Die Pueblo-Kulturen. Werner-Wolf Turski

Die Pueblo-Kulturen - Werner-Wolf Turski


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darüber vor, ob sich die Begräbnisse in bestimmten Häusern konzentrierten oder ob sie relativ gleichmäßig über alle Häuser/Raumzellen verteilt waren. Begräbnisse außer Haus umfassten 10% der Beisetzungen und die Anzahl der Brandbestattungen lag je nach Quellenangaben zwischen 1,5 und 5% der Bestattungen. Die Brandbestattung nahm in der postklassischen Zeit stark zu.

      Brandbestattungen traten vereinzelt ab 750 u.Z. auf, blieben auch bis 1150 u.Z. eine seltene Bestattungspraktik. Während dieser Zeit wurden die Kremationsüberreste in speziellen Räumen und speziellen Bereichen innerhalb der Gemeinschaft entsprechend häufiger als Körper beigesetzt. Bei der Beisetzung der Kremationsüberreste wurden auch häufiger Geschossspitzen mit aufgefunden. Diese Tatsachen und das seltene Auftreten von Kremationen während dieser Zeiten werden vorwiegend auf ungewöhnliche Todesbedingungen zurückgeführt, obwohl einige Kremationen auch Personen mit höherem Status betreffen könnten. Auch die Möglichkeit eines direkten (Zuwanderer) oder indirekten (spirituellen) Einflusses durch die Hohokam-Kultur wäre mit in Betracht zu ziehen, wo zu dieser Zeit die Brandbestattung dominierte. Nach 1150 u.Z. wurde Brandbestattung häufiger und ab 1350 u.Z. war sie dominierend. Der wesentliche Unterschied zwischen der Black Mountain Phase (1150 bis 1350 u.Z.) und der Cliff Phase (1350 bis 1450 u.Z.) ist die Häufigkeit der Brandbestattungen. Nach 1150 u.Z. wurden den Kremationsüberresten auch keine Projektilspitzen mehr beigelegt.

      2.2.2.4. Die Kulturveränderungen in der Endphase der Klassischen Periode

      Ressourcenstress war im Leben der Menschen immer ein mehr oder minder vertrauter Begleiter. Es wurde versucht, diesen Mangel durch vielfältigste wirtschaftliche Aktivitäten weitestgehend einzuschränken. Soziale und gesellschaftliche Mechanismen hatten die Folgen von Mängeln gesellschaftserhaltend auszubalancieren.

      Auf wirtschaftlichem Gebiet ist als Reaktion auf den Ressourcenstress die Ausdehnung der Bewässerungsanlagen, die Nutzung weniger produktiver Bodenflächen in höheren, trockneren und entfernteren Lagen und die Durchführung von Holzbeschaffungsaktionen/-zügen zu nennen. Auf spirituellem Gebiet sind Veränderungen an den Kivas wie zum Beispiel die Gestaltung der Sipapus (nicht einfach eine Ideenübernahme von den Anasazi, sondern eine Stärkung fruchtbarkeitsorientierter weiblicher Spiritualität) und später offensichtlich eine Verlagerung ritueller Aktivitäten auf die Plaza mit zumindest teilweiser Aufgabe von räumlich nicht mehr ausreichend großen und/oder funktionell/spirituell nicht mehr genügenden Kivas zu registrieren. Der zumindest teilweise Wechsel der Zeremonialorte von der rechteckigen Kiva mit der Sipapu zur rechteckigen Plaza konnte qualitative Ursachen (eventuell Stärkung männlicher Spiritualität) oder auch quantitative Gründe haben (Teilnahme aller Dorfbewohner an den maßgeblichen Zeremonien und Reduzierung der Aktivitäten kleinerer Personengruppen = Dezentralisierung des Zeremonialismus). Darüber lässt sich frei spekulieren. In einigen Quellen wird ausgesagt, dass dieser lokale Wechsel des Zeremonialortes von der Kiva zur Plaza mit einer rituellen Tötung der Kivabauwerke durch eine zeremonielle Verbrennung verbunden war. Andere legten die Brandnachweise von Kivas als „Religionskrieg“ aus. In der Black Mountain Phase (1140 bis 1300 u.Z.) der Mimbres Postklassik erlischt praktisch die zeremonielle Nutzung und der Bau von Kivas.

      Grundsätzlich wurden die Gemeinschafträume aber nie völlig aufgegeben, aber als Kiva traten sie in den Hintergrund. Im Grasshopper Pueblo wurde sogar eine kleine Plaza zu einer Großkiva umgebaut. Auch in Kinishba gab es große Plazas und kleine rechteckige Kivas im Pueblo. Diese Kivas treten in ihrer viereckigen Grundrissform im System der rechteckigen Raumumrisse des Dorfes natürlich nie so deutlich hervor wie die runden Kivas der Anasazi. Auch die Entwicklung der Klassischen Black-on-White-Begräbniskeramik widerspiegelt spirituell und auch in der praktischen Ausführung die Stärke und die Fähigkeit der Weiblichkeit bei den Mimbres, wobei aber bestimmte eindeutig männliche Darstellungsthemen durchaus auch von Männern gemalt worden sein können. Als die in der Töpferkunst demonstrierte weiblich geprägte Spiritualität den verschärften Ressourcen-Stress nicht mehr austarieren konnte, war die klassische Periode und auch die sie kennzeichnende künstlerisch hochentwickelte Keramik am Ende. Die für uns heute sichtbare weibliche Spiritualität war in diesem Stress nicht mehr (allein?) tragfähig. Spekulativ(!) kann man Hinweise auf katchina-ähnliche Darstellungen als Ausdruck des Versuches der männlichen Spiritualität sehen, die Stress-Situation von ihrer Seite mit auszuregulieren. Ein Gegeneinander von männlicher und weiblicher Spiritualität ist in dieser egalitären Gesellschaft nicht zu erwarten. Beide dienten dem gleichen Ziel: Überleben! Die allmähliche Stärkung einer möglichen „Katchina“-Spiritualität wäre aber noch eine Möglichkeit, den Übergang von der weiblich-dunklen Kiva zu licht- und sonnenbezogenen Plaza-Aktivitäten zu begründen – aber auch das ist nur eine Hypothese. Es könnte auf der Plaza auch nächtliche mondbezogene und von den Weibern getragene Zeremonien gegebenen haben. Noch eine Hypothese!

      Die Mimbres-Gesellschaft wird im Allgemeinen als egalitär bezeichnet. Einige Wissenschaftler meinen aber, dass das Leben in den klassischen großen Dörfer von einer „ziemlich strengen“ Form „sozialer Kontrolle“ charakterisiert wurde (Nahrungsmittel- und Brennstoffrationierung?; Vorgaben zur Wasserverteilung und zum Bau der Bewässerungskanäle?). Ich sehe darin keinen Widerspruch zur o.g. egalitären Gesellschaft, denn wenn ein eingespieltes Sozialsystem einen spürbaren Ressourcenstress verkraften will, dann muss es zur Bewältigung einer solchen Situation schon straffe/strenge Regulierungsmechanismen entwickeln und durchsetzen – oder untergehen oder fortziehen. Aber dazu braucht man keinen machtvollen männlichen Oberpriester an der Spitze einer Hierarchie, dazu reicht auch eine konsequent handelnde Clanmutter.

      2.2.3. Die Mimbres-Migration

      Diese Veränderungen führten im Zeitraum 1130/50 zum Ende der Klassischen Mimbres-Kultur, die sich durch Abwanderungen aus dem Kerngebiet um den Mimbres River, weiteren Migrationen in den und im Umkreis des Kerngebietes und in kulturellen Veränderungen manifestierte. Es gibt keine archäologischen Beweise für spürbare gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen den Mimbres in dieser Phase. Über die Gründe des Endes der klassischen Mimbres-Epoche wird von Seiten der Wissenschaftler jedoch noch viel diskutiert. Auf jeden Fall konnte die vor Ort befindliche Bevölkerung (Konzentration in den wenigen vielräumigen Pueblos) trotz aller physischen und spirituellen Anstrengungen sich nicht mehr ausreichend aus ihrem ökologischen Umfeld ernähren. Sie verließ die großen Pueblos und wanderte deshalb aus dem Mimbres-Tal und seiner Umgebung ab.

      Hier ist anzumerken, dass auch die frühe Kernkultur der nördlich der Mogollon lebenden Anasazi - die Chaco Canyon Kultur - annähernd zur gleichen Zeit aus offensichtlich ökologischen Gründen (Dürre) kollabierte und zumindest das Gebiet des Chaco Canyon und seine Umgebung fast vollständig von den Anasazi verlassen wurde. Ein wesentlicher Teil von ihnen wanderte u.a. wahrscheinlich nach Süden in den „nördlichen Gürtel“ der nördlichen Mogollon ab und traf dort auf die durch den Mimbres-Kollaps sich neu in dieser Landschaft ausbreitenden und neue Niederlassungen bauenden Mogollon.

      Die Abwanderung aus dem Mimbres-Gebiet war aber kein völliger Abzug so wie um 1300 u.Z. der Anasazi-Auszug aus dem nördlichen San Juan-/Mesa Verde-Gebiet, sondern mehr eine räumlich-wirtschaftliche Aufteilung und Dezentralisation der Bevölkerung. Die Bevölkerungskonzentration in großen Dörfern (mit den jetzt nicht mehr ausreichend ergiebigen großen Bodenbauflächen) wurde aufgegeben. Die Mimbres ließen sich jetzt in kleinen Weilern an vielen Stellen mit kleinen nutzbaren Bodenbauflächen an Fluss- und Bachläufen mit einem für ihre kleine Gruppe ausreichendem Wasserpotenzial nieder. Ihre Bodenbautradition verlief auch an den neuen Standorten weitgehend kontinuierlich weiter, die Bewässerungsaktivitäten waren aber, soweit sie aus Ertragsgründen noch praktiziert werden mussten, entsprechend geringer – und damit auch schlechter für Archäologen nachweisbar. Die Bauten wurden weiter im Pueblo-Stil errichtet, sogar die früher nach „Jacal“-Methoden errichteten Feldhäuser entstanden jetzt im Pueblo-Mauerwerksbaustil.

      Die einzelnen Gebiete der Mimbres-Region wurden durch Bevölkerungsbewegungen unterschiedlich betroffen – kleinere Dörfer blieben unbeeinflusst erhalten, neue Siedlungsstandorte entstanden, langjährige große Siedlungen wurden verlassen. Der westliche Mimbres-Bereich


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