Dämonentreue. Dagny Kraas

Dämonentreue - Dagny Kraas


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sich wortlos auf einem der Stühle nieder. Ihr Blick ging zu seinem linken Unterarm, wo kaum noch etwas von der Stichwunde zu sehen war. Nur die fehlende Schuppe verriet, wo sie ihn verletzt hatte.

      Er trat an den Tisch, zog sich einen Stuhl heran und nahm ihr gegenüber Platz, bevor er ihr den Korb mit Brot zu schob und eine auffordernde Handbewegung machte. Sie nahm sich ein Stück Weißbrot und ließ sich dann von ihm eine Scheibe kalten Braten anreichen.

      Sie aßen eine Weile schweigend, dann sagte Cridan in die Stille hinein:

      »Was denkst du?«

      Béo lächelte verlegen.

      »Ich frage mich, warum wir hier essen und nicht mit den anderen«, antwortete sie. »Warum du den ganzen Tag über so offensichtlich meine Nähe gemieden hast. Weshalb ich jetzt hier sitze. Und vor allem denke ich, dass es mir Leid tut, dich verletzt zu haben. Ich habe ein furchtbar schlechtes Gewissen deswegen.«

      Er machte eine wegwerfende Geste.

      »Das brauchst du nicht«, entgegnete er, den Rest ihrer Antwort geflissentlich ignorierend. »In einem Übungskampf kann immer etwas passieren. Und Rakhobas hat Recht, ich war unvorsichtig, habe zu sehr auf den Schutz meines Panzers vertraut. Ich bin selbst Schuld. Mach dir keine Sorgen. Zum einen war der Stich nur schmerzhaft, aber nicht wirklich schlimm, und zum anderen wird er bald restlos verheilt sein. Wenn du mir nicht glaubst, sieh her.«

      Er hielt ihr über den Tisch seinen Arm hin. Von der Stichwunde selbst war nichts mehr zu sehen, und dort, wo Rakhobas die beschädigte Schuppe herausgerissen hatte, glänzte in der Tiefe die frische Kante einer neu nachwachsenden.

      Béo starrte einen Augenblick lang ungläubig darauf.

      »Das geht ja wirklich schnell«, sagte sie dann zögernd.

      Cridan nickte. »Es ist erstaunlich, ich weiß. Du siehst also, mir ist nicht wirklich etwas passiert.«

      »Aber es hätte dir etwas passieren können«, wandte Béo ein.

      Er grinste und hob die Schultern.

      »Mir kann immer etwas passieren«, sagte er, »genau wie dir. Diese Gefahr nennt sich Leben.«

      Er wollte noch etwas hinzufügen, doch in diesem Augenblick klopfte es leise an die Tür, und Cro‘artosh, der Steuermann, trat herein.

      »Verzeih die Störung, Kapitän«, sagte er stirnrunzelnd, »aber ich denke, das solltest du dir ansehen. Es zieht Wetter auf.«

      Cridan neigte zustimmend den Kopf.

      »Ich habe es mir gedacht«, erwiderte er. Zu Béo gewandt, fuhr er fort: »Du entschuldigst mich?«

      »Brauche ich nicht«, gab sie zurück und stand auf, »denn ich komme mit.«

      Es herrschte eine unwirkliche Stimmung an Deck.

      Der Himmel hatte eine seltsam grau-gelbe Färbung angenommen, und das fahle Licht schien alles in einen blassen Schimmer zu tauchen. Die schwarzen Wolken am Horizont hatten sich weiter zusammengezogen und türmten sich wie ein gewaltiger Berg vor ihnen auf. Wetterleuchten zuckte über ihre unheilvoll zerfaserten Enden.

      »Was meinst du dazu?« fragte Cro‘artosh.

      Cridan antwortete nicht sofort, sondern musterte die Wolkenfront vor ihnen eingehend.

      »Wir werden ihm nicht entgehen können«, sagte er dann nachdenklich, »dafür ist er zu schnell. Und mir ist es dann lieber, gezielt und mit Vorbereitung hindurch zu segeln als in unberechenbare Randgebiete zu geraten, wo man nie weiß, welche Winde einen als nächstes packen mögen. Die Falkenflug ist schon durch so manches Unwetter gegangen, sie wird uns auch sicher durch dieses tragen.«

      Der Steuermann nickte. »Also Kurs halten?«

      Cridan warf noch einen Blick auf die bedrohlich wirkenden Wolken.

      »Abwettern und Kurs halten«, bestätigte er dann. »Großsegel reffen, Sturmsegel setzen, Ladung und Mannschaft sichern. Wir werden vermutlich einige Zeit mit böigem Wind arbeiten müssen, und ich will ihm nicht zu viel Angriffsfläche bieten.«

      »Zu Befehl, Kapitän«, erwiderte Cro‘artosh. »Dann wollen wir die Dame mal wetterfest machen!«

      Er eilte davon. Cridan sah auf Béo hinunter.

      »Ich hoffe, du wirst nicht seekrank«, sagte er. »Uns steht nämlich ein ziemlich unruhiger Ritt bevor.«

      »Keine Sorge«, lachte sie. »Ich heiße ja nicht Mar‘Tian!«

      Er hob überrascht die Brauen. »Mar‘Tian wird seekrank?«

      Sie nickte.

      »Und wie! Er braucht fast eine Woche, um sich daran zu gewöhnen, und bis es soweit ist, stirbt er tausend Tode. Was er natürlich nie zugeben würde«, setzte sie hinzu.

      »Natürlich nicht«, bemerkte Cridan und feixte. »Kaum zu glauben, dass es einen T‘han T‘hau gibt, der seekrank wird! Für mich gibt es keine schönere Herausforderung, als ein Schiff durch Sturmwogen zu steuern. Dieses Gefühl, wenn es von einem Wellenkamm ins nächste Tal stürzt, ist unbeschreiblich! Es gibt nicht viel, was daran herankommt.«

      Er dachte einen Augenblick nach und ergänzte schließlich: »Nun ja, zwei Dinge, um genau zu sein.«

      Béo zögerte einen Moment, dann fragte sie: »Und welche zwei Dinge sollten das sein?«

      Cridan grinste breit.

      »Ich wusste, dass du fragen würdest! Deine Neugier wird dir eines Tages noch zum Verhängnis werden!«

      Er beugte sich zu ihr hinunter, bis sein Mund ihren Nacken berührte. Behutsam ließ er seinen Atem über ihre Haut streichen, beobachtete, wie sich die kleinen Härchen aufstellten, und murmelte dann so leise, dass sie ihn gerade noch verstand:

      »Nun, die Erregung im Bett lässt sich durchaus damit vergleichen, aber berauschender ist nur noch eins.«

      »Und was?« wollte sie neugierig wissen.

      Statt einer Antwort schloss sich seine Hand vorsichtig um ihre Kehle. Sie ließ ihn gewähren. Einen Herzschlag lang glitt sein halb geöffneter Mund über die Seite ihres Halses, während seine gebleckten Zähne ihre makellose Haut berührten. Mit geschlossenen Augen nahm er das Gefühl und ihren Geruch tief in sich auf – bis sie erschauerte. Ihre Bewegung riss ihn jäh in die Wirklichkeit zurück.

      Er ließ sie los und richtete sich wieder auf.

      »Geh unter Deck«, sagte er. »Sonst wirst du nass.«

      Béo schüttelte den Kopf.

      »Das macht mir nichts aus«, entgegnete sie. »Außerdem bin ich neugierig. Deshalb bleibe ich lieber hier.«

      Cridan stieß die Luft zwischen den Zähnen aus.

      »Wenn du nur einmal tun würdest, was ich sage…«, begann er, doch Béo legte ihm eine Hand über den Mund.

      »Das tue ich«, erwiderte sie spöttisch. »Und zwar in genau zwei Fällen: Wenn ich die Sinnhaftigkeit deiner Anweisungen erkennen kann oder wenn du mir dein Schwert an die Kehle hältst. Oder deine Schuppen, dein Messer oder was auch immer.«

      Er packte ihre Hand und zog sie von seinem Gesicht.

      »Eines Tages«, grollte er, »werde ich dich wieder anbinden! Das schwöre ich dir!«

      Béo lachte.

      »Weil ich sehen will, was dieser Sturm uns bringt? Sei nicht albern! Du solltest lieber geschmeichelt sein, dass ich deinem Können als Seefahrer so viel Vertrauen entgegen bringe!«

      Er schnaubte, verzichtete aber auf eine Antwort.

      »Wenn ich sage, es wird zu gefährlich«, verlangte er statt dessen, »wirst du unter Deck gehen. Verstanden?«

      Béo öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch bevor sie dazu kam, hatte er sie gepackt und sein Gesicht


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