Milten & Percy - Der Tod des Florian C. Booktian. Florian C. Booktian

Milten & Percy - Der Tod des Florian C. Booktian - Florian C. Booktian


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diese kryptischen Nachrichten, in denen sich mehrere emotionale Ebenen verbargen. Natürlich war er ihr wichtig, sie war ihm auch wichtig. Soll das jetzt bedeuten, dass sie ihn noch liebte? Ging er überhaupt davon aus, dass sie jemals aufgehört hatte, ihn zu lieben? Und was soll dieses Wir sprechen später? Wollte sie ihn nur loswerden?

      Leider beschränkte sich ihre Zuneigung nicht nur auf ihn, es gab noch mindestens zwei weitere. Aber die hatte Milten nie kennenlernen wollen. Und dann hatte Melody Schluss gemacht. Es war gut möglich, dass sie gerade nicht alleine war.

      Milten sammelte seinen guten alten Optimismus zusammen und beschloss, dass sie nachher bei ihm anrufen würde. Und dann würde sich alles klären. Der Akku seines Smartphones rutschte von zwei auf ein Prozent. Dann ging der Bildschirm aus. Miltens Herz fing an, schneller zu schlagen. Was, wenn sie jetzt gerade versuchte, ihn anzurufen? Ihr jetzt allzu viel Zeit zu lassen, um nachzudenken und Dinge falsch zu interpretieren, konnte den Todesstoß für ihre nur noch halblebige Beziehung bedeuten.

      Milten sprang zurück in das Taxi.

      „Bringen Sie mich sofort nach Hause!“

      Die Taxifahrerin drehte sich zu ihm um, aber bevor sie ihm klarmachen konnte, dass zu Hause etwas zu allgemein war, würgte Milten sie ab.

      „Haben Sie ein Handyladegerät, das in Ihren Zigarettenzünder passt?“

      Die Taxifahrerin verneinte.

      „Dann schnell zu mir nach Hause. Halt! Zuerst muss ich in die Yellowbuttonstreet Nummer 64, und geben Sie Gas. Ich erwarte einen Anruf. Schnell!“

      Die Taxifahrerin drehte sich um und steuerte den Wagen zurück in den Verkehr.

      Der Laden, den Percy ihm aufgeschrieben hatte, war nur zehn Minuten von Melodys Wohnung entfernt. Milten stieg aus, bat die Taxifahrerin erneut, zu warten, und machte hastig die Besorgungen, die Percy ihm aufgetragen hatte. Einen niedrigen dreistelligen Betrag später stieg Milten zurück in das Taxi. Das Geld war ihm egal, auch der Inhalt der braunen Tüte interessierte ihn nicht. Er musste jetzt so schnell wie möglich nach Hause, um sein Smartphone aufzuladen. Und dann würde er neben dem Haustelefon Stellung beziehen und sich nicht mehr rühren, bis Melodys Anruf kam. Endlich würde sich alles klären und er konnte wieder zurück zu ihr.

      „Hat sie Sie sitzen lassen?“, fragte die Taxifahrerin.

      „Was?“, fragte Milten und tauchte aus seinen Gedanken auf.

      „Die Frau. Sie haben da hinten immer mal wieder Melody gemurmelt und ich nehme an, die Wohnung, die wir gerade aufgesucht haben, gehört ihr. Richtig?“

      „Oh, das stimmt“, gestand Milten ein. „Sie hat mich aber nicht sitzen lassen. Wir haben uns scheiden lassen ...“

      „Niemals leicht“, sagte die Taxifahrerin und bekundete mit ihrer Stimmlage Mitleid, „der Verlust einer Person, die einem nahesteht. Ich habe gerade selber jemanden verloren.“

      „Ach wirklich?“

      „Ja. Eine Schwester, unsere Gedanken waren eins.“

      Milten stutzte. Er warf einen Blick nach vorne und erkannte, dass sich die Fahrerin am Lenkrad geradezu festgekrallt hatte. Irgendetwas stimmte hier nicht. Milten schaute in den Rückspiegel, um ihr Gesicht zu erkennen. Es war das Gesicht einer Daseinsform aus Gnaa. Der anderen Planetenhälfte, die mit der Erde verbunden war. Aber zu welcher Daseinsform die Frau gehörte, konnte Milten nicht ausmachen, dazu war sie in zu viele Bandagen gewickelt. Ihre Stimme war rau wie Sandpapier.

      „Ist alles in Ordnung?“

      Die Frau gab keine Antwort. Milten schaute auf die kleine Plastikhülle am Sitz. Normalerweise befand sich darin die Lizenz des Taxifahrers, aber die Plastikhülle war leer.

      Als das Taxi Percys Wohnung erreicht hatte, bezahlte Milten und verabschiedete sich ohne ein weiteres Wort.

      Die Taxifahrerin schaute dem Erfinder noch eine ganze Weile hinterher. Sie konnte nicht glauben, dass sie jetzt wusste, wo er wohnte. Der Mörder ihrer Schwester. Es hatte all ihre Kraft gekostet, sich zurückzuhalten und ihn nicht sofort ins stille Nirgendwo zu fahren, wo sie ihn ungestört bearbeiten konnte. Aber seine Stunde würde schon auch noch schlagen. Bisher war ihr noch keiner entwischt und das würde auch so bleiben.

      Eine Frau in einem grünen Mantel lief die Straße herauf. Sie schaute sich suchend um, warf einen Blick nach links, dann schaute sie auf ein Haus gegenüber. Sie kam auf das Taxi zu und klopfte an die Scheibe.

      „Entschuldigung?“, sagte die Frau im grünen Mantel. „Mein Name ist Beth Penny. Ich komme vom TailStripe Verlag, können Sie mir vielleicht sagen, ob Milten Greenbutton hier ansässig ist?“

      Ja, das konnte sie durchaus. Sonias Blick löste sich von Miltens Zuhause und wanderte zu der Frau. Sie setzte einen freundlichen Blick auf und konzentriert sich.

      „Guten Tag, Milten ist ein Stammkunde von mir. Er ist erst vor Kurzem umgezogen. Steigen Sie ein, ich habe gleich Feierabend. Ich bringe Sie hin.“

      „Das ist aber freundlich“, sagte Beth und setzte sich auf den Rücksitz. „Leider ist Milten nirgends gemeldet und ich soll ihm einen Brief zustellen. Bei der Postverwaltung hat man mich hierhergeschickt. Aber sein Name steht nicht an den Briefkästen. Es handelt sich um ein äußerst wichtiges Schreiben. Eine Einladung.“

      „Tatsächlich?“, sagte Sonia. Die Frau war ja ziemlich gesprächsbereit. Wie interessant, dieses Schreiben würde sie sich mal genauer ansehen.

      „Was genau machen Sie denn in diesem Verlag?“

      „Ich betreue einen unserer berühmtesten Klienten, Florian C. Booktian, kennen Sie ihn?“

      Sonia wäre beinahe vor Schreck auf die Bremse getreten. Natürlich kannte sie diesen Bastard. Hätte der keine Bücher geschrieben, wäre sie heute erfolgreich als Autorin tätig.

      „Wohin genau fahren wir eigentlich?“

      „Wissen Sie was, Beth? Ich bin mir noch nicht sicher. Aber eins kann ich Ihnen versprechen. Wo immer ich als Nächstes anhalte, ist Endstation.“

      Sonias zog eine Beretta aus dem Handschuhfach und richtete sie auf Beth. Der Blick der Frau gefror.

      „Was haben Sie mit mir ... vor?“, würgte sie stückchenweise hervor.

      Sonia trat das Gaspedal durch und das gelbe Taxi raste davon. Die Einladung sollte ihr Ziel später noch erreichen. Natürlich mit einem kleinen Umweg und mit ein paar kleinen Sprenkeln: Beths Blut.

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