Sky-Navy 13 - Kampf um Rigel. Michael Schenk

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Sie sah Desara direkt an. „Glaubst du, dass die Menschen mit uns verwandt sind? Gar unsere Schwestern und Brüder?“

      Desara wusste, dass hier Vorsicht angebracht war. Die Lehre der Abstammung war umstritten. „Das kann ich nicht beurteilen, Herrin. Ich kann lediglich beurteilen, dass die Menschen gefährlich sind. Auch wenn sie erst vor Kurzem in den Raum vorgestoßen sind, so haben sie gefährliche Technologien entwickelt.“

      „Du hältst sie für überlegen?“, kam die Zwischenfrage von Suna.

      „Ihre Technik ist gefährlich, weil sie anders ist“, antwortete Desara, „aber sie ist uns nicht überlegen. Doch wenn wir sie entschlüsseln, kann die verborgene Welt sicher Vorteile daraus ziehen.“

      Suna-dal-Sollis lehnte sich in die Polster zurück und sah ihre Vorgesetzte mit kaum verhohlenem Spott an. „Und welche Vorteile sollten dies sein?“

      „Möglicherweise fehlt dir die Erfahrung, um dies zu erkennen“, erlaubte Desara sich eine kleine Spitze und beobachtete, wie das Lächeln ihrer Konkurrentin gefror. „Da wäre zum Beispiel ihr Schwingungsantrieb. Während wir nach dem Austritt aus der Nullzeit-Schwingung für eine Weile handlungsunfähig sind, trifft das bei Verwendung des menschlichen Antriebs nicht zu. Dies habe ich nun mehrfach auf der Nanjing erlebt.“ Desara bemerkte, dass auch diese Spitze saß. „Dann wären da die Waffen der Menschen. Wir und die Norsun haben uns in den vergangenen Jahrhunderten ausschließlich auf Energiewaffen konzentriert. Erst in jüngster Zeit haben wir erkannt, dass altmodische Projektilwaffen die goldenen Energieschirme der Eierlinge sehr viel leichter überwinden können.“

      „Die Handfeuerwaffen der Menschen sind genetisch kodiert und konnten nicht untersucht werden“, wandte die Primär-Matriarchin bedauernd ein.

      „Das gilt nicht für die Hauptwaffe ihrer Schiffe. Die sogenannte Räll-Gann kann sogar die größten Schlachtschiffe der Eierlinge vernichten.“

      „Zwei dieser Waffen befinden sich auf dem von dir eroberten Schiff und dennoch weißt du noch immer nicht, wie sie funktionieren“, kam es von Suna.

      Desara fand, dass es an der Zeit für eine Neuigkeit war. „Wir wissen, wie sie funktionieren. Dennoch können wir sie nicht nachbauen, da uns ein wichtiger Bestandteil der Waffe fehlt. Die Menschen benutzen ein uns bislang unbekanntes Kristall. Sie verwenden es in Antrieb und Waffen und wir wissen, dass dieses Kristall die Eigenschaft besitzt, eine Art von Nullzeit-Schwingung zu erzeugen. Geschosse, Nachrichten, Schiffe… Die Menschen können alles ohne Zeitverlust bewegen.“ Desara lächelte ihre Kontrahentin schmelzend an. „Das macht sie gefährlich, verehrte Hoch-Kommandantin.“

      „Dieses Kristall“, schaltete sich die Primär-Matriarchin ein, „es ist bei uns unbekannt?“

      „Wir können es nicht reproduzieren“, gestand Desara ein, „obwohl unsere Wissenden dies natürlich weiterhin versuchen werden. Wir werden jetzt allerdings mit allen Möglichkeiten nach natürlichen Vorkommen suchen. Dieser Hiromata-Kristall könnte uns erhebliche Vorteile gegenüber den Eierlingen verschaffen und von Kriegsentscheidender Bedeutung sein.“

      „Wie ich es erwähnte“, meinte die oberste Herrin mit einem leisen Seufzen, „dein Plan brachte uns neues Wissen, neue Fragen und, hier muss ich unserer Hoch-Kommandantin beipflichten, auch neue Gefahren.“

      Abermals erschien auf dem Gesicht von Suna-dal-Sollis ein zufriedenes Lächeln. „Dein Plan, mit dem eroberten Menschenschiff einen Krieg zwischen den Menschen und den Eierlingen zu provozieren, ist gescheitert. Nicht nur das.“ Suna beugte sich leicht vor und sah Desara triumphierend an. „Dein Vorgehen hat eine große Gefahr für die verborgene Welt heraufbeschworen.“

      Die Primär-Matriarchin nickte. „Nun, da die Eierlinge und die Menschen wissen, wer für die Überfälle auf die Norsun-Welten verantwortlich ist, könnten sie sich verbünden und gemeinsam gegen uns vorgehen.“

      „Eine überaus tödliche Gefahr“, rieb Suna genüsslich noch etwas Salz in die Wunde.

      „Das sehe ich ebenso“, erwiderte Desara zur Verblüffung von Suna. „Dieser Gefahr müssen wir schnell und entschlossen begegnen.“

      „Mit einem Großangriff auf das winzige Sternenreich der Menschen?“ Suna-dal-Sollis sah die Herrscherin an. „Du siehst, ehrenwerte Herrin, unsere Gedanken sind gleich.“

      „Ein Präventivschlag.“ Die Primär-Matriarchin nippte an ihrem Glas. „Sicherlich die richtige Maßnahme. Man muss einem Raubtier begegnen, bevor es einem an die Kehle springen kann. Dennoch bedauerlich. Wir sind nie zuvor einem Volk begegnet, welches uns genetisch so ähnlich war.“

      Interessiert bemerkte Desara nun einen winzigen Schwachpunkt in dem ansonsten perfekten Hologramm. Zwar führte der Avatar perfekte Schluckbewegungen aus und die Lippen wurden feucht, doch der Inhalt des Kristallglases wurde nicht weniger. Desara lehnte sich nun ebenfalls entspannt zurück. „Ein Präventivschlag, ja“, stimmte sie zu. „Jedoch nicht mit einem massierten Einsatz unserer Flotte. Eher ein begrenztes Kommandounternehmen.“

      „Eine Handvoll Schiffe?“ Suna runzelte die Stirn.

      „Und ein paar Elitetruppen der Garde.“ Desara lächelte auf eine Weise, die ihre Kontrahentin an ein sprungbereites Raubtier erinnerte.

      „Nur ein paar Schiffe und Truppen?“ Die Primär-Matriarchin wirkte interessiert. „Was willst du damit bewirken?“

      „Die Vernichtung einer ihrer wichtigsten Militärbasen und eine entscheidende Schwächung ihrer Flotte.“ Desara lächelte. „Herrin, die Menschen sind im Augenblick auf besondere Weise geschwächt. Ein großer Teil ihrer Flotte ist auf der Suche nach der Nanjing. Ihre Flottenstützpunkte sind daher nur schwach besetzt.“

      Suna-dal-Sollis mochte ihre Gegnerin sein, doch sie war zugleich Patriotin genug, um ihren Widerwillen gegen Desara hintenan zu stellen. „Das klingt nach einem Plan. Du hast doch einen Plan, Primär-Kommandantin?“

      „Den habe ich.“

      Die Primär-Matriarchin lehnte sich abermals zurück und legte entspannt die Beine übereinander. „Du hast mein Interesse, Desara-dal-Kellon. Und nun erkläre mir, was du mir vorschlägst.“

      Kapitel 4 Tägliche Routine

       Sky-Base Rigel, Deck 300, Kommandozentrum

      Rigel war, was Größe und Bedeutung betraf, ein Stützpunkt mittlerer Größe, auf dem zwei der riesigen Trägerschlachtschiffe und zwanzig der modernen APS-Kreuzer stationiert waren. Hinzu kamen einige Dutzend modifizierter FLVs (Fast Landing Vehicles), die für Langstreckenflüge umgebaut waren und für Aufklärung und Patrouillen eingesetzt wurden.

      Sky-Base Rigel besaß die ungefähre Form einer Linse von knapp sechs Kilometern Durchmesser, mit einem mehrere hundert Meter hohen Ring, der sich um den Äquator zog. In den dreihundert Decks der bauchigen Unterseite befanden sich die eigentlichen Anlagen der Basis. Die überwiegend transparente und deutlich flachere Oberseite verfügte über die Decks 301, 302 und 303. Die beiden Ersteren waren jeweils mehrere hundert Meter hoch. Sie durchmaßen fünf und drei Kilometer und beherbergten die beiden Waldzonen. Hier gab es üppigen Baumwuchs, natürliche Wiesen und Wild, welches sorgfältig gehegt wurde. Ein kleines Ressort, das „Woodman´s Lounge“ bot Besuchern die Möglichkeit der Erholung. Die Wälder waren ein wesentlicher Bestandteil der natürlichen Luftversorgung.

      Deck 303 befand sich direkt unter dem Pol der Oberseite. Hier befanden sich einige der Defensivsysteme, darüber erhob sich eine schlanke Nadel, die von einer Kugel gekrönt wurde.

      In den Decks 1 bis 300 der Unterseite und des Äquators waren alle Anlagen und Systeme installiert, die für den Betrieb einer Raumbasis sowie die Unterbringung und Versorgung ihrer Besatzung und der Crews der hier ankernden Schiffe erforderlich waren. Kommandozentrale, Verwaltung, Quartiere, Hospital, Einkaufsbereiche und Freizeiträume lagen auf den Decks 280 bis 300. Hier, im Äquatorbereich, befanden sich auch acht große Andockpylone, an denen die Schiffe der Basis ankerten oder


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