber, spürten eine unfassbare Anziehungskraft und konnten sich doch nicht lieben. Voller Sehnsucht schlang Katja die Arme um Daniels Hals, der sie nun nicht mehr losließ.
„Wo ist Linette?“, fragte Katja später im Bett.
„Lass uns doch nicht über Linette reden. Ich bin hier und das ist gut so. Alles andere hat nichts mit uns zu tun.“
Wie kam Daniel denn auf die Idee, dass Linette und die bevorstehende Hochzeit nichts mit ihnen zu tun hatten? Entsetzt ließ sie ihn los und sah ihn verstört an.
„Das hat sehr wohl etwas mit uns zu tun!“
„Süße, ich komme so oft ich kann zu dir und dann lieben wir uns. Ich will gerne bei dir sein und die Stunden mit dir genießen.“
Sollte sie nun die ewige Geliebte sein und immer dann mit ihm ins Bett springen, wenn er eben mal Zeit hatte? Jetzt war Katja wütend, sie stand auf und zog sich an. Nein, sie wollte ihn ganz, aber das war aussichtslos.
Daniel war dann bereits gefahren, denn Linette würde auch gleich zuhause sein. Katja saß heulend auf der Couch, ärgerte sich über sich selbst und rief Karim an, der sich schlaftrunken meldete.
„Was ist denn los, mein Engel? Ich denke, du machst Urlaub bei deiner Freundin in Potsdam.“
„Ich bin wieder zuhause. Ach, Karim, ich bin so blöd! Eben ist Daniel weg. Ich war bei Bea und als ich heimkam, saß er vor meiner Haustür.“
„Ich ahne, was passiert ist. Du hast ihn hineingelassen und mit ihm geschlafen.“
Katja seufzte und schämte sich, aber Karim hatte nicht vorwurfsvoll geklungen, eher mitfühlend und traurig.
„Es ist einfach passiert. Wenn wir uns sehen, landen wir unweigerlich im Bett und hinterher bereue ich es tausendmal!“
„Bitte höre auf mich und lass es sein. Ich habe letztens mit Daniel telefoniert und ihm auch abgeraten, dich immer wieder durcheinander zu bringen, aber er war nur niedergeschlagen und meinte, er würde dich wie verrückt lieben. Er kann nicht mehr zurück, Katja. Er heiratet Linette. Bitte brich du wenigstens den Kontakt ab. Ich spüre doch, wie du unter der Situation leidest.“
„Du hast so recht, ich will es versuchen, aber das ist alles verdammt schwer.“
„Ja, ihr liebt euch. Aber es darf nicht sein. Wenn Liebe nicht sein darf, bringt es einen nur in Schwierigkeiten, wenn man so etwas tut wie ihr beide. Denkst du, es kommt niemals raus?“
Er nahm Katja das Versprechen ab, sich von Daniel fernzuhalten, aber Karim wusste, dass die beiden das nicht hinkriegen würden. Ihre Liebe war stärker als alles auf der Welt. Traurig schlief er weiter und auch Katja versuchte zur Ruhe zu kommen.
*
„Ich rufe Michel an und verliebe mich noch einmal in ihn“, erklärte Katja Bea den neuen Plan im Kampf gegen die Unvernunft.
Dass es nicht fair war, Michel etwas vorzuspielen, kam Katja gar nicht in den Sinn. Sie wollte einfach weg von Daniel. Bea hatte nur verständnislos den Kopf geschüttelt.
„Aber Katja, die Liebe kann man doch nicht planen und schon gar nicht erzwingen. Du machst dir was vor und rennst blind in die nächste Katastrophe.“
Katja wusste tief in ihrem Inneren, dass Bea recht hatte, aber sie war überzeugt, dass es die einzige Lösung für ihr Problem war. Am Abend wählte sie Michels Nummer. Er hatte sich tatsächlich nicht getraut, sie zuerst anzurufen.
„Wie geht es dir denn? Ich packe gerade, denn ich muss morgen für einen Auftrag der Firma nach Spanien.“
„Mir geht es gut, ich habe die Zeit bei Cora sehr genossen. Ich wollte dir noch sagen, dass ich mich gefreut habe, dich wiederzusehen.“
„Das kann ich nur zurückgeben. Du hast dich gar nicht verändert und bist eine bezaubernde Frau. Ich dachte, du hast sicher einen Freund oder Mann und darum hatte ich kaum Hoffnung, nochmal etwas von dir zu hören.“
Katja holte tief Luft und erwiderte: „Nein, ich habe niemanden. Und du?“
„Ich bin auch allein. Vielleicht haben wir mal die Chance, uns zu treffen. Es würde mir eine Ehre sein.“
Katja versprach, darüber nachzudenken. Sie hatte den Eindruck, dass es eine leichte Aufgabe sein würde, Michel für sich zu gewinnen. Als sie aufgelegt hatten, dachte sie an Daniel und Linette. Es war richtig, nach einem neuen Mann zu suchen, denn sie würde Daniel nicht zurückholen oder von der Hochzeit abhalten können. Entschlossen nickte sie.
So verging die letzte Ferienwoche mit Entspannung, Gartenarbeit und Telefonaten, und Katja hielt Michel am Ende der Woche wieder für ihren Traummann. Er hatte ihr zugesagt, in den Herbstferien zu Besuch zu kommen.
Als am Montag die Schule begann, war sie gut gelaunt und hörte Lenas Erzählungen über den Urlaub. Katja berichtete ebenso und danach stürzte sie sich in die Arbeit. Der Herbst mit seinen berauschenden Farben und die Gewissheit, bald Michel zu treffen, erfüllten sie mit guter Laune. Die konnte auch Daniel nicht erschüttern, der am Freitag plötzlich vor ihrer Tür stand.
Katja fühlte sich wie jemand, der neben sich stand, sie beobachtete, wie eine Frau Daniel umarmte und sich von ihm küssen ließ. Sie kam erst zu sich, als sie in seinen Armen lag, nachdem sie miteinander geschlafen hatte. Hart schlug sie im realen Leben auf, als Daniel sich anzog und ihr erklärte, dass er jetzt mit Linette essen gehen würde. Der Schmerz traf sie mit ganzer Kraft. Daniel zog sie noch einmal an sich.
„Bitte weine nicht, mein Engel. Ich kann nicht anders, es tut mir so leid.“
„Noch vier Wochen! Wie soll ich das aushalten? Immer der Gedanken daran, dass du sie heiraten wirst, mit ihr zusammenlebst, mit ihr schläfst. Es macht mich irre, verstehst du? Ich gehe kaputt!“
Statt zu antworten, küsste Daniel Katja liebevoll und hielt sie lange fest. Dann machte er sich auf den Weg und es war wieder einmal ein Schlag ins Gesicht. Erbittert nahm sich Katja vor, in den Herbstferien direkt Nägel mit Köpfen zu machen und Michel zu verführen. Was Daniel konnte, das konnte sie schon lange.
Bei Daniels nächstem Besuch am Wochenende darauf war der Schmerz noch viel größer. Auch wenn sie jeden Tag mit Michel telefonierte, nahm die Sehnsucht nach Daniel ihr ganzes Herz ein. Sie flog ihm in die Arme, wenn er für ein kurzes Bettgeflüster an ihre Tür klopfte und verabschiedete ihn wie immer unter Tränen. Sie aß wenig, schlief schlecht und jeder Tag, der näher am Hochzeitsdatum war, machte es schlimmer. Daniel ging es anscheinend nicht anders. Er war unruhig, blass und hatte dunkle Augenringe.
Der letzte Tag im September war dann der Höhepunkt. Daniel kam mittags und sie sanken sich in die Arme. Sie liebten sich wie zwei Ertrinkende vor dem sicheren Untergang und konnten gar nicht genug voneinander bekommen.
„Linette ist bis morgen früh in einem Wellness-Hotel, um sich für die Hochzeit hübsch machen zu lassen. Die Trauung ist um zwei Uhr am Nachmittag. Ich darf gar nicht daran denken, dass wir dann neun Tage auf Hochzeitsreise gehen. Du hast ja in einer Woche Ferien und wir können uns nicht sehen. Ich werde dich vermissen.“
„Bitte heirate sie nicht, Daniel. Ich würde alles dafür geben dich umzustimmen. Lass mich nicht alleine!“
Daniel zog Katja an sich und blieb über Nacht bei ihr. Am nächsten Morgen stand er auf und ging ins Bad, um sich kurze Zeit später auf den Weg zu seiner Hochzeit zu machen.
„Ich komme,