Milten & Percy - Der Tod des Florian C. Booktian. Florian C. Booktian

Milten & Percy - Der Tod des Florian C. Booktian - Florian C. Booktian


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Wir haben weniger Geld als eine Maus, die in einer Schuhschachtel lebt. Um ehrlich zu sein, wenn dem Mustang der Sprit ausgeht, müssen wir laufen.“

      „Zahlt das nicht der Steuerzahler?“

      „Der Steuerzahler zahlt für ein Fahrzeug, das er für angemessen hält. Nicht für den Spritverbrauch eines 68er Mustangs mit Turbolader und Oldtimerstatus.“

      „Dann machen wir es so, wir bauen den Shave-O-Bot erst, wenn wir es uns leisten können. Einverstanden?“

      Percy schüttelte den Kopf und öffnete leicht die Fahrertür. „Weißt du, wenn du deine Ideen nicht so gut verkaufen könntest, und ich bin mir sicher, dass die Donuts bei deinen Präsentationen etwas damit zu tun haben, würde ich nie und nimmer mein ganzes Erspartes in all deine Einfälle stecken. Aber du hast Glück.“

      „Glück?“

      Percy grinste. „Ich hab kein Geld mehr. Und du auch nicht, also was immer für ein Chaos deine nächste Draht-und-Schrauben-Kreation anrichtet, es wird uns noch eine Weile erspart bleiben. Zumindest bis uns ein unerwarteter Geldsegen trifft ...“

      Milten nickte und stieg aus. Sie standen vor einem Laden, der den einfachen Namen Eddie's trug. Darunter besagte ein Schild, dass, wenn du es nicht brauchst, Eddie es dir abkauft. Percy erklärte Milten, dass er seine Dienstmarke wegstecken sollte, ihre Revolver ließen sie ebenfalls im Mustang zurück. Er hatte vor, sich Eddie ganz langsam anzunähern, ohne ihm gleich mit Blaulicht und Megafon in den Laden zu marschieren. Pfandleiher waren in der Regel vorsichtig, was Polizei anging, denn nicht immer war alles, was in ihren Regalen lag, geliehen, manches war geborgt worden. Und zwar nicht unbedingt mit dem Einverständnis des Eigentümers.

      Milten öffnete die Türe und ließ Percy den Vortritt. Im Laden schlug ihnen der unverkennbare Geruch von billigem Teppichkleber entgegen, der sich mit Kellermief vermischte. Percy meinte sogar, die vielen Hände riechen zu können, die all die Dinge in den Regalen berührt hatten. Hier gab es alles: Fernseher, Fahrräder, teure Tennisschläger und sogar Minidisc-Player.

      Ganz vorne befand sich ein Gitter, hinter dem der Pfandleiher mit Zigarre im Mundwinkel und einem fleckigen Unterhemd Zeitung las. Hinter dem Gitter machte er den Eindruck, als wäre er unantastbar. Und genauso musste sich Eddie auch fühlen, denn sein Leib war der einer Person, die den Großteil seines Tages damit verbrachte, zu sitzen und sich keine Sorgen zu machen. Bei Eddie handelte es sich um einen Findmeral. Eine Kreuzung aus Wildschwein und Mensch, die besonders gut darin war, Edelmetalle und Rohstoffe zu erschnüffeln. Darüber wie diese Kreuzung zustande kam, verlor man nur ungern ein Wort. Allerdings hatte dieser Findmeral keine Nase mehr. Percy erkannte, dass es sich dabei um eine Prothese handelte, die mit einem Gummiband in seinem Gesicht gehalten wurde. Daher wohl auch der Spitzname: Plastikschnauze.

      „N’Abend, Eddie“, sagte Percy.

      „Was willst du?“, gab der Findmeral zurück, ohne von seiner Zeitung aufzusehen.

      „Ich bin auf der Suche nach ’ner Knarre, kannst du mir da helfen? Soll ein Revolver sein.“

      Eddie faltete seine Zeitung zusammen und knallte sie neben sich auf den Tisch. Dann stand er auf und klappte eine der Vitrinen hinter sich auf. Er entnahm zwei Revolver, beide waren nicht geladen, und schob sie Percy in einem kleinen Fach zu, das ihm genau wie das Gitter, Abstand von seinen Kunden verschaffte.

      „Danke, Eddie“, sagte Percy.

      „Hundert Piepen das Stück, Munition verkaufe ich keine, dafür bin ich schon zu oft angeschossen worden. Kauf die Dinger oder lass es bleiben, also was ist?“

      Percy hob den einen Revolver an. “Dieses Fügeisen nehme ich, weil es mir gefällt“, er hob den anderen Revolver hoch, „und diese Sargpetunie, weil zwei immer besser sind als eine.“ Das Erdmännchen legte beide zurück in das Fach. „Zum Mitnehmen bitte.“

      Eddie verzog eine Lefze, dass Percy glaubte, er freute sich über den Umsatz. „Sag mal, Eddie, weißt du, wo ich ein Exemplar des neuen Booktian-Romans herbekomme?“

      „Der ist noch gar nicht draußen.“

      „Wirklich? Schade. Ich kann es gar nicht abwarten. Er ist mein absoluter Lieblingsautor. Da werde ich wohl wie alle anderen warten müssen. Um ehrlich zu sein, ich wäre bereit, noch mal so viel für das Buch zu bezahlen wie für die Knarren. Aber Geld spielt wohl keine Rolle, wenn man das Produkt einfach nicht bekommen kann.“

      In Eddies Kopf leuchteten zweihundert weitere Piepen auf, die es einzuheimsen galt. Seine Wildschweinohren stellten sich auf. Er blickte einmal zu Milten und schien ihn zu mustern. Das Geld war verlockend, aber der lange dünne Kerl schmeckte ihm einfach nicht. Und warum schaute er sich ausgerechnet jetzt die alten Dienstbücher an, die nur aus Gesetzen bestanden? Sogar mit seiner Plastikschnauze konnte er einen Bullen noch riechen, wenn er direkt vor ihm stand. Andererseits, die Kundschaft war hier oft von merkwürdiger Natur und sein Spürsinn war auch nicht mehr das, was er mal war. Er blieb vorsichtig, ja nicht allzu schnell irgendetwas zugeben.

      Percy legte nach. „Du kannst mir nicht helfen, oder? Weißt du, wo ich ein Exemplar herbekommen könnte?“

      „Nein, woher soll ich so was wissen? Die Taschenbücher sind dort hinten“, sagte er und zeigte auf eine Ecke im Laden.

      „Eddie, ich glaube, du lügst. Ich glaube, du weißt ganz genau, wo Exemplare der Bücher zu bekommen sind. Und ich glaube auch, dass du es mir sagen wirst.“

      „Kannst du vergessen.“

      „Wir haben die Bücher sichergestellt“, sagte Milten, der es nicht lassen konnte, den eigenen Erfolg zu erwähnen. „Plus einen der Täter. Er ist bereit, dich vor Gericht als Zeuge zu belasten.“

      „Wer seid ihr zwei? Bullen?“

      „Nein, die größte Trachtengruppe der Stadt ohne einheitliche Uniform“, gab Milten zurück.

      Percy schnappte sich einen der Revolver, griff in seine Hosentasche und fand eine 9-mm-Patrone. Er legte sie in den Revolver ein und feuerte die Kugel in die Decke. Etwas Putz rieselte zu Boden. Dann zog er eine weitere Kugel aus seiner Hosentasche und schob sie in die Trommel. Die geladene Waffe richtete er auf Eddie.

      „Hör zu Eddie, wer wir sind, spielt keine Rolle, aber was wir dich fragen wollen, schon. Also, woher wusstest du, dass die Bücher in dem Bürogebäude geparkt waren?“

      Der Pfandleiher bekam es mit der Angst und dann begann er zu reden. „Ich habe einen Kumpel, er ist ’ne große Nummer. Ihr glaubt nicht, wie viel Einfluss der hat. Wenn ich seinen Namen verrate, bin ich so gut wie tot.“

      „Eine Frau ist gestern gestorben, Eddie. Wegen dir. Ich nehme mal an, du hast die clevere Idee gehabt, die Bücher klauen zu lassen und sie dann zu verschachern?“

      „Selbst wenn“, sagte der Findmeral, der einen Teil seiner Selbstsicherheit wiedergefunden hatte, „was juckt euch das?“

      „Darf ich vorstellen“, sagte Milten und zeigte auf Percy. „Detective Percy Meercat und Detective Milten Greenbutton.“

      Eddies Kopf knallte aus Frustration auf den Tisch.

      „Wenn du jetzt mitkommst und keinen Aufstand machst, sorgen wir dafür, dass du deine eigene Zelle bekommst. Wenn du uns den Namen deines Freundes verrätst, können wir vielleicht sogar deinen vergessen. Wie sieht's aus? Spitzel oder Knast?“

      „Knast.“ Eddie öffnete die Gittertür und Milten legte ihm Handschellen an. Für einen Moment wartete Percy, ob sich der wuchtige Pfandleiher doch noch zur Flucht hinreißen ließ, aber scheinbar war er clever genug, um zu realisieren, dass er gegen Milten und dessen flotten Beine keine Chance hatte. Milten führte den Findmeral ab, doch als er ihn auf den Rücksitz des Mustangs packen wollte, passte der nicht hinein.

      Percy kicherte und schnappte sich das Funkgerät.

      „Zentrale hier ist Wagen 25, bitte melden. Over.“

      „Zentrale hier.“

      „Wir brauchen den größten Streifenwagen,


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