Himmelsfrost. Linda V. Kasten

Himmelsfrost - Linda V. Kasten


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Umarmung und als sie sich voneinander lösten, deute sie auf mich. »Das ist meine Nichte, Skyler. Sky das hier ist Jonathan McRupert.«

      Ich stieg von meinem Ross und reichte ihm die Hand. »McRupert, wie Tom?«

      Der Wächter nickte. »Thomas ist mein jüngerer Bruder.«

      Als ich ihn einer genaueren Musterung unterzog, viel mir die Ähnlichkeit der beiden Brüder auf. Er hatte den gleichen gutmütigen Blick und das braune Haar wie sein Bruder. Der Unterschied war sein dunkler Bart, und dass sein Haar im Nacken zu einem kurzen Zopf zusammengebunden war. Außerdem waren die Züge um seinen Mund und um seine Augen härter, was ihm eine interessante Mischung aus Strenge, aber dennoch Freundlichkeit verlieh.

      Neben Jonathan tauchte eine weitere Wache auf, welche sich als Lucian Orage vorstellte.

      »Wir hatten euch so früh nicht erwartet.«, erklärte Jonathan uns. »Thomas hatte mir zwar eine Nachricht zukommen lassen, doch ich habe frühestens in zwei Tagen mit eurer Ankunft gerechnet.«

      »Wir hatten es eilig.«, Cora deutet auf Ayden. Dieser saß mit düsterer Miene und blauen Lippen gefesselt auf seinem Pferd. Ich fragte mich, ob die blaue Verfärbung von der Kälte oder dem Nelkenöl kam.

      Jonathan beäugte ihn skeptisch, dann bedeutete er uns mit einer Handbewegung, ihm zu folgen. »Kommt, ich bringe euch zum Schloss.«

      Bis zum Schloss war es noch ein beträchtliches Stück und auch wenn ich versuchte, alles genaustens zu betrachten und in mich aufzunehmen, rauschte die Stadt zum Großteil als weißer Nebel an mir vorbei. Jetzt, da wir uns innerhalb der schützenden Stadtgrenze befanden, war sämtliche Anspannung von mir gewichen und ich hatte Mühe, die Augen vor Erschöpfung offen zu halten. Wir überquerten einen großen Platz, in dessen Mitte sich ein Brunnen mit gefrorenem Wasser befand. Dort standen außerdem vereinzelt Tannen und Laternen sowie Marktstände, die jedoch nur noch einzeln besetzt waren. Aus einer Schenke am Rande des Platzes drang fröhliche Musik. Der schwache Geruch von Zigarren und billigem Alkohol wehte in unsere Richtung, als die Tür geöffnet wurde und eine junge Frau im dicken Pelzmantel vor die Tür trat. Augenblicklich musste ich an Evenak denken. Ich hoffte, es ging ihm gut. Wir ließen den Platz hinter uns und folgten einer gut beleuchteten Straße weiter Richtung Schloss. Die Laternen, welche den ansteigenden Weg beleuchteten, bildeten eine lange Gasse, die dem Beobachter die Illusion verlieh, auf direktem Weg in den Himmel zu sein. Die Straße schien immer breiter zu werden, doch in meinem Zustand konnte ich nicht sagen, ob ich mir das Ganze nicht doch nur einbildete. Bevor wir durch das dunkle Eingangsportal des Schlosses ritten, drehte ich mich noch einmal um und bewunderte die Stadt, welche sich unter mir ausbreitete. Die dunklen Häuser bildeten zusammen mit dem Grün der Tannen einen auffallenden Kontrast zu dem Schnee und den funkelnden Lichtern, welche die ganze Stadt wie Glühwürmchen einzuhüllen schienen. Ich spürte kaum noch den kalten Wind, welcher mir Tränen in die Augen trieb, so geborgen fühlte sich der Anblick an. Plötzlich überkam mich eine Welle der Nostalgie und schnell wandte ich den Blick ab. Wir hatten das Tor passiert und ritten nun über einen überschaubaren, jedoch verschneiten Schlosshof. Während Jonathan uns zum Schloss führte, brachte Lucian unsere Pferde zu den Ställen und weitere Wachen eilten herbei, um Ayden abzuführen.

      »Was passiert mit ihm?«, fragte ich Jonathan und folgte ihm und Cora die letzten Stufen hinauf in den Palast.

      »Er wird fürs Erste in die Verliese gebracht. Den Rest entscheiden wir morgen.« Zwei Wachen, die am Palasteingang zum Wachdienst eingeteilt waren, nickten uns freundlich zu und öffneten die großen Türen. Im Inneren des Schlosses schlug uns der Geruch von warmem Kaminfeuer entgegen und augenblicklich lief mir ein angenehmer Schauer den Rücken hinunter. So wie das Äußere des Schlosses aus weißem und grauem Stein bestand, war die Eingangshalle mit hellem Marmor ausgelegt und die weißen Wände schmückten Gemälde sowie dunkelblaue Samtvorhänge vor bodentiefen Fenstern. Die Eingangshalle hatte eine hohe, mit weißem Holz vertäfelte Decke, an der ein silberner Kronleuchter baumelte. Das Licht, das von ihm ausging, war warm und angenehm. Man hätte annehmen können, dass der Raum durch das viele Weiß etwas Kaltes an sich hatte, doch er wirkte merkwürdigerweise angenehm weitläufig und einladend. Als Jonathan uns die Treppen hinauf und durch die Flure des Schlosses führte, betrachte ich beeindruckt die Kunstwerke an den Wänden sowie die Bordüren, die sich an den Deckenleisten entlang schlängelten. Überall waren goldene und blaue Akzente gesetzt. Ich fragte mich augenblicklich, welcher Mensch etwas so Beeindruckendes schaffen konnte.

      Jonathan führte Cora und mich zu zwei gegenüberliegenden Zimmern und verabschiedete sich mit den Worten, dass wir uns die Nacht über erholen sollten und alles Weitere bis morgen warten konnte. Dankbar dafür endlich schlafen zu können, wünschte ich Cora und Jonathan eine gute Nacht und zog mich in mein mir zugewiesenes Zimmer zurück. Wäre ich nicht so erschöpft gewesen, hätte ich mir mehr Zeit genommen um das riesige Zimmer mit dem blauweißen Himmelbett zu bewundern und die Verzierungen und Bemalungen des Kamines genauer betrachtet, doch meine Energie reichte gerade eben um mich aus meinen dreckigen Sachen zu schälen, mich zu waschen und anschließend erschöpft einzuschlafen. Das Letzte, was ich wahrnahm als ich in die wohltuende Dunkelheit des Schlafes abdriftete, war der verboten-weiche Stoff der Decke, welcher sich an meine nackte Haut schmiegte. Es war die erste Nacht seit langem, die ich traumlos und fest durchschlief.

       7

      Als ich am nächsten Morgen erwachte, wusste ich einen Augenblick lang nicht mehr, wo ich mich befand, bis mit dem Gefühl des weichen Stoffes auf meiner Haut und dem Schmerzen der darunter liegenden Muskeln meine Erinnerungen langsam wieder zurückkehrten. Blinzelnd öffnete ich die Augen. Jemand hatte die Vorhänge geöffnet oder ich hatte vergessen sie gestern Abend zu schließen. Zumindest wurde mein Gesicht von warmen Sonnenstrahlen gewärmt. Vorsichtig erhob ich mich. Als meine Füße den kühlen Holzboden berührten, fröstelte ich. Ich zog mir einen weichen Morgenmantel über, welchen ich im Badezimmer fand und trat hinaus auf die Terrasse. Die kalte Morgenluft, die mir entgegenschlug, roch sauber und frisch. Mein Blick glitt über die Stadt bis hinüber zu den Bergen und genau wie am gestrigen Tag überkam mich ein seltsames Gefühl der Geborgenheit. Als es plötzlich an der Tür klopfte, zuckte ich erschrocken zusammen und schloss die Terrassentür.

      Eine ältere Dame mit schneeweißem Haar betrat das Zimmer. »Guten Morgen.«

      Sie schloss die Tür hinter sich und begann geschäftig in einem der Schränke zu kramen.

      »Guten Morgen.«, erwiderte ich überrascht. Die Frau musste den verwirrten Unterton in meiner Stimme gehört haben, denn sie Schloss die Schranktür und kam auf mich zu. »Wie unhöflich von mir, ich bin Mrs. Cecil«, ich ergriff ihre ausgestreckte Hand. »Tja…«, ich hielt inne. Ich war es so sehr gewöhnt mich mit anderem Namen vorzustellen, dass ich ganz vergessen hatte, dass ich mich hier nicht verstecken musste und vermutlich sowieso jeder wusste, wer ich war. »Ich bin Skyler.« Meinen Nachnamen ließ ich trotz dessen unerwähnt. So fühlte ich mich einfach sicherer. Ich wusste nicht seit wann, doch der Name Eltarsia war für mich zu etwas geworden, was nur Unglück mit sich brachte.

      Mrs. Cecil unterzog mich einer gutmütigen Musterung, dann nickte sie lächelnd. »Ja, man erzählte, du sähest deiner Mutter sehr ähnlich.« Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte also lächelte ich nur freundlich.

      »Komm.«, sie schob mich sanft in Richtung eines kleinen Schminktisches. »Ich bin hier, um dir beim Einkleiden zu helfen.«

      Ich verkniff mir den Kommentar, dass ich dazu wohl kaum Hilfe brauchte und setzte mich auf den Holzhocker. Während ich die alte Dame im Spiegel beobachtete, machte diese sich daran mein Haar zu bürsten. Sie hatte ein gutmütiges Gesicht und etliche Lachfalten kringelten sich um ihre Augen und ihren Mund. Ihr weißes Haar trug sie ordentlich zu einem Dutt hochgesteckt, welcher mit einem dunkelbraunen Band befestigt war, welches zu ihrem schlichten, blauen Kleid passte. Auf meinen Wunsch hin steckte sie mein Haar nicht in einem komplizierten Geflecht aus Haarnadeln hoch, sondern band sie mir zu einem hohen Pferdeschwanz zusammen. Trotzdem ließ sie es sich nicht nehmen, ein Teil der Haare an meiner Kopfhaut zu flechten. Nachdem


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