KLÜGER PUBLIZIEREN für Verlagsautoren und Selfpublisher. Stephan Waldscheidt
Hybrid-Autoren, Autoren, die sowohl traditionell im Verlag wie auch selbst publizieren. Für sie kann es sinnvoll sein, auch in der Frage der Agenturen zweigleisig zu fahren und die Verlagsbücher über ihre Agentur laufen zu lassen. So halte ich es mit meinem Agenten.
Hier kommt es darauf an, wie gut Sie sich mit Ihrem Agenten arrangieren. Könnte gut sein, dass er versuchen wird, Sie vom Selbstpublizieren abzubringen. Schließlich verdient er dabei nichts und verliert sogar noch das Geld, das Sie in der Zeit mit einem Verlagsbuch für ihn verdienen könnten. Könnte aber auch sein, dass er es schafft, für Ihre selbstveröffentlichten Werke einen großen Verlag zu interessieren – und Konditionen für Sie herauszuholen, die gut genug sind, Ihre Unabhängigkeit dafür aufzugeben. Es ist, einmal mehr, Ihre Entscheidung.
Linktipps:
Eine Literaturagentin gibt Auskunft über ihre Arbeit. Ein schon etwas älteres Interview mit Petra Herrmanns von Scripts for Sale, aber im Prinzip noch immer aktuell (PDF, aus dem »Handbuch für Autorinnen und Autoren«):
Wie arbeiten Agenten? Literaturagent Peter Molden gibt Auskunft – im Pub. Von literaturjournal.de:
Literaturagenturen. Eine detaillierte Übersicht bei Autorenwelt.de:
Die vermutlich beste Liste mit vielen Details, etwa über die vertretenen Genres und die gewünschten Unterlagen. Betrachten Sie diese aber nur als Ausgangspunkt für Ihre Suche. Im Zweifel sind die Angaben auf der agentureigenen Website oder Facebook-Fanseite maßgeblich. Und natürlich das, was Ihnen der Agent am Telefon oder per Mail persönlich sagt.
Falls Sie nicht sicher sind, ob die Agentur, die Sie interessiert, seriös arbeitet, können Sie folgende Checkliste des Literaturcafés durchgehen. »So erkennen Sie dubiose Literaturagenten, Literaturagenturen und Zuschussverlage«:
... und sich auch noch diesen Artikel durch den Kopf gehen lassen, ebenfalls im Literaturcafé veröffentlicht. »Welche Verlage und Literaturagenten wir Ihnen empfehlen können«:
Fazit: Agenten
Agenten sind beim direkten Weg in die großen Verlage fast unverzichtbar und können beim Aufbau einer Autorenkarriere sehr weiterhelfen. Ein Freifahrschein ins Verlagsprogramm oder auf die Bestsellerliste sind sie nicht. Selbstverleger ersparen sich durch ihren Verzicht auf einen Agenten Mühen und Ärger, aber vergeben sich auch Chancen. Auch für Hybrid-Autoren kann ein Agent Sinn machen.
Verlagsautoren
+ Wer in einem der großen Publikumsverlage wie Random House, Rowohlt, Ullstein oder Droemer-Knaur veröffentlichen will, hat ohne Agent (noch) schlechte(re) Karten. Zwar wirft man in allen Verlagen zumindest einen Blick in jedes eingehende Projektangebot oder Manuskript. Die Zeit aber und das zur Verfügung stehende Know-how (unerfahrene Praktikanten im Vorlektorat) sind knapp bemessen. Zudem sind die Vorstellungen, was für eine Art Text man sucht, oft schon so detailliert, dass die Chancen für einen Autor, auf diese Weise einen Verlag zu finden, selbst mit einem sensationell guten Manuskript kaum größer sind als auf den Gewinn des Jackpots beim Lotto.
+ Ein Agent wird in den Verlagen als Filter begrüßt. Kein Wunder, er hat schon das Gröbste ausgesiebt. Der Verlag muss sich nur noch mit den Perlen beschäftigen.
+ Ein guter Agent sorgt dafür, dass Sie gegenüber dem Verlag immer professionell vertreten werden – und eher auf Augenhöhe.
+ Ein guter Agent findet nicht bloß irgendeinen Verlag, sondern einen, in den Ihr Manuskript gut hineinpasst.
+ Ein guter Agent handelt mehr Vorschuss oder bessere Konditionen heraus, als Sie es könnten (zum Beispiel die Platzierung im Programm als Spitzentitel). Bei den Verhandlungen geht es um mehr als Verhandlungsgeschick. Ein guter Agent weiß, an welcher Stelle sich noch etwas herausholen lässt – Ideen, auf die Sie gar nicht kämen.
+ Ein guter Agent betreut Sie auch bei weiteren Projekten und baut mit Ihnen im Idealfall Ihre Karriere als Autor auf und aus. Er sagt Ihnen, was sich vermutlich verkaufen lässt und von welchen Themen Sie besser Abstand nehmen. Ein guter Agent kann Ihr Vertrauter im Buchdschungel werden.
+ Ein Agent tritt im Prinzip in Vorkasse für Sie: Sie sparen sich die Druck- und Portokosten und vor allem die Zeit, die Sie mit Ihrem Brotjob oder Schreiben sinnvoller verbringen können.
± Agenten, so heißt es, könnten rücksichtsloser verhandeln als Autoren. Sie müssten ja nicht fürchten, dadurch die enge Zusammenarbeit am Projekt und das gute Klima zu gefährden. Andererseits wollen es sich Agenten auch nicht mit Verlagen verscherzen, schließlich leben sie von ihren Kontakten.
± Agenten holen nicht unbedingt mehr beim Verlag heraus als Sie.
± Agenten nehmen Ihnen viel Arbeit ab: Das Versenden von Manuskripten, das Nachhaken bei Verlagen. Zugleich nehmen Sie Ihnen aber auch Kontrolle aus der Hand. Wann welches Manuskript an welchen Verlag geschickt wird, bestimmt in der Regel die Agentur. Das kann auch bedeuten, dass eine Agentur langsamer ist, als Sie es wären. Schließlich muss die Agentur sich noch um eine Reihe weiterer Autoren kümmern. Auch bekommen Sie nicht immer mit, wo Ihr Manuskript gerade steckt. Regelmäßiges Reporting der Agenturen wird gerne behauptet, aber selten geliefert.
– Agenten suchen Verlage, die Vorschüsse zahlen. Dabei fallen womöglich Verlage unter den Tisch, bei denen Sie und Ihr Buch sehr gut aufgehoben wären.
– Gerade mittlere und kleinere Verlage schreckt es eher ab, wenn Sie einen Agenten vorschicken. Womöglich wären Sie da besser beraten, wenn Sie direkt mit dem Verlagsleiter sprächen.
– Leider sind nicht alle Agenten gute oder gar idealtypische Agenten. Die meisten Agenturen haben heute mehr Autoren, als sie betreuen können. Nicht alle ziehen rechtzeitig die Notbremse und stellen die Aufnahme weiterer Autoren ein. Wenn Sie auf Agenturwebsites sehen, dass eine Agentur mit zwei Agenten hundert Autoren betreut, sollten Sie sich darauf einstellen, dass man wenig Zeit für Sie und Ihre Karriere haben wird. Selbst wenn die Agenten Ihnen etwas anderes versichern.
– Agenten sind Menschen. Sie sind mal krank, machen Urlaub, erleben Katastrophen – leider sorgt all das dafür, dass die Betreuung leidet. Vielleicht wird Ihr Manuskript dadurch erst Monate später an Verlage geschickt. Vielleicht meldet man sich Monate lang nicht bei Ihnen. Womöglich tritt Ihre Karriere Wochen, Monate oder sogar ein Jahr auf der Stelle. Nicht immer merken Sie das rechtzeitig. Selbstbild der Agentur und Realität weichen schon mal voneinander ab, ohne dass das beabsichtigt oder gar böse gemeint wäre.
– Die schlechteren Agenten sind vor allem Verkäufer. Heißt: Sie lügen gelegentlich. Es ist nicht einfach zu entscheiden, ob man einem solchen Agenten vertrauen kann. Und wie weit. Vor allem dann nicht, wenn man nur alle paar Monate mal telefoniert und ein, zwei Mal im Monat eine knappe Mail erhält.
– In typischen Agenturverträgen wird es Ihnen untersagt, selbst Verhandlungen mit Verlagen oder anderen zu führen, die an Ihren Werksrechten interessiert sind – ein Verlust von Freiheit.
Selfpublisher
+ Als Selbstverleger vergeuden Sie keine Zeit, Mühen, Ärger mit der Agentursuche oder der (für Sie) falschen Agentur.
+ Für Hybrid-Autoren kann eine Agentur ebenso hilfreich wie für reine Verlagsautoren sein. Mehr noch: Ein guter Agent mag für das selbstpublizierte Projekt einen Verlag finden.
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