Milten & Percy - Der Tod des Florian C. Booktian. Florian C. Booktian

Milten & Percy - Der Tod des Florian C. Booktian - Florian C. Booktian


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Erdmännchen eine Hand auf den Rücken.

      „Danke dir, Partner“, sagte Milten.

      „Wir besorgen dir eine eigene Wohnung, Milten, das wird dich aufmuntern.“

      „Das ist nicht nötig, wirklich.“

      „Doch das ist es.“ Percy klopfte Milten auf den Rücken „Ich will meine Couch zurück.“ Milten musste wieder lachen, Percy löste die Umarmung auf. „Bist du bereit, ein paar Bösewichte in Angst und Schrecken zu versetzen?“

      „Ja das bin ich“, sagte Milten.

      „Es wird Zeit, dass du deine eigene Bleibe findest. Das wird dir helfen, ein eigenes Leben aufzubauen, dann kommt wieder etwas Bodenständigkeit auf. Und wir müssen dich dringend rasieren.“ Detective Percy Meercat zog seinen Revolver aus dem Holster. „Zieh deine Waffe, Milten, ich glaube nicht, dass die da drin allzu erfreut sein werden, uns zu sehen.“

      Milten zog seinen eigenen Colt. Im Gegensatz zu Percy hatte er vier Schnelllader. Er trug immer zwei extra bei sich, nur für den Fall der Fälle. Und der kam manchmal schneller, als erhofft.

      „Ich gehe voraus, du folgst mir. Verstanden?“

      Milten nickte. „Das Gebäude steht schon seit einer Weile leer. Wir müssen vorsichtig sein.“

      „Niemand würde hier zufällig einsteigen. Was für eine Bruchbude. Aber irgendwie scheint jemand von den Büchern Wind bekommen zu haben.“

      „Kannst du glauben, dass wir nur wegen ein paar Büchern hier sind?“

      „Bücher, Drogen, Fernseher. Ist doch völlig egal. Solange man es zu Geld machen kann, werden die Leute es klauen. Und die Booktian-Bücher laufen gerade gut. Also los, rein da. Quatschen können wir später auch noch.“

      Die beiden Detectives liefen zur Drehtür des Bürogebäudes. Die Kette, die die Tür davon abhielt, sich zu drehen, war geknackt worden und lag auf dem Boden. Im Foyer war alles verstaubt, lediglich eine Spur aus Fußabdrücken führte von der Drehtür durch den Staub zum Aufzug. Hier hatte man die Kisten mit Büchern hochgeschleppt und im sechsten Stockwerk verstaut. Mehr als hundert Kisten mit mehr als tausend Exemplaren. Das waren aber auch schon alle Informationen, die man Milten und Percy zugespielt hatte. Es war kaum mehr als ein flüchtiger Anruf gewesen.

      „Schon ungeheuerlich, oder?“

      „Was meinst du?“, fragte Percy.

      „Booktians Auflagen sind inzwischen so hoch, dass der Verlag leer stehende Gebäude anmietet, nur um die Bücher irgendwo zwischenparken zu können.“

      Milten hatte recht, das war ungeheuerlich. Entweder das oder ein klarer Fall von Selbstüberschätzung. Verkauften sich wirklich alle diese Bücher? Wenn das Buch zu früh in den Umlauf geriet, drohten TailStripe Ltd., der Verlag, der die meisten Booktian-Bücher vertrieb, desaströse Umsatzeinbußen. Es brauchte nur einen Langfinger, der das Buch digitalisierte, und sogar die loyalsten Leser würden sich nicht mehr zurückhalten können, wenn das Buch vor der Veröffentlichung online ging. Ganz zu schweigen von den Kritikern, die das Buch schon vorzeitig durch ihren literarischen Darm treiben konnten. Die Bücher von Booktian waren beliebt, und dank seiner Angewohnheit, viel zu schreiben und zu publizieren, war er der erfolgreichste Autor der letzten fünf Jahrzehnte.

      Milten hatte noch nie eines seiner Bücher gelesen.

      Percy war mit ihnen aufgewachsen.

      Mit gezogenem Revolver drückte das Erdmännchen den Knopf für den Aufzug. Der Pfeil, der nach unten zeigte, leuchtete auf und die Zahl der Stockwerke blinkte in absteigender Reihenfolge.

      „Der Strom ist an, sehr gut.“

      Der Aufzug öffnete sich, in der Ecke stand eine einzige Kiste. „Und die Idioten laden gerade die Bücher in den Aufzug, sogar noch besser.“ Percy drückte jedes einzelne Stockwerk und lief wieder heraus. „Komm mit, wir müssen uns beeilen. Wenn das Ding anhält und die Aufmerksamkeit der Diebe auf sich zieht, springen wir aus dem Treppenhaus und überraschen die Bande.“

      „Clever“, merkte Milten an und folgte Percy ins Treppenhaus. „Du bist nicht auf die Schnauze gefallen, was?“

      „Danke. Und doch, ich bin schon oft auf die Schnauze gefallen, aber ich bin jedes Mal mit einem neuen Trick in meinem Repertoire wieder aufgestanden.“ Vorsichtig kontrollierte Percy jede Wendung der Treppe. Nach und nach überprüften die beiden jedes Stockwerk des hohen Gebäudes. Sicher war sicher. Milten begann zu flüstern. „Ich hab mich mal etwas umgehört. Den Kritikern passt er so gar nicht, man verschreit Booktian als Möchtegern-Literat, der die Finger nicht von der Tastatur lassen kann. Er sei eine Modeerscheinung der Gegenwartsliteratur, die ihre besten Jahrzehnte in den Toplisten hinter sich hätte.“

      „Woher hast du diesen gefachsimpelten Blödsinn?“

      „Internet.“

      Percy legte die Pfote gegen die Tür zur sechsten Etage. Überall konnte sich jemand verstecken und sie wussten noch immer nicht, wie viele sich eigentlich im Gebäude befanden. Das Erdmännchen presste sein Ohr gegen die Tür und lauschte. Mit einem Bing öffnete sich der Aufzug. Waffen wurden entsichert und mindestens zehn Schüsse auf den wehrlosen Aufzug abgegeben.

      „Wer bringt Schusswaffen zu einem Bücherdiebstahl? Womit rechnen die denn?“

      „Mit uns, Milten, sie rechnen mit uns.“

      „Oh, ja, das macht Sinn.“

      Percy hob seinen Revolver. „Bereit?“

      „Bereit!“

      Percy zog an der Tür, aber die ging nicht auf. „Mist. Abgeschlossen!“, fluchte er.

      Aber das Rütteln an der Türklinke blieb nicht unbemerkt.

      „Sie sind im Treppenhaus!“, rief eine Frauenstimme.

      Milten zog Percy hinter die Betonwand. Keine Sekunde später knallten die ersten Kugeln gegen die Metalltür. Dann eine Ladung Schrot gefolgt von zwei Kugeln, die durch die Tür zischten.

      „Mindestens drei Schützen“, sagte Percy.

      Der Bleihagel hatte aufgehört. „Haben wir sie erwischt?“, fragte ein Mann.

      „Tad, geh und sieh nach“, forderte die Frau ihn auf.

      Ein junger Mann kam mit einer Schrotflinte im Anschlag auf die Metalltür zu. Er trat sie nach außen auf, inzwischen war das Schloss reichlich lädiert. Milten schaute zu Percy, der nickte. Blitzschnell hob Milten die Hände, als wollte er sich ergeben. Das würde die Aufmerksamkeit des Schützen auf sich ziehen.

      Percy legte sich mit gezogener Waffe auf den Boden zwischen seine Beine.

      Die Schrotflinte kam um die Ecke und zeigte auf Milten. Bevor Tad Percy bemerkte, hatte der ihn schon von unten ins Visier genommen.

      „Lass deinen Prügel sinken und heb die Hände. Mein Partner macht es dir vor.“

      Milten wackelte freundlich mit den Händen und grinste.

      Tad riss die Schrotflinte auf Percy herab. Der drückte ab.

      Ein Schrei hallte durch das Treppenhaus und Percy rutschte ein Stück nach hinten. Tad war vor ihm zu Boden gegangen, in seinem Schienbein steckte die Kugel. Blitzschnell nahm Milten die Schrotflinte an sich und zog ihn ins Treppenhaus, damit Tad nicht in die Schusslinie seiner Kollegen geriet.

      „Hier spricht Detective Percy Meercat“, rief Percy durch die offene Tür. „Bei mir ist mein Partner, unten vor dem Haus stehen drei weitere Streifenwagen. Über dem Dach kreist ein Hubschrauber in Stellung. Es gibt keinen Ausweg, ergeben Sie sich!“

      Milten senkte den Kopf und flüsterte: „Was? Aber wir sind doch ganz alleine.“

      Percy gestikulierte ihm, die Klappe zu halten. „Das wissen die doch nicht.“

      Für einen Moment sagte niemand etwas. Die anderen Diebe schienen über sein Angebot nachzudenken.


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