Sagenbuch der Bayrischen Lande. Alexander Schöppner
die alte heidnische Religion nach der Königsheide zurückgezogen
habe, hier aber nach tapferer Gegenwehr
sammt seinen Getreuen von den umwohnenden Christen
erschlagen worden sei.
156. Die Sage von den goldsuchenden
Venedigern und Wahlen im Fichtelgebirg.
Von L. Z a p f . – Nach B r u s c h , G r o ß , und
P e r t s c h die Ausf. Beschr. des Fichtelgebirges.
Leipzig 1716. G o l d f u ß u. B i s c h o f Beschr. d.
Fichtelgebirges I., 298 ff. J.V.v. B a u m e r im Archiv
f.G.u.A.v. Oberfr. II., 163. M. S c h o t t k y Bilder d.
südd. Alpenwelt S. 241.
Es ist eine der schönsten Sagen des Fichtelgebirges,
die alte Kunde von den geheimnißvollen Fremdlingen,
die sich einst in seinen Wildnissen herumtrieben. Sie
ließen sich nur zuweilen in den Walddörfern blicken,
als Mäusefallenhändler oder in Köhlertracht, und
brachten die meiste Zeit im tiefen Forste zu, in Höhlen
und an den Brunnen und Bächen. Da gruben sie
nach edlen Metallen und suchten Goldkörner, welche
sie wuschen und schmolzen. Oft fand das Volk, welches
eine furchtsame Scheu vor ihrem Wesen und
Treiben hatte, an heimlichen Plätzen verlassene, niedergebrannte
Feuer, und daneben Spaten, Pfannen
und Meisel oder gar eines ihrer Büchlein, in denen sie
die goldreichen Stellen und Punkte des Gebirges verzeichnet
hatten. Auch hörte man wohl zu Zeiten ihr
dumpfes Pochen und Schlagen.
Der alte P a c h e l b e l widmet in seiner »Beschrei-
bung des Fichtelberges« (1716) diesen seltsamen
Männern und ihrem geheimen Thun einen eigenen
Theil, »worinnen eigentlich dasjenige enthalten, was
die Ausländer, nemlich Wallonen, Venetianer, Mailänder,
Modeneser, ingleichen Brabander und Flandrer
in ihren theils verlornen und hernach gefundenen,
theils aber ihnen abgenommenen Verzeichnüßen der
fündigen Oerter auf, an und um den Fichtelberg; wie
auch in Ober- und Nieder-Sachsen, am Hartz, in Böhmen,
Bayern, Pfaltz und Voigtland etc. bemercket und
beschrieben haben, insonderheit die Verkundschafftung
der besagten Oerter des Venedigers Giovanni
Carnero, Johann Schottens, des Gratiani Grundelli
eines Venetianers, der sich achtzehn gantzer Jahre
umb den Fichtelberg aufgehalten, und sein Verzeichnüß
1531 am Dienstag nach Galli aufgesetzet; item
des Sebastian Verso eines Venedigers, wie auch drei
anderer Unbenannter etc.«
Unter andern finden sich nun darin folgende Stellen,
welche am besten geeignet sind, das mystische
Wesen dieser Sage darzuthun, welche Ueberlieferung
und Aberglauben in einen eigenthümlichen, romantischen
Schleier hüllen.
»G e s t a l t u n d F a r b e n d e r G o l d k ö r -
n e r , w i e s i e S e b a s t i a n V e r s o i n s e i -
n e m W a h l e n b ü c h l e i n b e s c h r i e b e n . 1)
Etliche Goldkörner sind roth, wie rostig Eisen; 2) etli-
che wie Granaten, dunkel, durchsichtig; 3) etliche
kuglicht rund; 4) etliche wie Erbsen; 5) etliche wie
Bohnen; 6) etliche sehen wie Pech aus, sind auch gut;
7) etliche zerspringen wie Glas im Zerschlagen, sind
gut; 8) etliche sehen rauh, grau und bleifarbig aus,
sind mild und mürbe, sind auch gut; 9) etliche graulicht
wie Mohnfarb, oder 10) blau inwendig mit
einem frischen Glanz; 11) etliche lassen sich fletschen
und plezen wie Blei, diese notabene sind die besten;
12) Gold ist auch in weißen Kieselsteinen, die weiße
Aederlein haben etc.«
»Vom F i c h t e l s e e schreibt Giovanni Carnero,
ein Venediger, und Joh. Schott also: Dieser See sei
in des H. Markgrafen Land anzutreffen, zu höchst auf
der See-Lohe, und sei auf 40 Klafter nicht zu ergründen.
Man solle zu oberst auf diesem Berg etwan einer
Spannen tieff einschlagen, so finde man gar grüne
Steine, wann man diese in einer Gluth wärmet, so
würden sie roth, und wann man sie dann zu Silber
leget, so werde aus diesen Steinen gar gut Gold, welches
bißher allen Menschen verborgen geblieben.«
»Z e l l e : S a a l e . Zu Zelle soll einer vor Alters
gewohnt haben, H i l d e b r a n d genannt, der zu Hof
neun Häuser gebaut, und das Erz dazu geholt haben
soll, wo die Saale am Fichtelberg bei Zelle entspringet,
welches der Schmied zu Zelle (ehedessen nemlich)
wohl weiß.
Bei dem Ursprung der Saale findet man ein Loch,
dessen Erde wie ein weißer Laimen ist. Notabene,
wenn diese ein wenig von der Sonne gedörret wird, so
färbt sie, wie eine blaue Lasur, daß man also wohl
etwas mit machen und anstreichen kann. In dieser
Gruben oder darunter, daneben, dabei, schlage einen
Sinter durch den Laimen, bei ein bis fünf Ellen tief,
so findestu einen reinen und wohlgediegenen Goldgang,
und von dannen einen Armbrustschuß weit bei
dem Flüßlein gegen Hoff zu, da stehet auf einem kleinen
Bühel eine Tanne mit vielerlei Zeichen an der
Rinde, woselbst man findet dreierlei theure Marcasiten,
als Gold, Silber, Kupffer. Der Hügel ist mit
Reißig verhauen, notabene daß es nicht jedermann
finde, wegen des Hügeleins und Flüßleins allda,
damit es verblendet ist. Notabene darunter findet man
des H i l d e b r a n d s seinen Marcasit. Carnero.«
»L u c h s b u r g b e i W u n s i d e l . Dieses Gebürg
nahe bei Wunsidel am Fichtelberg ist einer unüberwindlichen,
schrecklichen Höhe; darauff siehet
man alte Stollen und unterschiedliche Gänge, darinnen
findet man Gold und Silber, und das ist nahe bei
denen alten Schlössern, so vor Zeiten Raubschlösser
derer von Losburg gewesen, daher dieser