Sky-Troopers. Michael Schenk
zu ihnen gegangen, weil er sich in die Luft erheben wollte. Das war ihm gelungen und nun schien es so, als müsste er den Preis dafür bezahlen. Die Aussicht, dass eine Schwinge dazu genutzt werden könnte Leben zu nehmen, gefiel ihm überhaupt nicht, aber es blieb ihm keine andere Wahl. Er war ein Schwingenflieger und somit ein Gepanzerter, von dem man im Bedarfsfall das Kämpfen erwartete.
Der Doppelschärpenträger hatte das Anlegen von Karsts Ohren bemerkt, verstand aber die Bedeutung falsch. „Sei unbesorgt, Schärpenträger Karst, es wurde äußerste Sorgfalt auf den Umbau deiner Schwinge verwendet. Du bist der beste Schwingenflieger von allen und so wird dieser Tag ein Ehrentag der Gepanzerten. Wahrhaftig, ich glaube gar, die Magier werden von diesem Tag ein Bildereignis werfen. Doch nun sieh dir deine Schwinge an.“
Der Doppelschärpenträger klatschte in die Pfoten, und Rinz und die anderen Mechaniker schoben den Wagen, auf dem die Schwinge ruhte, aus der Halle ins Sonnenlicht.
Karst bemerkte sofort die Veränderungen und diese gefielen ihm noch weit weniger als der Zweck, dem sie dienten. An der rechten Seite der Schwinge, direkt neben dem Pilotensitz, war ein langes Rohr angebracht, auf dem eine Trommel steckte. Ein klobiger Griff ragte seitlich hervor. Darunter war ein zusätzlicher Gasbehälter angebracht. Er konnte sich den Grund hierfür denken und das trug keineswegs zu seiner Beruhigung bei.
Der Doppelschärpenträger legte die Stirn in Falten, denn Karsts Missbilligung war nahezu körperlich spürbar. „Es mag nicht besonders elegant aussehen, Flieger Karst, aber es wird seinen Zweck erfüllen. Die Wissenden haben alles sorgfältig überdacht und Rinz 124 hat die Arbeiten auf das Beste ausgeführt.“ Der hohe Offizier blickte den Mechaniker auffordernd an. „So ist es doch, nicht wahr, Rinz?“
„Alles bestens“, versicherte der Mechaniker hastig und gab Karst ein verborgenes Zeichen, dass sich seine Begeisterung ebenfalls in überschaubaren Grenzen hielt.
„Na also“, brummte der Befehlshaber und deutete auf die modifizierte Schwinge. „Es wird wohl angebracht sein, dass der gute Karst sie nun ausprobiert.“
Da die Auftriebsbehälter des Fluggerätes zunächst noch mit Gas befüllt werden mussten und es sich dabei um einen nicht ungefährlichen Vorgang handelte, ergab sich somit die Gelegenheit für Karst, ungestört mit seinem Mechaniker zu sprechen.
Etliche Schritte von den Zuschauenden entfernt, begannen zwei Arbeiter mit der Befüllung. Metallspäne wurden in den Säurebehälter gegeben, in dem es sofort bedrohlich zu brodeln begann. Ein Aufsatz mit Rohren und Schläuchen wurde auf den Behälter gesetzt und der Kontrollpfropfen auf den Befüllstutzen gesteckt. Nur wenig später war der Druck hoch genug und der Pfropfen flog heraus. Vorsichtig verbanden die Arbeiter den Tankschlauch mit den Anschlüssen der Auftriebsbehälter. Es würde eine Weile dauern, bis genug Gas eingefüllt war, um der Schwinge den erforderlichen Auftrieb zu geben. Noch ruhte sie durch Leinen gesichert auf dem Wagen.
Karst nahm die Überprüfung seiner Schwinge vor, so wie es jeder vernünftige Flieger tat, bevor er sich in die Lüfte erhob. Natürlich wurde er dabei von Rinz begleitet.
„Wir haben alle Nähte und jede Pfotenspanne des Leders überprüft“, berichtete der Mechaniker. „Die Verspannungen sind nachgestrafft. Da ist nichts locker, Karst. Alle beweglichen Teile sind sorgsam gefettet worden und ich habe darauf geachtet, dass sich die Luftschraube ganz leicht dreht.“
„Ich weiß, dass ich mich auf dich und die anderen verlassen kann.“ Karst legte dem Freund die Pfote an den Arm. „Aber mich beunruhigen diese Anbauten. Das Ding sieht aus wie eine größere Ausgabe der Sprengpulverrohre unserer Krieger.“
„Das ist es auch.“ Rinz sah kurz zu den Zuschauern und langte dann in eine Tasche seiner Weste. Er holte einen blitzenden Metallgegenstand hervor, der die Dicke einer Daumenklaue aufwies und ein wenig länger war. „Das hier ist eine der Sprengpulverpatronen – ist ein Stück größer als die, die man in den Schießrohren der Gepanzerten verwendet.“ Rinz drehte die Patrone in den Klauen. – „Größer und auch schwerer.“
Karst stieß ein leises Schnauben aus. „Deswegen der zusätzliche Auftriebsbehälter an der Seite, damit die Schwinge keine Schlagseite bekommt.“
„Die Wissenden sagen, sie hätten alles sorgsam berechnet.“
„Ich sehe an deinen Augen, dass du es bezweifelst.“
„Oh, ich bezweifle nicht, dass sie das Gewicht des Schießrohres und der Patronen exakt berechnet haben und der zusätzliche Auftriebsbehälter die Schwinge im Gleichgewicht halten wird.“
„Aber?“ Karsts Augen verengten sich. „Ah, ich verstehe. Wenn ich die Patronen verschieße, dann wird das Gewicht auf der Rohrseite geringer werden, der Auftrieb des Zusatzbehälters bleibt aber gleich. Somit bekomme ich trotzdem Schlagseite.“
„Auch das wurde bedacht. Es gibt da ein Ventil an dem Behälter, das du leicht erreichen kannst, wenn es erforderlich ist.“
„Na, dann scheint doch alles in Ordnung“, meinte Karst ironisch.
Rinz leckte sich über die Schnauze. „Na ja, mit der Gewichtsverteilung und dem Auftrieb schon, aber wir mussten die Steuerung verändern.“
Karsts Pfote strich währenddessen über die Bespannung der Schwinge und seine Blicke prüften jede einzelne Strebe. Nun musterte er seinen Sitz und die Steuerung. „Ja, ich sehe es. Die Hebel der Schwingensteuerung sind verschwunden und stattdessen gibt es einen anderen, der sich beim Treten der Pedalen zwischen meinen Beinen befinden wird.“
„Wir haben die getrennten Hebel der Schwingen in diesem Steuerholz vereinigt“, berichtete Rinz. „Es ging nicht anders, da du doch eine Hand benötigst, um das Schießrohr zu bedienen.“
Karst seufzte. „Wird es funktionieren?“
„Das müsste es. Wir hatten ja noch keine Gelegenheit, es zu erproben.“
„Das ist ausgesprochen ermutigend“, brummte Karst.
„Es ist so weit.“ Rinz spürte, wie sich die Schwinge anhob und an den Leinen zog, die sie am Wagen festhielten. „Du solltest einsteigen, sie kann bald fliegen.“
Karst winkte den Beobachtern zu und sah, wie der Doppelschärpenträger militärisch grüßte. Dann ließ er sich von Rinz und den Arbeitern in die Schwinge helfen. Es erforderte Vorsicht und Geschicklichkeit, denn die Konstruktion war trotz allem zerbrechlich und zudem beengt. Doch schließlich saß Karst richtig. Er legte die Füße an die Pedalhölzer des Schraubenantriebs und bewegte das neue Steuerholz, um die Reaktion der seitlichen Schwingen zu prüfen. Alles schien reibungslos zu arbeiten. Das Gewicht zu verlagern, um die Bewegungen des Fluggerätes zu testen, hatte noch keinen Sinn, da die Leinen hierfür zu straff gespannt waren.
Rinz räusperte sich besorgt. „Wenn du das Schießrohr ausprobierst, solltest du vorsichtig sein. Ich traue diesen Dingern nicht. Das Sprengpulver ist recht stark und manches Rohr ist schon beim Schuss geplatzt.“
„Sei unbesorgt, mein Freund. Außerdem werde ich beim Schießen sehr niedrig fliegen.“ Der Schwingenflieger verzog die Schnauze zu einem Lächeln. „Dann falle ich nicht so tief, wenn etwas schief geht.“
„Klaren Himmel und mögen die Wolken dir gewogen sein“, wünschte Rinz und trat dann zur Seite. Die Arbeiter waren inzwischen mit den Befüllwagen verschwunden und die Schwinge zog immer stärker an den straff gespannten Halteleinen.
Karst nickte und Rinz zog den Hebel, der die Haken löste. Die Leinen rutschten aus den Halteösen an der Schwinge und gaben diese frei. Mit einem sanften Ruck gewann der Auftrieb nun die Oberhand und trug das Gerät überraschend schnell nach oben.
Er flog!
Karst 4 Hondabar fühlte den einsetzenden Rausch, als die Schwinge freikam und nach oben stieg. Das Flugfeld fiel unter ihm zurück, während er überprüfte, ob sich das Fluggerät im Gleichgewicht befand. Die seitliche Ausrichtung war in Ordnung. Die Wissenden hatten tatsächlich alles gut berechnet, aber die Schwinge war ein wenig vorderlastig. Routiniert griff er nach dem Seilzug, der den Gewichtkasten im Heck ein Stück nach hinten