Der Junge aus der Vorstadt. Mario Worm
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Mario Worm
Der Junge aus der Vorstadt
- Der Schlüsselfall -
Copyright by Primär Verlag Berlin
Alle Rechte vorbehalten
Umschlagsgestaltung: Exakt Werbung, Simone Stolz
Coverfoto 1 © Mario Worm
Endkorrektur: Solveig Elsholz
Lektorat: Stefan Ment
ISBN 978-3-9818278-5-9
Vorwort
Werner Bergmann ist Professor der Soziologie an der Technischen Universität Berlin. Seine Studenten schätzen ihn für die Ehrlichkeit und Sachbezogenheit in seinen Vorlesungen. Den Begriff „Vorurteil“ definierte er auf Nachfrage so:
„Im Alltagsverständnis gebrauchen wir den Begriff Vorurteil, um ausgeprägte positive und negative Urteile oder Einstellungen eines Mitmenschen über ein Vorurteilsobjekt zu bezeichnen, wenn wir sie für nicht realitätsgerecht halten und der Betreffende trotz Gegenargumenten nicht von seiner Meinung abrückt. Da wir in unseren Urteilen zumeist nur unsere Sichtweise wiedergeben und Urteile fast immer gewisse Verallgemeinerungen enthalten, sind in jedem Urteil Momente des Vorurteilshaften zu finden.“
Ich werde mich in diesem Buch sämtlicher Vorurteile bedienen, die mir zum Zeitpunkt des Schreibens bekannt sind und in diese Story passen. Natürlich nehme ich mich von diesen voreingenommenen Beurteilungen nicht aus und bin der Überzeugung, dass jeder Mensch mit dieser Eigenschaft belastet ist.
Wir sehen jemand auf der Straße, der nicht so bekleidet ist, wie wir es uns vorstellen und denken: „Oh mein Gott“! Was gibt uns das Recht dazu, jemanden nach seiner Kleidung, seinem Gang oder Aussehen zu beurteilen?
Ein deutsches Sprichwort besagt: „Der erste Eindruck ist entscheidend!“ Aber ist er es wirklich? Wie oft haben wir Beurteilungen schon revidiert, wenn wir Subjekt oder Objekt besser kennengelernt, untersucht oder tiefer „begutachtet“ haben?
Viel schlimmer dagegen ist allerdings eine emotionale Stereotype Überzeugung, verstärkt noch mit „Gruppenzwang“, aus denen dann schnell Intoleranz und Diskriminierung wird. Sensationspresse, oder aber auch die ständige Wiederholung von vielleicht gutgemeinten Werbeslogans, sind meiner Meinung nach nicht das allerbeste Mittel gegen Ablehnung, könnten eher zum Gegenteil führen.
„Ich kann es nicht mehr hören! Was ist bloß mit diesem Land los? Lügenpresse! Betrug bei Wahlumfragen. Verlogene Politiker, im Selbstbedienungsladen.“, die Schlagwörter heut zu Tage. Wie leicht gehen uns diese Stereotypen über die Lippen und wohin führen sie?
„Die Flüchtlinge kriegen alles in den Arsch gesteckt. Sie nehmen uns die Arbeitsplätze weg und bringen Krankheiten ins Land, die bei uns schon lange ausgerottet waren.“ Parallel sieht man im Fernsehen, Flüchtlingsströme von ausschließlich jungen Männern, die das neueste Smartphone in den Händen halten oder brennende Flüchtlingsheime sowie grölende Retter des Abendlandes. Kann man das pauschalisieren? Sicherlich nicht, keine der beiden Seiten! Hiobsmeldungen von vergewaltigten Frauen, Diebstähle und Massenschlägereien bis hin zu Attentaten treiben den Hass auf die Spitze, sind auch nicht entschuldbar. Dass es auch „Andere“ dabei gibt, fällt durch das von uns geschaffene Raster. Wir wissen es, verharren aber auf unsere vorhandenen Verallgemeinerungen und werden von Freunden und Bekannten in diesen ständig bestätigt.
Ich habe einmal auf die Bemerkung eines Freundes reagiert und gesagt, er solle doch mal das Flüchtlinge durch das Wort Juden ersetzen und feststellen, ob ihm einige Sachen der Deutschen Geschichte bekannt vorkommen. Seit dem redet er mit mir nur noch das Allernötigste!
Der Schauspieler Sir Peter Ustinov hat dazu folgendes gesagt:
„Keinem Menschen fällt es ein, Vorurteile in die Welt zu setzen, die sich sofort widerlegen lassen. So würde niemand behaupten, alle Deutschen seien Zwerge. Und die Nazis kamen nicht auf den Gedanken, den Juden kalte Augen nachzusagen. Kein vernünftiger Mensch hätte eine solche Behauptung geglaubt, weil er ja schon an der nächsten Straßenecke Juden mit freundlichen Gesichtern begegnet wäre. Die Nazipropaganda arbeitete subtiler, indem sie behauptete, die Juden seien geizig, raffgierig und verschlagen. Auf diese Weise konnten sie das reine Ressentiment produzieren. Schlichte oder angstvolle Gemüter gingen nun davon aus, dass ein Jude, der einem freundlich begegnete, besonders verschlagen war und sich gut verstellen konnte. Gegen die perfiden Vorurteile der Nazis hatten die Angeklagten keine Chance.“
Noch treffender formulierte es Albert Einstein:
„Ein Vorurteil ist schwerer zu spalten als ein Atom“
Ja, ich möchte mit diesem Buch provozieren und uns, ich nehme mich dabei nicht aus, den Spiegel vors Gesicht halten, in der Hoffnung, dass wir vom „Einheitsdenken“ zum Nachdenken kommen und nicht alles in vorgefertigte Schubladen, seien sie rechts oder links stecken! Und manchmal reicht es schon, wenn man darüber redet.
Besonderes Augenmerk möchte ich, auf die jedem Kapitel vorangestellten Gesetzestexte richten. Eine deutsche Sprache, die sich so verselbstständigt hat, die kaum jemand ohne juristische Ausbildung versteht. Wo bleibt da die deutsche Leitkultur? (Oder ist das auch ein Vorurteil?)
Noch ein Vorurteil:
Ich weiß aus sicherer Quelle, dass viele meiner Leser gerne das Internet bemühen, um falsche Fakten in meinem Geschriebenen zu finden. (Sichere Quelle? Ist es dann überhaupt ein Vorurteil?) Deshalb hier die Bemerkung:
„Liebe Profigoogler, dies ist eine erfundene Geschichte. Jegliche Ähnlichkeiten mit Personen und Orten sind rein zufällig. Die Namen der Gaststätten und Diskothek sind noch Namen, die mir aus längst vergangenen „Ostzeiten“ in Erinnerung geblieben sind. Also googlen lohnt nicht! Außerdem gibt es doch in Deutschland kein langsam arbeitendes Gericht! Letzteres ist doch nur eins meiner Vorurteile!“