Spurensucher. Ana Marna

Spurensucher - Ana Marna


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gelaunt. Seit mehreren Stunden waren sie unterwegs und durchquerten gerade den Bundesstaat Mississippi. In diesem Jahr war es ungewohnt heiß und sie ertrugen die erbärmliche Hitze nur schwer.

      „Wir können ja Pause machen“, schlug Kian vor. Er kannte seinen Partner gut genug, um zu erkennen, dass dieser kurz vor einem Wutausbruch stand.

      Sie fuhren inzwischen auf einer staubüberzogenen Landstraße und Kian hielt nach einem schattigen Platz Ausschau. Vor ihnen erstreckte sich eine trockene und sandige Landschaft, die nur von einigen Gebüschen unterbrochen wurde.

      Plötzlich kam ein Bus in Sicht und donnerte auf sie zu. Reece murmelte eine leise Verwünschung, als der aufgewirbelte Staub sich auf die Windschutzscheibe legte.

      „Sieh dir das an.“

      Kian zeigte zur Seite. Reece erspähte eine kleine Gestalt, die mit einem Rucksack auf dem Rücken durch das Gelände joggte. In ihrer Begleitung befanden sich drei riesige Hunde, die dicht neben und hinter ihr rannten.

      Kian bremste die Geschwindigkeit herunter und sie beobachteten, wie die Gestalt über einen Felsbrocken sprang und unvermindert weiter rannte.

      „Eine Frau“, grinste er. „Cool. Wo will sie hin?“

      Er tippte auf dem Navigator herum. Sekunden später lachte er auf.

      „Kaum zu glauben, aber hier in der Nähe gibt es tatsächlich etwas. Ein Trainingslager oder so. Ob sie dahin will?“

      Reece lächelte versonnen und blickte auf den Navigator.

      „Ist nicht allzu weit weg. Ein bisschen Bewegung tut uns vermutlich auch gut.“

      Seine Laune war schlagartig gestiegen. Er sah noch einmal in Richtung der Frau. Sie rannte immer noch und das trotz der sengenden Hitze.

      „Entweder ist die echt zäh oder durchgeknallt“, meinte er. Beide Optionen gefielen ihm.

      Sie erreichten das Camp vor der Frau und parkten den Wagen etwas abseits.

      Es wirkte geschlossen. Das Gelände war mit einem hohen Metalldrahtzaun abgegrenzt und sehr weitläufig. Erfreulicherweise gab es viele große Bäume, die Schatten spendeten. Am Eingangstor befand sich eine kleine Hütte.

      Sie spähten hinein, doch niemand war zu sehen. Dafür hing ein fettes Schild im Fenster: Closed.

      „Wie enttäuschend“, grinste Kian. Dann drehten sich beide gleichzeitig um. Die Frau kam in Sichtweite. Die Hunde rannten immer noch neben ihr.

      Kurz vor der Hütte wurde sie langsamer und blieb schließlich stehen. Ihr Atem ging etwas schneller und ihre Haut war schweißnass, doch sie wirkte keineswegs erschöpft. Die Hunde hatten sich ihrem Tempo exakt angepasst und standen rechts und links neben ihr. Sie ließen die Männer nicht aus den Augen und ein leises Grollen entwich ihren Kehlen.

      Kian starrte sie nacheinander an. Das Grollen verstummte und die Hunde zogen den Schwanz ein. Dann sah er wieder auf die Frau. Sie war eher klein und schlank, und eine halblange schwarze Mähne umrahmte das schmale Gesicht. Sie trug Jeans, Sportschuhe und ein khakifarbenes Top, das den Blick auf braungebrannte, straffe Arme zuließ. Kein Zweifel, diese Frau war sportlich und schien durchtrainiert zu sein.

      Ihre blauen Augen musterten die beiden Männer hellwach und ohne Furcht. Das allein war schon erstaunlich. Kian wusste sehr genau, wie er und erst recht wie Reece auf Menschen wirkte. Sie waren beide außergewöhnlich groß und breitgebaut, und ihre ärmellosen Shirts hoben die ausgeprägten Armmuskeln, die mit bizarren Tattoos überzogen waren, noch heraus. Dazu kam ihr militärischer Look, sprich Militärhose, Shirt und die dazu passende Weste. Viel Platz für viele Gegenstände. Doch das alles schien diese Frau nicht zu beeindrucken.

      Sie sah auf die geduckten Hunde und dann wieder zu ihnen.

      „Pechtag“, grinste Kian sie an. „Das Camp ist geschlossen.“

      „Ich weiß!“ Ihre Stimme war von einer angenehmen tiefen Klangfarbe. Kian schätzte sie auf etwa Mitte zwanzig. „Es öffnet nur für angemeldete Gruppen.“

      „Hm, und was willst du dann hier?“

      Jetzt lächelte sie tatsächlich. Kian spürte, wie es in seiner Hose enger wurde. Verdammt, die Kleine gefiel ihm.

      „Ich sehe es mir nur an.“

      Sie trat an ihnen vorbei und ging zum Eingangsbereich. Dann zog sie den Rucksack von den Schultern und öffnete ihn. Ein faltbarer Wassernapf kam zum Vorschein und eine große Flasche. Sie nahm einen tiefen Schluck und schüttete dann Wasser in die Schüssel. Ein leiser Pfiff ließ die Hunde sofort antraben und trinken. Dann legten sich die Tiere neben den Rucksack.

      „Passt auf!“

      Der Befehl war leise, aber so durchdringend, dass Kian erstaunt zu Reece sah.

      Der runzelte ebenfalls irritiert die Stirn. Soviel Autorität aus einem so hübschen Mund zu hören, war eher ungewöhnlich.

      Sie drehte sich um und betrachtete den drei Meter hohen Drahtzaun.

      „Na dann“, meinte sie und sprang hoch. Mühelos hangelte sie sich nach oben und schwang sich über die Kante. Federnd landete sie im Sand und grinste die Männer an.

      „Ist wohl zu heiß für euch, was?“

      Dann rannte sie los.

      Die beiden sahen sich an.

      „War das eine Herausforderung?“

      „Hörte sich so an. Das wird spaßig!“

      Kian sprang hoch und benutzte einen der Stahlträger zum Klettern. Der Drahtzaun hätte sein Gewicht niemals gehalten. Sein Partner kletterte ihm sofort hinterher.

      Sekunden später folgten sie der Frau. Diese sprang schon über mehrere Hürden, die in verschiedenen Höhen hintereinander aufgestellt waren. Dann ergriff sie ein Seil, das von einem Baum herunterhing und schwang sich hinauf.

      Kian erreichte den Baum nur wenige Sekunden später und kletterte los. Oben angekommen erkannte er, dass sie sich in einem Klettergarten befanden und stieß einen leisen Fluch aus. Hier war die Frau eindeutig im Vorteil. Sie hatte schon den nächsten Baum erreicht und drehte sich um. Ihr Lachen trieb ihn sofort wieder an. Hinter ihm schnaufte sich Reece nach oben. Er war der Schwerste von ihnen und Klettern lag ihm gar nicht.

      Minutenlang turnten sie durch die Bäume und Kian stellte fest, dass er eindeutig nicht mehr in Bestform war. Er würde dringend wieder mehr trainieren müssen. Endlich hatte er den letzten Baum erreicht. Erleichtert sprang er in den Sand und rannte sofort los.

      Jetzt kamen Übungen, die Kraft erforderten. Da konnten sie wieder punkten.

      Der Vorsprung, den die Frau hatte, schmolz schnell dahin, aber das schien sie nicht zu stören. An der letzten Kletterwand holten sie sie ein.

      Es war eine fünf Meter hohe Sprossenwand. Wie ein Eichhörnchen kletterte sie los, doch die bereits bewältigte Strecke forderte ihren Tribut. Sie wurde mit jedem Meter langsamer.

      Kian schob sich an ihr vorbei und auf der anderen Seite Reece. Oben verharrte er und blickte zu ihr hinunter. Sie grinste ihn an und griff eine Sprosse höher. Kian langte mit einem Arm nach unten und packte ihren Unterarm. Mühelos zog er sie hoch, so dass sie mit den Männern oben an der Kante hing. Gemeinsam schwangen sie sich auf der anderen Seite nach unten und hockten dann nebeneinander an der Wand.

      Der Atem der Frau ging jetzt deutlich schneller als am Anfang, aber auch Kian und Reece waren nicht mehr frisch. Die Hitze setzte ihnen mehr zu, als ihnen recht war.

      Nach einer Minute stand die Frau auf und blickte auf die Männer hinunter.

      „Ich hätte nicht gedacht, dass ihr die Bäume schafft“, lächelte sie. „Gut, dass die stabil genug waren.“

      Reece stieß ein Knurren aus und sprang hoch, aber Kian lachte auf.

      „Ehrlich, hätte ich auch nicht. Klettern ist nicht wirklich unser Ding.“

      Reece


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