Sky-Troopers. Michael Schenk
Doppelschärpenträger nahm nun keine Rücksicht mehr. „Was ist geschehen, Karst?“, bellte er. „War es ein Fehlschlag? Rede schon, verdammt!“
„Alles funktioniert“, ächzte der Angesprochene. „Es müssen noch ein paar Dinge an der Konstruktion nachgebessert werden, aber alles funktioniert.“
Der hohe Offizier schlug erleichtert die Pfoten zusammen. „Ausgezeichnet, Karst, ganz ausgezeichnet. Ich werde sofort einen Boten in die Hauptstadt entsenden, und die Wissenden und Mechaniker sollen sich augenblicklich an die Arbeit machen. Sag ihnen, was zu tun ist, Karst. In drei Tagen will ich die Schwingen in der Luft sehen – allesamt und alle mit den Schießrohren. Ah, kein Zweifel, die dritte Schärpe ist mir gewiss. Der große Haldar – mögen die Wolken ihm gewogen sein – herrscht nun auch über den Himmel.“
Karst 4 Hondabar sah auf die Trümmer seiner Schwinge und hatte da so seine ganz persönlichen Zweifel.
Kapitel 10
Büro des Hoch-Admirals, Direktoratsschiff „D.C.S. Trafalgar“, innerhalb der äußeren Planetenbahnen von Roald-37-S, zehn Tage bis zum Ziel
„Das ist kein Irrtum? Das ist wirklich authentisch?“
Hoch-General Omar ibn Fahed sah seinen Freund seufzend an. „Ich vermute, deine Frage ist rein theoretisch gemeint, oder?“
„Verdammt!“ John Redfeathers flache Hand klatschte vernehmlich auf den Schreibtisch. „Ich weiß selbst, dass die neue Karte echt ist. Hast du eine Ahnung, was das für uns bedeutet?“
„Wäre ich sonst zu dir gekommen?“
Der Hoch-Admiral atmete einige Male tief durch. „Entschuldige, Omar. Ich weiß, du bist nur der Bote und nicht der Verursacher dieser Katastrophe.“ Er tippte sich hinter das Ohr, aktivierte dadurch die Steuerung und sah auf die riesige Panoramascheibe seines Büros. „Projektion Karte Zwei über Karte Eins, Halbtransparenz.“
Das Realbild des Weltraums verschwand und wich der bisher gültigen Karte des Planeten Roald-37-S. Augenblicke später wurde die Aufnahme der Vasco da Gama darübergelegt. Die Unterschiede waren selbst für einen Laien nicht zu übersehen und die beiden hohen Offiziere waren fraglos absolute Fachleute, was die geplante Invasion betraf.
„Wir haben wesentlich mehr und im Durchschnitt auch wesentlich größere Siedlungen als wir bislang annahmen. Nach den Schätzungen unserer Wissenschaftler müssen wir davon ausgehen, dass wir es nicht mit zwölf Millionen Eingeborenen zu tun haben, sondern mit der dreifachen Anzahl – der dreifachen, Omar! Verflucht, das ist definitiv eine Katastrophe.“
Omar ibn Fahed kratzte sich im Nacken. „Das dünnt unsere Truppen mächtig aus und sie werden viel mehr Ziele angreifen müssen. Aber damit werden meine Sky-Trooper fertig. Was mir Sorgen macht, sind die Kapazitäten der Fleischbüchsen. Dafür sind sie nicht ausgelegt.“
„Ich mag es nicht, wenn man die Kryo-Schiffe so nennt“, knurrte Redfeather.
„Tut mir leid. Ist mir so rausgerutscht, aber so werden die Dinger nun einmal genannt.“ Der Kommandant der Landungstruppen biss sich auf die Unterlippe. „Na schön, das wirft unsere bisherigen Pläne ein wenig über den Haufen, aber wir haben genug Zeit, um neue zu erstellen.“
„Deine Truppe muss mit mehr Widerstand rechnen. Dieser Professor Waldbauer meint, die technische Stufe der Eingeborenen sei deutlich höher. Wenn der erste Schlag also nicht sitzt, Omar, dann kann es sein, dass deine Jungs und Mädels Probleme bekommen.“
„Sie sind darauf trainiert mit Problemen fertig zu werden.“
„Nimm das nicht auf die leichte Schulter.“
„Du weißt, dass ich das nicht tue, John. Auch wenn wir es mit mehr Eingeborenen und einer höheren Technikstufe zu tun bekommen, so sind wir ihnen immer noch haushoch überlegen. Wenn wir die Einsatzpläne entsprechend anpassen, wird der Schlag gelingen.“ Ibn Fahed lächelte schwach. „Ein größeres Problem sehe ich darin, die Fleisch … die Kryo-Schiffe auf die neue Situation umzustellen.“
John Redfeather nickte. „Realbild!“, befahl er der Steuerung und zuckte zusammen, als nur wenige Meter entfernt Düsenfeuer aufflammte.
„Ein FLV der D.C.S. Clavijo“, identifizierte ibn Fahed das Raumfahrzeug. „Einige FLV sind im Augenblick als Shuttles zwischen unseren Schiffen eingesetzt. Morgen bringen sie die ganzen Führungsoffiziere zur Trafalgar.“
„Was meinst du wohl, wer die eingeladen hat?“ John Redfeather schüttelte den Kopf. „Ich muss mich erneut bei dir entschuldigen. Ich bin einfach zu gereizt – die Verantwortung, du verstehst?“
„Blödsinn. Du hast dich noch nie vor einer Verantwortung gedrückt. Dich belastet etwas ganz anderes und ich vermute, es ist dasselbe, was auch mich beschäftigt.“ Der Hoch-General lächelte halbherzig. „Du fragst dich, wie es zu den falschen Daten kommen konnte, nicht wahr?“
„Sie sind derart gravierend falsch, dass man ein Versehen eigentlich ausschließen kann.“
„Eigentlich“, wiederholte ibn Fahed. „Aber du weißt auch, welche Probleme wir beim überlichtschnellen Krachfunk haben.
Das war ein Argument, das der Hoch-Admiral nicht von der Hand weisen konnte.
Die Entwicklungen des überlichtschnellen Antriebes und des Krachfunks waren nahezu gleichzeitig erfolgt, basierten sogar auf ähnlichen Prinzipien und doch unterschieden sie sich deutlich.
Inzwischen konnte ein Raumschiff mit einem Vielfachen der Lichtgeschwindigkeit fliegen, doch ihm waren dabei Grenzen gesetzt. Der Flug zwischen den Sonnensystemen dauerte noch immer Wochen, Monate oder sogar Jahre. Für Besatzungen war das, schon aus psychologischer Sicht, eine enorme Belastung und so hatte man die Kryo-Schlafkammern entwickelt.
Der Krachfunk arbeitete hingegen in Nullzeit. Den Grund für dieses Phänomen hatte die Wissenschaft noch nicht entschlüsselt und man forschte fieberhaft daran, da man hoffte, dieses Prinzip irgendwann auch für Raumschiffantriebe nutzen zu können. Eine Nachricht ohne Zeitverlust zu übermitteln brachte immense Erleichterungen für die Raumfahrt. Allerdings war eine Übertragung von Worten oder Bildern nicht direkt möglich. Beim Krachfunk konnte man nur kurze oder lange Impulse senden und nutzte dabei ein Prinzip, das dem uralten Morsealphabet ähnelte. Daher rührte auch die Bezeichnung des Krachfunks. Man zerlegte eine Nachricht in die Impulse „kurz“ oder „lang“, ähnlich dem binären System, mit dem jeder Computer und jede Tetratronik funktionierte. Auf diese Weise gelang es, Wort oder Bild in Impulse zu zerhacken und am Empfänger wieder zusammenzusetzen. Aufgrund der Impulsdichte kam es jedoch immer wieder zu Verfälschungen.
Hoch-Admiral John Redfeather legte die Arme auf den Rücken und verschränkte die Hände ineinander. Mit langsamen Schritten begann er, in seinem Büro auf und ab zu gehen. „Verfälschte Impulse könnten die Pixel einer Karte beeinflussen“, sinnierte er. „Ich will zugeben, dass sich einzelne Fehler einschleichen können, aber nicht in dieser Masse, Omar. Zudem wurden die falschen Daten wiederholt übertragen.“
„Es ist eine enorme Datenmenge. Ich bezweifle, dass die Leute vom Beobachterteam der Magellan die Daten immer neu eingegeben haben. Sie haben sie wohl eher auf einen Datenkern übertragen und diesen dann immer wieder benutzt. Wenn ihnen dabei ein Fehler unterlaufen ist, wurde immer wieder derselbe Fehler an das Direktorat übertragen.“
„Die Mission auf Roald besteht aus Forschern und Militärs. Die sind gründlich und wissen, was von ihren Angaben abhängt. Die überprüfen jede Information mehrfach, bevor sie diese aussenden.“ Redfeather verharrte und sah seinen Freund düster an. „Zudem befinden wir uns nun innerhalb des Planetensystems von Roald und benutzen den Normalfunk. Damit haben wir eine perfekte Übertragung von Wort und Bild, alter Freund. Sicher, derzeit noch mit einer Zeitverzögerung von gut dreißig Minuten, aber das ändert nichts an den Tatsachen.“
„Das Beobachterteam hat unsere Ankunft ja auch registriert