Aphorismen, Gedanken und Sinnsprüche. Hans-Georg Lanzendorfer

Aphorismen, Gedanken und Sinnsprüche - Hans-Georg Lanzendorfer


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Erst dadurch wird er fähig, das Erlebte, die Schwierigkeit oder die Problemlage zu verarbeiten und effektiv zu lösen, ohne sich durch eine schwierige und schmerzhafte Situation zu affektiven Handlungen verleiten zu lassen, wodurch er mehr Schaden anzurichten als Nutzen zu bringen vermag.

      Grundsätzlich lehren das Leben und die Summe aller Erkenntnisse, dass auf Niederlagen oder Misserfolge auch Erfolge und Höhenflüge folgen. Das Leben bleibt gemäss den Gesetzen des Werdens und Vergehens stets Aufstieg und Niedergang, ein Kommen und Gehen, Freude und Trauer sowie Wohlbehagen und Betrübnis in stetiger logischer Folge. Der Mensch erlangt aus jeder Sekunde und aus jedem Augenblick seiner Vergangenheit und Gegenwart bewusst oder unbewusst irgendwelche Erkenntnisse und gewinnt Erfahrungen. Es zeugt von Klugheit und Verstandesdenken, das Vergangene in gebührender Weise ruhen zu lassen.

      Eine Form der falschen Vergangenheitsbewältigung liegt auch in der Unversöhnlichkeit verborgen. Dann nämlich, wenn einem Menschen längst vergessene und vergangene Geschehen, Fehler oder Entgleisungen immer wieder vorgehalten oder nachgetragen und selbst auf deren Nachkommen übertragen werden.

      Das Vergehen und die Endlichkeit sind für den Menschen nicht ausschliesslich von bedrohlicher oder zerstörerischer Natur. Die Sterblichkeit und Vergänglichkeit der Dinge verhilft dem Menschen auch über Drangsal, Probleme und Schwierigkeiten hinwegzukommen sowie Schmerzen und Qualen zu verarbeiten, um die gewonnenen Erkenntnisse letztendlich als evolutives Wissen, Erfahrungen und als Erleben zu speichern. Der Geschäftigkeit des Tages folgen als Endlichkeit der verarbeitende Schlaf und seine heilsamen Träume, deren Ende wiederum durch den neuen Tag besiegelt wird. Aus der Endlichkeit wird auch ein neuer Anfang geboren, denn so besagt ein altes Sprichwort: «Wo ein Ende ist, da ist auch ein neuer Anfang», und im weiteren: «Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.» Selbst die schöpferische Schöpfung kennt in ihrer Unendlichkeit und relativen Vollkommenheit einen für das menschliche Verständnis unfassbaren Anfang und ein Ende, dann nämlich, wenn sie sich nach Billionen von Erdenjahren wieder in ihren Schlummer legt, um erneut als höhere Schöpfungsform daraus zu erwachen.

      So verletzlich und feinfühlig die Psyche auf das Verlorene reagiert, so glücklich und behaglich reagiert sie auf die Aussicht in eine neue und vielversprechende Zukunft. Daher ist es für den Menschen bei jeglichen Verlusten und Rückschlägen äusserst wichtig, sich nicht übermässig mit der Vergangenheit zu grämen, sondern seine Ausrichtung und die Perspektiven auf die Gegenwart und auf die Zukunft auszurichten. Dadurch wird seine Psyche gefestigt, bekräftigt und mit der beruhigenden Zuversicht beseelt. Es ist jedoch kein einfacher und zudem ein sehr langer Weg, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Selbst Ängste, Besorgnis, Phobien und Bekümmernisse aller Art werden nicht alleine durch die Kenntnis der schöpferischen Natur und ihrer Gesetze in Ordnung gebracht, sondern sie bedürfen eines langen und arbeitsintensiven Verarbeitungs- und Auflösungsprozesses. Dennoch sind Trauer, Kummer, Not und Leiden nicht aus der menschlichen Entwicklung wegzudenken und auch von grosser Wichtigkeit. Sie werden jedoch dann zur Gefahr, wenn der Mensch durch seine Trauer, Gram und Unbill in einer psychischen und bewusstseinsmässigen Sackgasse endet, den Weg aus dieser hinaus nicht mehr zu finden vermag und sich seine emotionsgesteigerte Unfähigkeit in Fanatismus, Eifersucht, Missgunst und Egoismus steigert.

      Kapitel 2

       Die menschliche Würde

      Gedanken über den Selbstwert, die Menschenwürde und die Selbstachtung des Menschen

      In der Würde des ehrenwerten Menschen und in seiner würdevollen Lebensweise vereinen und offenbaren sich seine hehren Tugenden, der Edelsinn, die charakterlichen Vortrefflichkeiten und die Rechtschaffenheit. Spezifische Auslegungen und Definitionen findet die Menschenwürde in allen erdenklichen Bereichen, Situationen und Lebenslagen. Sie zeigt sich ebenso im alltäglichen Berufsleben wie in der Psychologie, der Theologie, der Pädagogik und Philosophie, in der Sozial-Wissenschaft, der Wirtschaft, im Finanzwesen, aber auch in jedem unscheinbaren Lebensaugenblick usw.

      In politischen Kreisen wird die Menschenwürde gerne als juristisches und ethisches Grundprinzip der Menschlichkeit im künstlich aufpolierten Glanz emporgehalten und verbrieft. Beispiele: BRD Grundgesetz Artikel 1 der Grundrechte: ‹Die Würde des Menschen ist unantastbar.› Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 1. Kapitel: Grundrechte Art. 7, Menschenwürde: ‹Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen.›

      Tatsächlich wird die Beachtung und der Schutz der Menschenwürde im Alltag schneller entwertet, missachtet und ‹entwürdigt›, als die glorifizierenden Reden über sie verhallen, die Tinte zu trocknen oder das Papier der staatlichen Verfassungsbücher zu vergilben vermag.

      Einmal mehr stellen sich aber auch dem Schreibenden die Fragen: «Wie definiert sich eigentlich die Würde? Worin liegt ihr evolutiver Wert? Hat sie überhaupt einen Sinn? Erfüllt sie einen bestimmten Zweck, und warum ist sie offensichtlich für den Menschen von so grosser Wichtigkeit?» Letztendlich regt sich auch die selbstkritische Frage nach der eigenen Würdigkeit, nach der notwendigen Qualifizierung und Fähigkeit, das Thema eloquent zu beschreiben. Ist die erforderliche Eignung überhaupt vorhanden? Existieren genügend eigene Erlebnisse, Erkenntnisse und Einsichten sowie eine grundlegende Lebenserfahrung, um den Menschen dieser Erde etwas Kurzes über die menschliche Würde zu berichten? Würdigt die Würde die Schreibenden mit Anerkennung, um ihr ehrwürdiges Wesen zu beschreiben, oder entwürdigen die Schreiberlinge sie durch Unwissenheit und eine irrende Beschreibung?

      Die wahrlich durch ein schöpferisch-natürliches Gesetz vorgegebene Menschenwürde hat bei den Menschen auf diesem Planeten einen sehr schweren Stand. In enthusiastischen Referaten und feurigen Ansprachen zur Menschlichkeit wird sie vielfach auf ein rhetorisches Zierwerk reduziert. So mancher Redner nutzt ihre Erwähnung lediglich zur Steigerung der eigenen Popularität. Erniedrigende Machenschaften, arglistige Intrigen oder das Sabotieren der gegnerischen Ehre und Würde werden vor allem in Zeiten politischer Wahlkämpfe minutiös als Waffen eingesetzt. Das Entwürdigende und Würdelose ist jedoch allgegenwärtig, denn Neid und Missgunst, Niedertracht und Eifersucht liegen vielen Menschen näher als die hohen Tugenden. Beispiele dafür sind problemlos und in grosser Zahl zu finden. Das Zweiklassensystem öffentlicher Verkehrsmittel widerspiegelt in gewisser Weise ebenso eine Entwürdigung des Menschen wie auch das skrupellose Hintergehen und Belügen der Zeitgenossen bei kleinen Betrügereien und grossen Gaunerstücken, wie aber auch in der Wirtschafts- und Bankenkriminalität.

      In höchstem Masse wird der einfachen Arbeiterschaft die Würde ihrer Bemühungen abgesprochen, und in Managerkreisen werden für kaum oder nur kurzzeitig erbrachte Leistungen oder Misswirtschaft Milliarden-Boni ausbezahlt. In zweifelhaften Produktewerbungen werden die Umworbenen allgegenwärtig und plakativ entwürdigt; die vermeintliche Afferei und Verführbarkeit der labilen Menschen wird instrumentalisiert und ausgenutzt. Das bürokratische Sozial- und Gesundheitswesen entwürdigt mit leistungsbewertenden und willfährigen Entscheidungen und Praktiken die menschliche Wertigkeit sowie das Leben und Sterben der Erkrankten. Durch eine unterschiedliche medizinische Behandlung erfahren vielfach auch die sogenannten allgemein krankenversicherten Menschen eine Entwürdigung gegenüber den zahlungskräftigen und bevorzugten Patienten.

      Missionierungseifrige Mitglieder kultreligiöser Glaubenswahn-Gemeinschaften und sonstiger Sekten entwürdigen ihre bereitwilligen Opfer mit einem blindwütigen Überzeugungsstreben. Die eigene Selbstentwürdigung durch blinde Wahngläubigkeit wird dabei gerne ausgeblendet. Profitgierige Hilfs-Organisationen mit den Auswüchsen ihrer Machenschaften und Einmischungen entwürdigen bedürftige Menschen selbst in Zeiten der Not mit überteuerten Nahrungsmitteln. Heerscharen von alten und hilflosen Menschen werden mitunter in zweifelhaften Heimen und in undurchsichtigen Institutionen für jede noch so kleine Hilfestellung finanziell ausgebeutet; ihre Wertigkeit wird am Aufwand ihrer Unselbständigkeit gemessen, was ebenfalls einer Entwürdigung gleichkommt.

      Tausende junger Frauen lassen sich durch Prostitution und den Missbrauch und die Entwürdigung ihrer entblössten Weiblichkeit mit teurem Geld bezahlen. Im Fluss der kulturell gepflegten Liederlichkeit der neuen Rechtschreibregel verliert auch die Wortgewaltigkeit der deutschen Sprache an Würde und Erhabenheit. Der Wortbrüchige entwürdigt sich


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