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      Wie im Abschnitt über den Schöpfer in der Nicht-Existenz bereits angedeutet, existieren insgesamt drei Schöpfungsebenen und drei Schöpfungsprinzipien. Seraph, die Geflügelte Schlange, ist das zweite schöpferische Prinzip, das sich kabbalistisch in „Ain Soph“ verorten lässt. Anders als der Schöpfer in der Nicht-Existenz erschafft Seraph nicht aus sich heraus, als Verkörperung des allumfassenden Potenzials, sondern ist bereits eine erste Form, die aus der Möglichkeit des Werdens gegossen wurde, als das Urkonzept der gewordenen Schöpfung.

      Seraph ist das allumfassende Sei, die erste Manifestation der formenden Schöpfungskraft, das individuelle Bewusstsein, die Urseele des Kosmos, die die Schöpfung erst bedingt. Hier findet sich der Schöpfungsgedanke, der aus dem unendlichen Potenzial der Nicht-Existenz schöpft und die erste Ordnung vollzieht. Seraph bezeichnet somit die Voraussetzung, unter der Nicht-Existenz Form erlangen kann und bringt das allumfassende, unbenannte Potenzial, der noch nicht gewordenen Schöpfung, zu Bewusstsein.

      Hier, in diesem Konzept, findet sich die immerwährende Expansion, die sich auch im Bild der Schlange zeigt, die unendlich ist, sich immer wieder erneuert und wandelt, als Zeichen der Ewigkeit der Schöpfung. Hier ist zu erwähnen, dass sich das Konzept der Schlange, als Urgrund der Schöpfung, durch viele Kulturen zieht, als Weltenschlangen und Ähnliches, deren Mythen zu vielschichtig sind, um sie alle hier aufzunehmen und auch im Folgenden werden sich die mythologischen Bezüge, die zwar in vielen Kulturen aus allen Zeiten und allen Bereichen der Welt zu finden sind, hauptsächlich auf die Mythen und Glaubensparadigmen der Kulturen und Völker des Zweistromlandes, also der antiken Hochkulturen von Sumer, Akkad, Assur und Babylonien, sowie auf die Überlieferungen der vielen semitischen Stämme beziehen.

      Seraph, die Geflügelte Schlange, spiegelt hier, wenn wir die Mythologien Mesopotamiens bemühen wollen, das Konzept des Apsu wider. Das Konzept des lebenspendenden Süßwassers, ohne das es kein Leben geben kann.

      Doch auch im semitischen Sprachraum hat sich der Begriff „Seraph“ überliefert, als „Blitz/ feurige Schlange, der die Erde befruchtet“ und auch in der christlichen Literatur begegnet uns eine Form dieses Begriffes, nämlich die Engelsklasse der „Seraphim“, wobei „Seraphim“ lediglich der Plural des Wortes „Seraph“ im hebräischen Sprachgebrauch ist.

      Hier zeigt sich aber auch, dass die Seraphesh, die Flammenträger, in irgendeiner Form etwas mit der Geflügelten Schlange, Seraph, gemein haben zu scheinen, wenngleich der Begriff „Seraphesh“, der hier Verwendung findet, nicht synonym zu seinem hebräischen Verwandten „Seraph“, bzw. „Seraphim“ zu verwenden ist.

      Im Kontext der kosmischen Harmonien der Schöpfung bezeichnet „Seraphesh“ nur eine Gruppe von Wesen verschiedener Energieklassen, die im Kapitel „Die Seraphesh“ noch einmal näher beleuchtet und klassifiziert werden, denn wie sich zeigen wird, gibt es in den Qualitäten der Flammen noch einmal Unterschiede, sei es in ihrer Ausrichtung, ihrer Zugehörigkeit und ihren Eigenschaften. „Seraphesh“ gibt somit also nur einen Verweis darauf, dass diese Wesen, bzw. deren Flammen, direkt aus dem Schöpfungspotenzial der Nicht-Existenz gehoben wurde.

      Nachdem hier aber schon einmal die sumerischen und babylonischen Schöpfungsmythen zur Erläuterung herangezogen wurden und Seraph mit Apsu gleichgesetzt wurde, stellt sich zurecht die Frage, was mit dem zweiten Prinzip innerhalb dieser Mythen, dem Konzept Tiamats, dem Gegenpol des Apsu der Kraft der Begrenzung und des Vergehens, ist. Richtig, dieses Konzept spiegelt sich in Seraphs Zwilling, dem Prinzip Shansh, dem Fahlen Drachen, der im Anschluss näher beleuchtet werden wird.

      Zuerst einmal ist es sinnvoll, sich, wie schon beim Schöpfer in der Nicht-Existenz an einer Betitelung, einer Benennung, des Konzepts der Geflügelten Schlange zu versuchen und da liegt es nah, dass hier das Prinzip „Charbiel“ als weiteres Fragment der ewigen Triade von Daath – Choronzon, Charbiel und Tsamael – zur näheren Erklärung herangezogen wird.

      In der direkten Übersetzung bedeutet der Name „Charbiel“ so viel wie „Mein Dolch/Meißel ist Gott“, was in diesem Kontext schon anzeigt, dass hier ein kosmisches Werkzeug agiert, welches auf der einen Seite hart, unnachgiebig und zerstörerisch, auf der anderen Seite aber auch schöpferisch, subtil, feinfühlig und machtvoll ist.

      Doch ein Dolch oder ein Meißel muss geführt werden, entweder mit gigantischer (kosmischer) Kraft allein, oder mit einem Hammer, als unterstützende Kraft, um entsprechende Wirkungen zu entfalten. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass Charbiel ein Prinzip ist, welches auch der Schöpfung dient, bzw. von der Schöpfung eingesetzt wird, wobei hier die Macht der Schöpfung, die Macht von Choronzon, die Macht des höchsten Souveräns, des Schöpfers in der Nicht-Existenz, dann der eigentliche Hammer ist.

      In diesem Kontext zeigt sich aber auch wieder, dass Charbiel eine sehr wirkungsvolle, gleichzeitig besonnene und auch sehr ernsthafte Energie ist. Durch Unnachgiebigkeit und Entschlossenheit stellt er Prüfungen, setzt Fristen, stellt Ultimaten, und ist eine Energie, die man niemals unterschätzen sollte.

      Charbiel „droht“ nicht, er setzt es einfach um, egal, was „es“ in diesem Zusammenhang ist. Lange und große Ankündigungen wird man hier nicht erwarten können, dafür aber eine brachiale Befehlsgewalt, die mehr als nur verlangend und fordernd ist. Doch im gleichen Atemzug ist er auch gnadenvoll, anerkennend, kameradschaftlich, sogar freundschaftlich. Man merkt, dass er in der Sphäre „Ain Soph“, dem „Hort der Werdung“, seine Heimstätte hat und direkt dem Schöpfer in der Nicht-Existenz unterstellt ist. So spürt man, neben aller Freundschaft, definitiv auch eine Unnahbarkeit, die ein gewisses Gefahrenpotenzial mehr als nur erahnen lässt. Charbiel scheint hierbei eine sehr ambivalente Energie zu sein, die sehr gezielt arbeitet, sehr gezielte Fragen stellt und auch exakte Antworten verlangt und hier können Menschen ein echtes Problem haben.

      Es ist menschlich, dass man nicht genau hinhört, die Fragen nicht exakt beantwortet und ein wenig um „den heißen Brei herumredet“. Charbiel ist hier wie ein Meißel, punktuell ausgerichtet, zerstörerisch, schlagkräftig, treffsicher und unglaublich genau. Und genau dies wird auch von den Menschen erwartet, die auf Charbiel stoßen.

      Es geht hier um eine gewisse Grundhaltung, die Selbstdisziplin, Härte, Wille, Aufrichtigkeit, Loyalität und vor allem Wissen und Weisheit beinhalten muss, sodass man wirklich weiß, wer und was man ist, warum man ist, wie man ist und wie man seine Stärken und Schwächen einsetzen kann.

      Wenn man sich Charbiels Namen anschaut „Mein Dolch/Meißel ist Gott“, dann findet man in dieser wortwörtlichen Übersetzung eine besondere Polarität, die sich darauf bezieht, dass man hier, auf der einen Seite wichtige Werkzeuge findet, egal ob es jetzt ein Messer oder ein Meißel ist, und gleichzeitig eine Waffe, ein Mordinstrument, welches absolut tödlich ist.

      In diesem Kontext kann man sagen, dass Charbiel als Messer zu verstehen ist, wenn es darum geht, vollkommen neu zu werden. Er wird das alte Fleisch von den Knochen schälen und er wird die Organe zerschneiden, sodass man sich selbst vollkommen neu zusammensetzen muss. Sollte einem dies nicht gelingen, wird man vernichtet bleiben. Es geht hier nicht darum, dass ein Messer etwas wieder zusammenfügt, denn dann hätte man hier Nadel und Faden. Charbiel ist in diesem Kontext ein Schneidwerkzeug der Schöpfung, welches das zerschneidet, was zerschnitten werden muss.

      Das Dumme daran ist nur, dass hier der Mensch im Grunde kein Mitspracherecht hat, zumindest nicht das Ego, die höheren Anteile aber sehr wohl. Doch auch bei den höheren Anteilen, beim Höheren Selbst und auch beim Kosmischen Sein, setzt Charbiel „sein Messer“ an, um entsprechende Veränderungen zu bewirken. Charbiel baut hierbei das Sein um, dies jedoch so filigran, so zielbewusst, so fein, dass es eher eine Umstrukturierung ist, als ein echter Umbau.

      Dies gilt auch dann, wenn man seinen Namensaspekt des Meißels berücksichtigt. Auch hier geht es wieder darum, dass man alle Widerstände durchbrechen kann. Selbst das härteste Material wird bei der Bearbeitung durch einen Meißel irgendwann brechen und nachgeben. Doch in diesem Kontext ist der Meißel ein Werkzeug, welches noch mit anderen Werkzeugen kombiniert werden muss, vorzugsweise mit einem Hammer. Doch ein Meißel kann auch für feine Arbeiten eingesetzt werden, sodass hier nicht zwingend ein Hammer erforderlich ist. Wenn der grobe, große und klumpenhafte Widerstand


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