Pferdesoldaten 08 - Mit blanker Klinge. Michael Schenk

Pferdesoldaten 08 - Mit blanker Klinge - Michael Schenk


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war überrascht. „Rittmeister? Das entspricht unserem Captain.“

      „Das ist korrekt, Sir.“

      „Darf ich fragen, warum Sie kein Patent bekamen?“

      „Wollte zur regulären Reiterei und nicht zu einer freiwilligen Miliz.“ Schmittmann schien kurz zu überlegen und fuhr dann fort. „Kam vor wenigen Wochen in New York an, Sir. Ist so eine Sache mit der amerikanischen Staatsbürgerschaft. Bekommt man am Schnellsten, wenn man sich für eine gewisse Zeit für den Dienst verpflichtet.“

      „Hm, ja“, brummte Matt. Möglicherweise steckte mehr dahinter, doch im Augenblick wollte er den Neuen nicht bedrängen. Rittmeister… Wenn Matt richtig informiert war, dann wurde man in den deutschen Königreichen nur Offizier, wenn man von vornehmer Herkunft war. Nun, Hauptsache, der Mann verstand sein Handwerk. „Sie kennen die Pflichten eines Regiments-Unteroffiziers?“

      „Ja, Sir, die sind mir bekannt.“

      Erneut war ein Hüsteln zu vernehmen. „Sergeant Harknell hier, Sir. Ich bringe Post.“

      „Kommen Sie rein, Harknell.“

      Matt machte die beiden kurz miteinander bekannt. Der stämmig gebaute Harknell war Führer der Regimentsstandarte. Ein zuverlässiger und eisenharter Kämpfer, der das Feldzeichen erbittert verteidigte, wenn es erforderlich wurde.

      Harknell übergab Matt eine lederne Tasche. „Kommt vom Quartiermeister, Sir. Die Post wurde bereits nach Regimentern zugeordnet.“ Er lächelte. „Ist, glaube ich, auch ein Brief für Sie dabei.“

      Natürlich hatte der Standartenführer einen Blick riskiert. Jeder im Lager freute sich über Post und mancher Brief, wenn er nicht zu privat war, wurde mit den Kameraden geteilt.

      Matt Dunhill blickte kurz in die Ledertasche und fand tatsächlich einen an ihn gerichteten Umschlag. Der Handschrift nach, kam er von seiner Frau Mary-Anne. Er nahm ihn heraus und überreichte die Tasche dann an Schmittmann.

      „Schön, Sergeant-Major, das ist dann wohl Ihr erster Job. Sortieren Sie die Briefe nach den Kompanien und veranlassen Sie, dass diese morgen, nach dem ersten Appell, an die Truppe ausgehändigt werden.“

      „Wird erledigt, Sir. Wissen Sie zufällig, wo ich…?“

      „Harknell wird Sie zu unserem Quartermaster-Sergeant bringen. Der weist Ihnen Ihr Zelt zu.“

      „Danke, Sir. Meine Sachen kommen zwar erst in zwei Tagen mit dem Versorgungszug, aber eine Möglichkeit, in trockene Sachen zu wechseln, wäre mir jetzt durchaus angenehm.“

      Sie wechselten nochmals den militärischen Gruß, dann war Matt wieder alleine.

      Major Dunhill dachte einen Moment über Schmittmann nach. Sicherlich ein ungewöhnlicher Mann mit einer ungewöhnlichen Vergangenheit, die aber noch im Verborgenen lag. Das musste man respektieren. Männer traten aus den verschiedensten Gründen in den Dienst der Unionstruppen. Auf jeden Fall würde sich der Deutsche rasch bewähren müssen, denn sicherlich würde es schon bald zu erneuten Kämpfen kommen.

      Matt nahm den Umschlag an sich und öffnete ihn. Dann drehte er den Polsterstuhl so weit, dass er das Licht der Petroleumlampe besser nutzen konnte. Ja, das war die zierliche und gestochen scharfe Handschrift von Mary-Anne. Eine Tochter des Südens, die an der Seite ihres Yankee-Mannes geblieben war. Matt Dunhill lächelte versonnen, dann vertiefte er sich in den Inhalt der eng beschriebenen Blätter.

      Natürlich sorgte sie sich um ihn und um ihren Sohn Mark, der bei der fünften Wisconsin Freiwilligenkavallerie diente. Er hatte sich, wie man so sagte, seine ersten Sporen in den Kämpfen gegen Konföderierte und Indianer verdient, und war schon mit siebzehn Jahren zum Lieutenant befördert worden. Jetzt war der Junge Achtzehn und Matt sorgte sich, ebenso wie seine Frau, um ihn. Wenigstens war Mark´s Einheit weiter oben im Norden und würde wohl nicht in größere Schlachten ziehen müssen. Doch der Pfeil eines Indianers konnte ebenso tödlich sein, wie die Kugel eines Südstaatlers. Mary-Anne schrieb von ihrem Leben in Washington und den dortigen Vergnügungen. Erneut musste Matt lächeln, denn sie war eine echte Soldatenfrau und keine Person, die sich Vergnügungen hingab, obwohl er ihr dies von Herzen gegönnt hätte. Dann las er von seinem Schwiegervater John Jay Jones. Ein wirklicher Gentlemen und tief überzeugt von der Sache des Südens. Zugleich ein Mann, der sich dennoch um das Wohlbefinden seines Yankee-Schwiegersohnes sorgte. Der alte Herr lebte jetzt in Richmond und bedauerte, dass einige der gewohnten Annehmlichkeiten unter der „blödsinnigen Blockade der Yankeeboys“ litten. Vielleicht würde Matt ihm einen persönlichen Brief schreiben. Briefe fanden immer ihren Weg über die Grenzen hinweg.

      Major Matt Dunhill schnäuzte sich und ließ den Brief sinken. Er hing noch lange seinen Gedanken nach, bis er sich schließlich auf sein Feldbett sinken ließ.

      Kapitel 2 Nach der Schlacht ist vor der Schlacht

      Es war das Jahr 1863 und die Schlacht von Chancellorsville hatte eine erneute Niederlage für die Union gebracht. Jetzt, in den letzten Tagen des Monats Mai, lagen Colonel George Sharpe, Befehlshaber der Aufklärung der Union, beunruhigende Berichte vor. Der konföderierte Reiter-General J.E.B. Stewart schien immer mehr Kavallerie im Culpepper County in Virginia zusammenzuziehen. Ihm gegenüber, auf der anderen Seite des Rappahanock River, lagen die Unionsstreitkräfte von Major-General Joseph Hooker.

      „Sir, es sieht ganz danach aus, als bereite Stuart einen erneuten Raid auf unser Gebiet vor“, fasste Colonel Sharpe seine Erkenntnisse zusammen. „Noch dazu einen sehr viel größeren Reiterüberfall, als jemals zuvor.“

      Hooker, der den Beinamen „Fighting Joe“ trug, wurde seinem Namen im Augenblick nicht ganz gerecht. Die Schlappe von Chancellorsville setzte ihm und den Soldaten der Union zu.

      „Verdammt“, knurrte Hooker und schlug wütend auf die Karte, die auf dem Tisch lag. „Wir gewinnen fast zwei Drittel aller kleineren Gefechte, doch bei den großen Schlachten erleiden wir Niederlage um Niederlage. Und jetzt das. Ein neuer Raid. Dreimal verdammt.”

      „Sir, die Reiterüberfälle der Rebellen tragen erheblich zur Unruhe in unserem Hinterland bei und stören unseren Nachschub. Die feindliche Kavallerie stößt bis weit hinter unsere Linien vor, zerstört Depots und Nachschub, und demoralisiert unsere Truppen. Wir haben dem nur wenig entgegen zu setzen.“

      „Das muss ein Ende haben, George. Ein Ende.“ Erneut schlug die Hand auf den Tisch, dann ließ sich der General seufzend auf die Polster des Stuhls sinken. „Na schön, George, Sie sagen, Stuart sammelt seine Leute bei Culpepper?“

      Sharpe beugte sich vor und tippte auf die betreffende Stelle der Karte. „Im Augenblick sind es acht oder neun Regimenter, aber es werden rasch mehr.“ Er richtete sich wieder auf. „Wie ich schon sagte, Sir, der Bursche bereitet etwas Größeres vor.“

      „Dann müssen wir ihm endlich einmal zuvorkommen.“ Hooker lehnte sich zurück und ließ sich von einer Ordonanz ein Glas Portwein einschenken.

      „Wir haben im Augenblick selbst eine beachtliche Kavallerietruppe hier stehen.“ Major-General Alfred Pleasonton war Befehlshaber der Kavallerie unter Hooker´s Kommando und hatte seine Fähigkeiten und seine Zähigkeit im Kampf schon mehrfach bewiesen. Er warf einen Blick zu seinem Stabsoffizier. „Was meinen Sie, Captain?“

      George Armstrong Custer hatte im Juni 1861 als letzter seines Jahrgangs die Militärakademie in West Point absolviert und war aufgrund zahlreicher Disziplinlosigkeiten nur knapp einem Rauswurf entkommen. Er diente in der Army of the Potomac als Lieutenant im 5ten U.S.-Kavallerieregiment. Custer war dabei Pleasonton begegnet, der den jungen und ehrgeizigen Offizier zum Captain der Freiwilligen beförderte und damit die Möglichkeit schuf, diesen in seinen Stab zu berufen. Auch hier zeigte Custer wenig Disziplin, jedoch einen auffälligen Hang zur Eitelkeit. Er trug die blonden Locken unvorschriftsmäßig lang und auf seiner Jacke hatte er die üblichen Schulterstücke durch besonders aufwendige, extra goldbestickte Prachtexemplare des Versandhauses Schuyler, Hartley & Graham ersetzt. Statt des üblichen schwarzen Binders bevorzugte er ein leuchtend rotes Tuch. Diese gezeigte


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