Voodoo, Hoodoo & Santería – Band 5 Zombies, Voodoo-, Hoodoo- und Santería-Exorzismen und Kurzrituale. Frater LYSIR

Voodoo, Hoodoo & Santería – Band 5 Zombies, Voodoo-, Hoodoo- und Santería-Exorzismen und Kurzrituale - Frater LYSIR


Скачать книгу
erheben würde. Wenn man also wirklich nur scheintot war, wenn man eine temporäre Lähmung hatte, und man sich plötzlich wieder bewegen konnte, würde man spätestens dann erschlagen werden. Keine guten Aussichten!

      Auch in der Voodoo-Religion ist dieses Phänomen belegt, doch in der Voodoo-Religion geht es auch darum, dass hier durch reale Vergiftungen, man könnte auch sagen, „bewusst herbeigeführte pharmazeutische Vergiftungen“, ein Mensch so vergiftet wurde, dass er im physischen Sinne nicht wirklich tot ist, im psychischen Sinne aber auch nicht mehr wirklich lebt. So gibt es die ersten schriftlichen Belege von dem französischen Ethnologen Michel Leiris (20.4.1901 bis 30.9.1990), der einen Zombie definierte und erklärte. Nach Michel Leiris waren Zombies Menschen, die man bewusst in einen Scheintod versetzte, welcher künstlich/pharmazeutisch induziert wurde, um diese dann zu beerdigen, nach einer gewissen Zeitspanne wieder auszugraben, zu erwecken, wodurch die kognitiven Fähigkeiten extrem eingeschränkt/zerstört waren, und man diese Menschen als billige Arbeitssklaven, als Lasttiere verwendete.

      Zwar wird hier darauf noch eingegangen, dass die besagten Zombies dann glauben würden, dass sie tot seien, da sie ja letztlich begraben wurden, doch kann man davon ausgehen, dass die kognitiven Fähigkeiten so dezimiert wurden, dass ein solcher Gedankengang im Grunde kaum noch möglich ist. Natürlich ist dies sehr schwer zu belegen und zu beweisen, doch man kann sich sicher sein, Religion hin oder her, Glaube hin oder her, dass sich der Mensch, der vermeintliche Zombie, der Leibeigene, der Sklave, dass Lasttier, doch irgendwann befreien würde.

       Etwas spannender und auch konkreter wurde es, als der Ethnobotaniker Edmund Wade Davis in den frühen 1980ger Jahren in Haiti speziell auf die Suche nach dem Zombiegift, nach dem Zombiepulver ging. In seinem Buch „Die Toten kommen zurück“ geht er hier darauf sehr genau ein, sodass letztlich der Film „Die Schlange am Ende des Regenbogens“ (von 1988, vom Regisseur Wes Craven) diese Thematik aufgriff und sehr populär machte. Nun ja, und hier haben wir auch ein kleines Problem. Mittlerweile wird Edmund Wade Davis sehr deutlich kritisiert, von seinem Buch wird sich distanziert, sodass die Thematiken, die eigentlich wissenschaftlich das Zombiepulver, dass Zombiegift belegen sollten, mittlerweile sehr kritisch beäugt werden müssen. Primär ging es um das Gift Tetrodotoxin, welches in einigen Proben, die von wissenschaftlichen Instituten analysiert wurden, als „verschwindend gering“ bestätigt wurden, während andere wieder ausführten, dass hier „signifikante Mengen“ existierten. Dies war in den späten 1980er Jahren, sodass hier Edmund Wade Davis, ähnlich einem Pingpongball, hin und her geschleudert wurde. Gelobt, verachtet, um dann wieder gelobt zu werden, um dann erneut verachtet zu werden. Wissenschaftler lieferten sich wilde Gefechte, sodass hier Methoden der Untersuchung kritisiert wurden, lächerlich gemacht wurden, da es immer darum ging, ob das Gift TTX (Tetrodotoxin) nun in ausreichender Menge vorhanden war, oder nicht. Irgendwann ist man zum Glück mal auf die Idee gekommen, dass TTX einmal überhaupt auf die Behauptung „Zombiegift“ zu untersuchen, was bedeutete, dass geschaut wurde, ob es überhaupt irgendwie möglich ist, einen Menschen durch die Applikation von Tetrodotoxin so zu „schädigen/manipulieren/vergiften“, dass dieser, ähnlich einem Zombie, agiert. Da TTX sich auf die Natriumkanäle in den Nervenmembranen auswirkt und diese blockiert, führt dies unter anderem zu Lähmungen, Sprachstörungen, Taubheit, Atemproblemen, bis hin zu einem Atemversagen und natürlich letztlich zum Tod. Lähmungen! Sprachstörungen! Taubheit! Nun ja, mit etwas Wohlwollen, kann man hier einen „wandelnden Toten“ möglicherweise klassifizieren.

      Das große Problem war aber, dass Edmund Wade Davis in seinem Buch (bzw. in seinen Büchern, denn er schrieb ein Folgebuch, welches den Titel „Die Schlange am Ende des Regenbogen“ trug) postulierte, dass die haitianischen Zauberer, hier wurde kein großer Unterschied gemacht, sodass alle über einen Kamm geschoren wurden, egal, ob es nun ein Houngan/Oungan, eine Mambo, ein Bokor/Bocor/Bòkò/Azeto, eine Caplata oder sogar ein Bokonon war, die vermeintlichen Zombies, die vermeintlichen Sklaven, die vermeintlichen Lasttiere, in eine pharmazeutisch induzierte Trance hielten. Tja, und dies vermag TTX eben nicht. Trance ist hier definitiv falsch! Eine innere irreparable Beschädigung des Nervensystems jedoch nicht! Anders sieht es wieder aus, wenn man hier Nachtschattengewächse verwendet, die Atropin beinhalten, wie zum Beispiel der Stechapfel. Man erkannte jedoch schnell, dass Edmund Wade Davis versuchte, wilde Erklärungen zu konstruieren, wobei er auch hier von einzelnen Wissenschaftlern unterstützt wurde, von anderen Wissenschaftlern aber wieder attackiert und regelrecht zerrissen wurde. Um eine entsprechende Trance zu induzieren, müssten die atropinhaltigen Pflanzenteile regelmäßig in die Nahrung gegeben werden. Gut, dass ist kein großes Problem, wenn man sowieso schon in der Trance ist, und eigentlich nicht mehr klar erkennt, was man hier zu sich nimmt. In diesem Kontext könnte man hier einen entsprechenden Sklaven basteln. Zusätzlich müssten hier aber auch noch Bromide gegeben werden, da diese Bromsalze (die in anorganischen, aber auch in organischen Verbindungen vorkommen) Psychosen, Krampfanfälle und auch eine Somnolenz, eine Bewusstseinsstörung, die sich eben durch Benommenheit und starker Schläfrigkeit, aber auch Bewusstseinsstörungen bei einer erhaltenen Ansprechbarkeit zeigt, bedingen können. Bromsalze kommen unter anderem in Meeresalgen vor, wobei es hier aber auch Salzablagerungen gibt, die Brom beinhalten. Also müssten die haitianischen Voodoosi/Voodonsi nicht nur TTX verwenden, sondern auch Nachtschattengewächse, primär Stechapfel, und irgendwelche Bromsalze. Naja, definitiv nicht ausgeschlossen, aber auch nicht ganz so einfach, oder doch? Nun, eine Vergiftung mit Bromsalzen, was im Übrigen als Bromismus beschrieben wird, passt schon ganz gut auf eine klassische Zombiefizierung, denn nicht nur, dass hier Hautausschläge zu beobachten sind, sodass hier auch eine optische Hässlichkeit, eine Veränderung vonstattengeht, nein, auch eine Vergrößerung der Pupillen, und eben auch die körperliche Lähmung, die körperliche Erstarrung (Stupor), ein wankender Schritt, unkontrollierte Zuckungen und eben eine Gewalttätigkeit, die sich primär Nachts bzw. bei Fehlen von Licht offenbart. Ja, klingt nach einem Zombie. Es klingt danach, doch ein paar Jahre war dann erst einmal Ruhe vor den Zombies.

      Doch 1994 war es dann soweit, dass hier weitere Untersuchungen unternommen wurden, um das klassische Zombiegift zu thematisieren. Es wurde erst einmal postuliert, dass Edmund Wade Davis klassisch einem Betrug zum Opfer gefallen ist, sodass darauf geachtet wurde, dass Davis nicht selbst als Betrüger tituliert wurde. Nachdem dies abgearbeitet war, wurde noch einmal das Gift TTX genauer betrachtet, gerade in Bezug auf das Zombiegift, sodass man der Meinung war, dass hier ein wilder Mix aus Knochensplittern, Pflanzen, Krötensekreten und eben Tetrodotoxin zusammengepanscht wurden, um einen Menschen zu zombifizieren. In Bezug auf die Kröte wurde hier irgendwann einmal die Art „Bufo marinus“ betitelt, die eben auch giftige, halluzinogene Sekrete ausscheidet. Ferner wurde darauf gebaut, dass das Gift des Kugelfisches, also das Tetrodotoxin, verwendet wurde, um eben den Zustand des Scheintods zu erreichen. Und ja, es wurde bereits bestätigt, dass durch TTX die Atmung des Opfers angegriffen wird, letztlich auch das Herz, aber auch die Muskulatur, genauso wie unendlich viele der verschiedenen Stoffwechselfunktionen, die dann im Körper herabgesetzt werden. Und wenn die Dosis zu hoch ist, erfolgt klassisch der klinische Tod. Nun, da man aber hier von einem „Zombie-Pulver“ immer sprach, wurde weiter vermutet, dass hier der Giftcocktail zusammen mit klassischem „Juckpulver“ (hier können die feinen Härchen der Kerne der Hagebutten genommen werden, aber auch gemahlene Glaswolle, genauso wie die so genannte Juckbohne [hier gibt es die sogenannte afrikanische Juckbohne, Mucuna pruriens]) verabreicht wurde, sodass man dann eben durch Kratzen, das eigentliche Gift kutan bzw. subkutan aufnimmt. Im Übrigen, der Kugelfisch kommt in den Gewässern vor Togo, Ghana, Benin und Nigeria vor, genauso wie in den Gewässern von Haiti. Das Gift sitzt primär in der Haut, in der Leber und während der Laichzeit auch in den Eierstöcken. Dies würde aber bedeuten, dass man entweder die richtige Phase abpassen muss, einen Kugelfisch zu fangen, der im Übrigen eher scheu ist, oder dass man hier speziell immer seine Leber verwenden muss, bzw. Teile der Haut. OK, d.h. also, dass letztlich das Tetrodotoxin „EIN Gift“ ist, das letztlich den Menschen tötet bzw. so weit schädigt, dass man „organisch“ von einem Zombie sprechen kann. Das Tetrodotoxin ist eben ein Alkaloid, das in Aceton gut löslich ist, in Wasser jedoch sehr schlecht löslich ist, was dann wieder bedeutet, dass es sinnig ist, hier eine Pulvergrundlage zu verarbeiten. Ach so und ja, es stimmt, Tetrodotoxin vor allem in Kugelfischen und Igelfischen enthalten ist. Aber auch bei den westamerikanischen


Скачать книгу