KLÜGER PUBLIZIEREN für Verlagsautoren und Selfpublisher. Stephan Waldscheidt
leichter einen Agenten als ein noch unpublizierter Autor. Der Wechsel ins traditionelle Publishing wird für Sie mit einem Agenten einfacher.
– Mit der Agentur fehlt Ihnen ein guter und erfahrener Partner und Branchenkenner, der Sie bei einzelnen Projekten berät und Ihnen beim längerfristigen Aufbau einer Karriere hilft.
Diese Fragen sollten Sie sich ehrlich beantworten:
Wollen Sie unbedingt in einem großen Publikumsverlag veröffentlichen und überall im Buchhandel präsent sein? Oder reicht es Ihnen, dass Ihr Buch überhaupt einen Verlag findet?
Haben Sie die Ressourcen an Zeit und Geld, die das Erstellen der Unterlagen für die Suche nach einem Verlag sowie das Drucken und Versenden von Manuskripten Sie kosten? Sind Sie bereit, dafür Zeit zu opfern, die Ihnen dann fürs Schreiben oder Ihren Brotjob nicht mehr zur Verfügung steht?
Wie gut kommen Sie mit Absagen zurecht? Wie geduldig können Sie warten? Ertragen Sie zwanzig Wochen Warten und zwanzig Absagen? Oder mehr? Viel mehr?
Sind Sie ein guter Verhandler? Kennen Sie sich gut genug auf dem Buchmarkt und in Verlagen aus, um in Vertragsverhandlungen mit dem Verlag tatsächlich das Beste für Sie und Ihr Werk herauszuholen? Wissen Sie, was das Beste für Sie und Ihr Werk ist? Wissen Sie, wohin Sie mit Ihrer Karriere als Schriftsteller wollen?
Können Sie Kontrolle abgeben? Sind Sie imstande, auch die Konsequenzen davon zu tragen, wie beispielsweise Fehler, die andere zu verantworten haben, die aber Ihnen schaden?
Wollen Sie sich so viel wie möglich aufs Schreiben konzentrieren? Oder macht es Ihnen nichts aus, selbst die passenden Verlage zu suchen, Manuskripte auszudrucken, einzusenden, nachzuhaken?
Möchten Sie lieber direkt mit einem Verlag in Kontakt stehen, auch wenn es um Gelddinge geht? Oder bevorzugen Sie einen Puffer zur Business-Seite des Verlags?
Entscheidungshilfe: Verlag oder Selfpublishing?
Wie wichtig ist mir das Thema »Literaturagenten«?
(1 = weniger wichtig; 2 = wichtig; 3 = sehr wichtig.)
Welcher Publikationsweg passt beim Thema »Literaturagenten« besser zu mir?
(Vergeben Sie an Verlag oder Selfpublishing je nach Wichtigkeit 1, 2 oder 3 Punkte.)
Ihre Entscheidung:
Verlag: ___ Punkte; Summe: ___ Gesamtpunkte
Selfpublishing: ___ Punkte; Summe: ___ Gesamtpunkte
Die Suche nach einem Verlag oder Selfpublishing-Dienstleister für Distribution und Verkauf
»Ein Verlag ist keine Schreibschule und kein Feedbackgenerator. Es wäre schön, wenn sich das unter Schreibneulingen noch mehr herumsprechen würde.« (Sandra Uschtrin, Verlegerin)
Im Folgenden betrachte ich ausschließlich Publikumsverlage, da nur diese für die große Mehrheit von Ihnen interessant sein dürften. Der Sprachgebrauch ist hier nicht einheitlich. Im engeren Sinn ist jeder Verlag ein Publikumsverlag, der sich an Leser wendet, die unterhalten werden wollen, kulturelle oder intellektuelle Interessen verfolgen. Im weiteren Sinn wird mit Publikumsverlag einfach ein großer Verlag gemeint, der mit Belletristik, Sachbüchern und Ratgebern auf ein Massenpublikum abzielt wie Heyne, Ullstein oder Bastei-Lübbe.
Neben den kleinen, mittleren und großen Publikumsverlagen gibt es Special-Interest-Verlage, Fachinformationsverlage und Ausbildungs- und Wissenschaftsverlage. Näheres zur Abgrenzung und mehr Informationen zu den hier nicht näher untersuchten Verlagsformen finden Sie in »Traumziel Buch – und wie Sie es erreichen« von W. E. Heinold et al.
In der Praxis: Verlagsautor Volker hat seinen Verlag auf dem klassischen Weg gefunden. Er hat einen Roman geschrieben. Das Exposé hat er bereits vorher verfasst und die Änderungen nach der Überarbeitung an das fertige Manuskript angepasst. Er hat sich im Buchhandel, bei befreundeten Autoren und auf den Websites der Verlage informiert, hat sogar eine Buchmesse besucht und Verlagsprospekte gewälzt. Er kennt die Programme und entscheidet sich gezielt für zehn Verlage, in denen er sich sein Buch vorstellen kann.
Er beginnt mit den Einsendungen bei dem Verlag, bei dem er sein Buch am liebsten sähe, und arbeitet sich in der Wichtigkeit für ihn weiter nach unten. Welche Unterlagen der Verlag sehen möchte und ob er sie per Post oder per Mail erhalten will, liest Volker auf der Verlagswebsite nach. Daraufhin verfasst er ein Exposé. Es besteht aus einer dreiseitigen Inhaltsangabe einschließlich Schluss des Romans sowie weiteren Informationen über die Story, über sich selbst und über seine bisherigen Veröffentlichungen. Das alles packt er in einen Umschlag, legt eine wie verlangt 30-seitige Textprobe vom Anfang des Romans bei und schickt beides mit einem freundlichen, selbstbewussten und die Neugier anstachelnden Anschreiben an die genannte Adresse.
Diesen Vorgang wiederholt Volker neun Mal. Manchmal muss er dazu den Umfang des Exposés oder den der Leseprobe ändern, was leider ziemlich viel Arbeit macht. Er tut es trotzdem. Am meisten wurmt ihn, dass er in dieser Zeit nicht zum Schreiben kommt.
Danach wartet er. Aber er wartet nicht untätig, sondern überarbeitet das Manuskript nochmals, damit es blitzeblank ist, falls ein Verlag es komplett lesen will.
Nach vier Wochen haben zwei Verlage abgesagt.
Nach fünf Wochen will ein Verlag das komplette Manuskript sehen.
Nach sechs Wochen haben zwei weitere Verlage abgesagt, ein weiterer will das Manuskript lesen.
Nach acht Wochen hat noch ein Verlag abgesagt. Von den zwei Interessenten bieten beide Volker einen Verlagsvertrag an. Er prüft die Verträge zusammen mit einem Anwalt vom Verband deutscher Schriftsteller (für Mitglieder des VS kostenlos) und entscheidet sich für einen Verlag. Zwar zahlt dieser einen etwas geringeren Vorschuss als der andere, dafür sieht seine Honorarstaffel deutlich besser aus. Für Volker das wichtigere Argument.
Volker hat alles richtig gemacht. Er hat einen überzeugenden Roman geschrieben und einen ebenso überzeugenden Auftritt mit Anschreiben, Exposé und Textprobe hingelegt. Vor allem hatte er Glück. Er hat einen Verlag für seinen Roman gefunden. Ganz ohne Agenten.
Obwohl Volker es geschafft hat: Die Verlagssuche war mühsam, sie war nervenaufreibend und sie hat ihn viel Zeit gekostet, die er lieber mit Schreiben verbracht hätte. Er hofft, dass es beim nächsten Mal einfacher sein wird. Aber er weiß, das hängt davon ab, wie die Zusammenarbeit mit dem Verlag funktioniert und vor allem, wie gut sich das Buch verkauft. Dann bekommt er womöglich auch für seinen nächsten Roman einen Vertrag vom selben Verlag angeboten.
In der Praxis: Sebastian hat alles genauso gemacht wie Volker. Nur hat er nach vier Wochen schon drei Absagen, nach sechs Wochen fünf und nach zehn Wochen gibt er die Hoffnung auf, von den übrigen Verlagen noch etwas Positives zu hören. Die zehn Wochen haben sich endlos hingezogen. Die Absagen? Alles Standardschreiben, die Sebastian kein bisschen weiterhelfen. Liegt es am Thema? An seiner Schreibe? Die ganze Arbeit fühlt sich an, als hätte sie keinerlei Sinn ergeben. Sebastian ist so schlau wie vor dem Verlagsmarathon. Dafür aber wesentlich frustrierter.
Er versucht es noch einmal. Dieses Mal schreibt er gleich dreißig Verlage an. Keiner davon ist sein Wunschverlag, aber man muss nehmen, was man kriegt. Weitere zehn Wochen und siebzehn Absagen später beschließt der desillusionierte Autor, die Verlagssuche aufzugeben.
Und jetzt?
In der Praxis: Eine Freundin von Sebastian, Trudi, hat es bei einem Verlag versucht, dessen Firmenname Seriosität ausstrahlt, weil der Name Goethe darin auftaucht. Was man ihr leicht macht, denn die Anzeigen für solche Verlage, die einem Autor das Verlegtwerden versprechen, finden sich überall, auch in ansonsten seriösen Zeitungen und