Kein Duke zum Verlieben!. Katherine Collins

Kein Duke zum Verlieben! - Katherine Collins


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Adlige verfuhren so mit ihren unglücklichen Ehefrauen. Er berührte ihre Wange und wischte die Träne weg, die sich unbemerkt aus ihrem Auge gestohlen hatten.

      »Wer dich wegschickt, wäre ein ausgemachter Trottel.«

      Langsam beugte er sich über sie, um ihr einen Kuss auf die Nasenspitze zu hauchen.

      »Ich kann dir nichts versprechen, aber …«

      Thomas Boyle lehnte sich noch weiter zu der Frau in seinen Armen herab, um einen neuen Versuch zu wagen, ihre Lippen zu kosten, als hinter ihm die gelangweilte Stimme seines verfluchten Freundes erklang: »Thomas, hat Miss Beaufort dir nicht bereits mehrfach deutlich gesagt, was sie von dir hält?«

      Verhalten seufzend drehte sich der Angesprochene bei dem Tadel um. Angelegentlich betrachtete er seinen Hemdsärmel und klaubte unsichtbare Staubkörner von ihm.

      »Ah, Westbrook, soweit ich mich erinnere, sprach sie von Männern wie mir, nicht von mir. Ich bin sicher, Miss Bell hegt zarte Gefühle für mich. Wie dem auch sei, was führt dich zu uns?«

      Bell verdrehte entnervt die Augen und seiner Gnaden Reaktion bestand simpel in einer hochgezogenen Braue.

      »Suffolk sucht nach seiner schönen Cousine, und ich wollte ihr ersparen, in eine kompromittierende Situation zu geraten und sich gezwungen zu fühlen, dich heiraten zu müssen …«

      Bell schnaubte entrüstet, die Männer nahmen sie nicht einmal zur Kenntnis, während sie über sie sprachen. Behände entwand sie sich vollständig den Armen ihres Möchtegern-Gatten und richtete das kleine Hütchen auf ihrem Kopf. Da sie keinen Spiegel bei sich trug, musste sie hoffen, nicht allzu zerzaust auszusehen. Da sie keinesfalls länger in der Gesellschaft ihres Gatten verweilen wollte als unbedingt nötig, versuchte sie, sich unbemerkt von dannen zu machen. Mit vorsichtigen Schritten entfernte sie sich von Lord Argyll, darauf bedacht, keinen Zweig knacken zu lassen.

      »Seit wann bist du der Beschützer Suffolks weiblicher Verwandten?«

      Thomas ballte verärgert die Faust und musterte seinen hochmütigen Freund unwillig. Nathans eisgraue Augen blitzten gefährlich.

      »Da Miss Beaufort unweigerlich mit meiner Gattin verwandt ist, beschütze ich lediglich ein Mitglied meiner Familie. Denk daran, bevor du dich wieder dazu hinreißen lässt, dich ihr aufzudrängen!«

      Annabell lachte verächtlich auf, ohne es eigentlich zu wollen. Es war ein Reflex, ausgelöst durch Nathans absolut hirnrissige Feststellung. Leider zog sie damit auch die volle Aufmerksamkeit der Streithähne auf sich. Argyll drehte sich, während Kent lediglich den Kopf in ihre Richtung wendete. Beide schauten verdutzt aus. Kalt sah sie ihren Gemahl an und verzog die Lippen, bevor sie ausspuckte, was ihr auf der Zunge lag: »Ich gehe davon aus, Euer Gnaden, dass ich Ihren Schutz genauso wenig genießen möchte, wie Ihre Frau es tut! Und was Lord Argylls Aufmerksamkeit angeht …« Vermutlich würde sie es bereuen, aber in ihrer Rage beschloss sie, Nathan auf seinen Platz zu verweisen. Sie sah ihn nicht als ihren Gatten, und somit fühlte sie sich nicht seiner Weisung unterlegen oder ihm in irgendeiner Weise verpflichtet. Er würde wissen, dass sie es getan hatte, und dies gab den Ausschlag. Festen Schrittes und durch ihren Groll auf alles entschlossen trat sie wieder zu seinem Freund. »… sie ist höchst willkommen!«

      Damit presste sie sich an den verdatterten Lord und zog sein Gesicht zu sich herunter, um ihn zu küssen. Dafür musste sie die Augen schließen und sich vorhalten, dass es nur ein Kuss war, keine Einladung zu weiteren Vertraulichkeiten. Dennoch versackte ihr Entschluss schließlich in aufwallender Angst.

      Thomas brauchte einen Augenblick, bevor er seine Arme um sie schloss und die Führung übernahm. Erst Nathans leise Warnung ließ ihn wieder zur Vernunft kommen. Langsam ließ er Bell los und sah auf sie herab. Ihm blieb keine Zeit, über ihr verändertes Verhalten zu grübeln, denn kaum war Bell seinen Armen entschwunden, traf ihn ein harter Schlag ins Gesicht. Argyll ging zu Boden und starrte ungläubig zu seinem Freund auf, der seinerseits keinen zweiten Gedanken an ihn verschwendete, sondern sich zu Annabell umdrehte. Sie betrachtete Thomas wenig mitleidig mit einem »Selbst schuld!« auf den Lippen. Im nächsten Augenblick wurde sie in Nathans Arme gerissen, der ihr zuknurrte: »Du kannst nichts ablehnen, was du nicht kennst!« Und musste dann den verlangenden Ansturm seines Mundes abwehren. Die Berührung seiner Lippen warf sie um. Ihre Knie gaben nach, und sie wäre gefallen, wenn Nathan sie nicht so fest an sich gepresst gehalten hätte. Ohne auf Widerstand zu treffen, eroberte er ihren Mund und berauschte sich an ihrem unverwechselbaren Geschmack, obwohl ihm dabei sehr bewusst war, dass er etwas moralisch höchst Verwerfliches tat. Schließlich küsste er nicht nur eine weitere Jungfrau, sondern auch die Cousine seines Schwagers, ohne einen Gedanken an seine kleine Frau zu verschwenden.

      An seine arme, kleine Annabell, die sicherlich den Tag verfluchte, an dem sie ihm begegnet war. Es waren aber nicht seine Bedenken, die ihn den Kuss unterbrechen ließen, sondern ein stechender Schmerz in seinen Lenden.

      Annabell war dankbar dafür, dass sie in den letzten Jahren noch ein gutes Stück gewachsen war, wodurch sie ihrem Gemahl nicht mehr wie bei ihrer Hochzeit bis zur Brust reichte, sondern ihm fast bis zur Nase ging. Sie war groß genug, um einen fiesen Trick anzuwenden, den ihr einst ihr lieber Schwager vorgeschlagen hatte, sollte sie in Situationen wie diese geraten. Sie hatte ihr Knie in eine ideale Position gebracht und es mit einem Ruck hochgezogen. Ihres Halts beraubt, torkelte sie einige Schritte rückwärts und fand sich in einem dritten Paar Arme wieder.

      »Verflixt, ist London denn jedes Gentlemans beraubt?«

      »Ich dachte, wir wären uns einig, dass die Bezeichnung Gentleman nicht dem entspricht, dessen Bedeutung es impliziert«, flüsterte Suffolk seiner sichtlich empörten Schwägerin milde amüsiert ins Ohr. Mit einem erleichterten Aufschrei warf sich Annabell in seine beschützenden Arme. Suffolk musterte die versammelten Herren aus funkelnd blauen Augen. Sein goldenes Haar war leicht zerzaust, und seine stürmische Miene drückte sein Missfallen deutlich genug aus. Dennoch klang Amüsement mit, als er feststellte: »Wie ich sehe, hast du ganze Arbeit geleistet, Bell!«

      Angelegentlich warf er einen Blick auf den Duke, der sich immer noch den schmerzenden Schritt hielt, während der Viscount of Argyll sich bereits den Dreck von seiner Kleidung klopfte.

      »Wurde sie vielleicht auch im Fechten und Boxkampf unterrichtet, Suffolk? Nun, zumindest brauche ich meiner Braut nicht mehr selbst zu zeigen, wie sie sich unerwünschten Annäherungen erwehren kann …«

      Thomas warf Bell einen liebevollen Blick zu, den sie allerdings nicht bemerkte, da sie ihr Gesicht immer noch an der Schulter Lord Suffolks vergraben hielt.

      »Ein guter Hinweis, Argyll, Boxen könnte ihr tatsächlich weiterhelfen, am besten, sie trainiert mit meinen Töchtern. Alles in Ordnung, Bell?«

      Zittrig lächelnd sah sie zu ihm auf und fühlte sich durch seine Sorge sogleich um einiges ruhiger. Sie nickte kurz und klopfte ihm auf die Brust. Zufrieden erklärte sie: »Ich bin froh, dass ich dich habe, weißt du das? Wie werden wir Sarah los, damit ich dich heiraten kann?«

      Suffolk drückte sie lachend an sich. »Gar nicht, fürchte ich, weißt du, ich liebe meine Gattin!«

      Annabell machte ein angewidertes Gesicht. »Pfui Spinne, das ist doch absolut gewöhnlich, Eheleute, die sich lieben!«

      Annabell grinste verwegen und drehte Suffolk in die Richtung, aus der er gekommen war. Dem stand allerdings nicht der Sinn danach, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen. Er schlüpfte aus ihren Händen und fixierte den Duke mit deutlichem Missfallen.

      »Offensichtlich haben Sie einen starken Drang dazu, die Mädchen meiner Familie zu drangsalieren. Ich warne Sie, lassen Sie die Hände von Bell! Das Gleiche gilt auch für Sie, Argyll. Bell sucht keinen Ehemann und damit das klar ist, auch keine Affäre!«

      Nathan sah seinen Schwager dunkel an, er wusste, dass Suffolk nicht die beste Meinung von ihm hatte, durchaus nachvollziehbar, aber ihn der Drangsal zu bezichtigen, ging schon etwas zu weit. Er hielt Suffolk auf, der im Begriff war, endlich dem Drängen seiner Cousine nachzugeben, indem er nach seinem Arm griff.

      »Ich habe Annabell nie absichtlich wehgetan …«


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