Sky-Navy 13 - Kampf um Rigel. Michael Schenk
Willkommen an Bord, Orion. Es liegt eine Nachricht für Sie vor. Major Redfeather wird gebeten, Admiral Derfflinger in seinem Dienstraum aufzusuchen.“
„Orion bestätigt externe Versorgung und Erhalt der Nachricht. Danke für das Willkommen, Sky-Command. Orion Ende.“
Vom Pylon waren Teleskoparme ausgefahren, die wuchtige Klammern hielten, die in entsprechende Aufnahmen im Rumpf des Kreuzers griffen und diesen nun unverrückbar festhielten. Sensorgesteuerte Panzerschläuche verschiedener Stärke fanden die Anschlüsse der Orion und verbanden sie nun mit Energie- und Luftversorgung der Basis sowie deren interner Kommunikation.
Tamara Jellenkova teilte der Besatzung das erfolgreiche Andockmanöver mit und gab dann ihre zusätzlichen Anweisungen. „Im Gegensatz zu unseren Passagieren werden wir uns nur vierundzwanzig Stunden auf der Basis aufhalten. Bis auf das eingeteilte Wartungspersonal erhält die Crew achtzehn Stunden Dienstfrei. Ich erwarte, dass ihr euren Spaß auf der Basis habt, aber schlagt nicht über die Stränge. In vierundzwanzig Stunden geht es zur Sky-Base Arcturus zurück und dann will ich alle in Topform an Bord haben. An die Jungs und Mädels von der Fünften: Ich hoffe, ihr hattet einen angenehmen Flug. Wir holen euch zu gegebener Zeit wieder ab. Captain Jellenkova Ende.“
Die beiden Frauen lächelten sich zu und erhoben sich. Die Brückenbesatzung schaltete ihre Arbeitsplätze in den Passiv-Modus und startete die üblichen Diagnose-Programme. Während das Schiff an der Basis ankerte, würde es von den Datenbanken der Station mit den aktuellsten Informationen versehen werden. Allgemeine Daten und Sternenkarten würden damit dem neuesten Stand entsprechen. Diese Updates wurden von der zentralen Bibliothek des Mars an alle Stationen und Welten übermittelt, die wiederum die Aktualisierung mobiler Einheiten vornahmen. Das System hatte sich über viele Jahrzehnte bewährt, auch wenn die Updates auf den fernen Welten erst mit einer gewissen Verzögerung eintrafen. Dort waren es meist Langstrecken-Shuttles, welche die neuesten Datenkerne überbrachten.
Die Langstreckenkommunikation war noch immer eingeschränkt. Der überlichtschnelle Cherkov-Funk übermittelte Bild und Ton, benötigte zu den fernsten besiedelten Welten jedoch noch immer mehrere Tage. Der Hiromata-Funk arbeitete zwar in Nullzeit und damit ohne Zeitverlust, ließ allerdings derzeit erst die Übermittlung von kurzen und langen Impulsen zu, so dass man sich auf das beschränken musste, was man aus der „nassen Seefahrt“ als Morsespruch kannte.
Die beiden Frauen verabschiedeten sich voneinander. Joana Redfeather verließ den Kreuzer über die seitliche Frachtschleuse, passierte die Balgverbindung und trat dann in den Pylon Drei hinaus. Hier herrschte der übliche Betrieb, der die Versorgung der angekommenen Schiffe betraf. Vor allem die Vorräte wurden rasch ergänzt, denn die großen Basen verfügten über ausgedehnte Gartenanlagen und konnten Handelswaren von den besiedelten Welten anbieten. Jellenkova und ihr Versorgungsoffizier würden die Zeit sicher nutzen, um ein paar zusätzliche Vorräte für die Besatzung zu erwerben.
Vor der inneren Schleuse war bereits der „C“-Troop der fünften Raumkavallerie angetreten.
Captain Frank Kelly und Lieutenant Hank Rossiter nickten Joana kurz zu. Der Kommandeur der Basis wünschte lediglich den Major zu sehen. Die beiden Kompanieoffiziere widmeten sich daher, gemeinsam mit Sergeant-Major Basari, den Angehörigen ihres Troops. Um ihre Kampfanzüge nicht im Gepäck mitschleppen zu müssen, hatte jeder der Troopers ihn, mitsamt der üblichen Waffen, angelegt und trug Dienstuniform und persönliche Habseligkeiten in einem klassischen Seesack über der Schulter.
Kelly würde sich um die Unterbringung der Truppe kümmern, Joanas Rückkehr abwarten und dann mit ihr einen vorläufigen Dienstplan erstellen. Zudem musste sich der Captain um Informationen zu den Trainingsbreichen bemühen. Natürlich würde er dafür die Daten der zentralen Tetronik der Basis nutzen, aber Kelly war, wie alle Angehörigen des „C“-Troops, ein strikter Anhänger der „persönlichen Erfahrung“. Basari und ein paar der „Jungs und Mädels“ würden daher Kontakt mit Troopern aufnehmen, die hier stationiert waren. Dadurch erhielt man meist mehr nützliche Informationen, als von den offiziellen Datenträgern.
Es gab kein Empfangskomitee. Joana Redfeather trug zwar den berühmten Namen ihres Vaters und war selbst keine Unbekannte, aber letztlich war sie doch einer von vielen Majoren in den Regimentern der Sky-Cav. Da sie sich auf Rigel nicht genau auskannte, tippte sie an ihr Implant und nahm Verbindung mit der Kommunikationszentrale auf. Das kleine Gerät übertrug beim Verbindungsaufbau die Identitätsnummer des Trägers, so dass Joana identifiziert werden konnte, bevor sie den Dispatcher der Zentrale ansprach. „Hier Major Joana Redfeather. Erbitte Wegweisung zum Dienstraum des CO.“
„Folgen Sie Blau Drei-Strich, Major“, kam die knappe Antwort.
Auf dem Boden erschienen unvermittelt drei schmale blaue Linien, die Joana nun zum Büro des „Commanding Officers“ führen würden. Die meisten Menschen an Bord kannten sich aus und benötigten das Leitsystem nicht. Mussten zu viele Nutzer auf das System zugreifen, konnte es zu einer verwirrenden Vielfalt an Hinweisen kommen. In solchen Fällen empfing man akustische Hinweise über das Implant.
Ihr Ziel lag zwei Decks höher und fast im Zentrum. Joana verzichtete darauf, die Angebote der Freizeitpassage zu beachten, denen sie auf ihrem Weg begegnete. Das Befehlszentrum der Basis und die Räumlichkeiten des Admirals lagen nahezu inmitten der Ebene, auf welcher Einkäufe und Freizeitgestaltung stattfanden. Joana empfand dies als ungewöhnlich und unpraktisch. Auf der größeren Arcturus-Sky-Base waren diese Bereiche, schon aus Sicherheitsgründen, strikt getrennt. Sie nahm sich instinktiv vor, sich kundig zu machen, warum man auf Rigel darauf verzichtete.
Minuten später stand sie vor der Tür zum Dienstraum von Admiral Paul Derfflinger. Ihr Wegweiser erlosch, während die Ehrenwache vor dem Eingang salutierte. Joana meldete sich formell an und nur Augenblicke später öffnete sich der Zugang.
Admiral Derfflinger stand vor seinem Schreibtisch, erwiderte ihren Ehrengruß und deutete dann auf die Männer neben sich, um diese vorzustellen. „Mein Adjutant, Commander James Elliot, und dies ist Colonel Fjodor Rustov von der zehnten Sky-Cav.“
„Sie tragen einen bekannten Namen, Major“, sagte Rustov mit einem überraschend tiefen Bariton, denn er war von eher kleinem Wuchs. „Nicht nur Ihres verehrten Vaters wegen. Als Kavalleristen studieren wir Gefechtsberichte sehr sorgfältig und ich bin schon sehr gespannt, was Sie diesen persönlich hinzufügen werden.“
Rustov war klein und sein Händedruck fest. Wenn man in die graublauen Augen des Regimentskommandeurs sah, dann begriff man sofort, dass man diesen Mann besser nicht unterschätzte.
„Es wird mir eine Ehre sein, Colonel, Sir“, erwiderte Joana freundlich. Sie sah Derfflinger an. „Ebenso, wie es mir eine Ehre ist, an Bord der Sky-Base Rigel zu sein.“
Derfflinger hob eine Augenbraue, bevor er lächelte. „Täuschen Sie sich nicht, Major. Gerade bei Ihrem bekanntermaßen guten Ruf werden Sie sich Ihren Nachtisch hart erarbeiten müssen. Wir erwarten eine Menge von Ihnen und Ihren Leuten.“
„Deswegen sind wir hier.“
Derfflinger wies zu der bequemen Sitzgruppe. „Lassen Sie uns keine Zeit verschwenden. Ich denke doch, Major, Sie haben sich schon ein paar Gedanken zum Training gemacht.“
Joana nickte. Sie war lange genug beim Militär und hatte nichts anderes erwartet.
Kapitel 6 Angriffsvorbereitungen
Werftplattform Tensa, im System der verborgenen Welt
Tensa war das Zentrum des Schiffbaus der Negaruyen der verborgenen Welt. Die gewaltige Plattform war im Weltraum errichtet worden und kreiste im Orbit um den neunten Planeten. Es war eine Wüstenwelt, deren Oberfläche vom Weltraum aus öde und nur mit rötlichem Sand bedeckt schien. Ihre gewaltigen Ressourcen waren jedoch der Hauptgrund, warum man die Werft ausgerechnet hier errichtet hatte. Ein weiterer Grund waren die zahlreichen großen und kleinen Monde, die den Planeten umgaben. Auch sie lieferten Rohstoffe, boten vor allem jedoch einen guten Schutz gegen Entdeckung durch den Feind. In Jahrhunderten des Krieges war es ihm nicht gelungen, Tensa zu finden.