Leichenacker. Rudi Kost

Leichenacker - Rudi Kost


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haben Sie Ihre Maschinen bald runderneuert. Auf unsere Kosten«, sagte ich.

      »Was soll das heißen?«

      »Sie wären nicht der erste, der seine Versicherung über den Tisch zu ziehen versucht.«

      Ich bemerkte, wie sich seine Nackenmuskeln anspannten, und machte mich auf einen Wutausbruch gefasst.

      Ich würde ihn überstehen, nach Sonjas Kaffeebecherattacke konnte mich nichts mehr erschüttern. Aber er beherrschte sich.

      »Quatsch! Mir ist dadurch ein Auftrag durch die Lappen gegangen.«

      »Sie haben ja noch so ein Ding hier stehen.«

      »Ich hätte aber beide gebraucht.«

      »Kann man sich ja ausleihen, beim Maschinenring oder so.«

      »Kann man, wenn einer verfügbar ist. War aber nicht.«

      »Großer Auftrag?«

      »Kleiner. Man nimmt, was man kriegen kann. Ich bin auf jeden Auftrag angewiesen.«

      »Diese Ersatzteile hier sind garantiert mehr wert, als Ihnen Ihr kleiner Auftrag einbringt.«

      »Worauf wollen Sie hinaus?«

      »Ihr Maschinenpark besteht ja nicht gerade aus den allerneuesten Modellen.«

      »Die tun’s aber. Und neue kann ich mir nicht leisten.«

      »Eben. Da ist es doch nett, wenn die Versicherung die Verschleißteile bezahlt.«

      Er schaute mich an und schüttelte dann den Kopf. »Sie haben keine Ahnung von unserem Geschäft, was?«

      Ungefähr schon. Die Lohnunternehmen waren die motorisierten Ackergäule der Landwirte. Sie hatten ihre eigenen Maschinen, erledigten auf den Feldern, was eben so anfiel, und stellten ihre Arbeit in Rechnung. So einfach war das.

      Offenbar nicht für Baldauf.

      »Im schlimmsten Fall», sagte er, »habe ich heute nicht nur einen Auftrag, sondern gleich den ganzen Kunden verloren.«

      »Wieso das denn?«

      »Hier herrscht Krieg, sage ich Ihnen. Wir kämpfen ums Überleben. Was ist nun? Kann ich den Traktor in die Werkstatt bringen lassen?«

      »Muss wohl sein«, sagte ich schulterzuckend.

      Auf dem Rückweg schaute ich beim zuständigen Polizei­posten in Bühlertann vorbei und erwischte sogar den Beamten, der die Geschichte aufgenommen hatte. Aber richtig weiterhelfen konnte er mir auch nicht.

      »Es läuft eine Strafanzeige gegen unbekannt. Aber das wäre reiner Zufall, wenn wir den erwischen würden.«

      »Kommt so etwas häufiger vor?«

      »Bei Baldauf war’s jetzt das dritte Mal. Ansonsten ist mir nichts bekannt. Wenigstens nicht in unserem Zustän­dig­keits­bereich.«

      Ich würde mal Keller fragen, vielleicht gab es anderswo im Kreis ähnliche Vorfälle.

      ***

      Vor meinem Haus stand Berger, Kommissar Kellers dicker Assistent, und kicherte.

      »Schön, Sie so gut gelaunt zu sehen«, sagte ich.

      »Das ist doch ein guter Witz.«

      »Welcher Witz?«

      »Privatdetektiv!« Er schüttelte sich vor Lachen.

      »Das ist kein Witz.«

      »Im Ernst?«

      »Das haben Sie mir doch geraten.«

      »Ich?« Er war wirklich erstaunt.

      »Beim letzten Fall, den ich für euch gelöst habe. Erinnern Sie sich nicht mehr? Beim Siedersfest? Ich sollte Privat­detektiv werden, haben Sie gesagt.«

      »Ich?«

      »Sie.«

      »Seit wann nehmen Sie ernst, was ich sage?«

      »Immer.«

      ***

      Wenn man vor einem neuen Lebensabschnitt steht, macht man sich so seine Gedanken. Was hast du erreicht in deiner kümmerlichen Existenz? Sind ein Porsche und ein paar teure Klamotten wirklich der Dank für die Mühsal, die sich Leben nennt? Wo willst du hin? Bis Bühlerzell oder darüber hinaus in die Welt, in den fremden Süden, wo das Abenteuer lockt? Ist der Zölibat wirklich eine kluge Entscheidung?

      Eines war mir klar: Es musste alles anders werden. Vielleicht sollte ich für den Anfang etwas für meine Bildung tun. Ich fasste drei folgenschwere Entschlüsse: Ich würde einen Wein trinken, den ich nicht kannte. Ich würde eine Musik hören, die ich nicht kannte. Ich würde ein belehrendes Buch lesen, das ich nicht kannte.

      Es hat durchaus seine Vorteile, wenn man mal wieder Single ist. Sonst kommt man ja zu nichts.

      Also saß ich an diesem Abend da, schlürfte einen Silvaner von Helmut Dolde aus Linsenhofen am Fuß der Schwäbischen Alb und war so in mein Buch vertieft, dass ich überhaupt nicht mitbekam, wie im Hintergrund ein gewisser Herr Purcell einen gewissen King Arthur zu sängerischen Höchstleistungen trieb. So faszinierend war es, wie der Zwerg dem Ork den Schädel spaltete.

      Es klingelte.

      Nicht jetzt, bitte! Denn der Zwerg wurde hinterrücks von einem anderen Ork angefallen.

      Es klingelte erneut. Länger. Lauter. Da wollte tatsächlich jemand was von mir. Ich musste den Zwerg in seiner Not alleine lassen.

      Als ich die Tür öffnete, war ich von den Socken. Es war Bea.

      »Du?«, stammelte ich geistreich.

      »Überrascht?«, konterte sie und grinste mich an.

      »Kann man wohl sagen.«

      »Darf ich trotzdem reinkommen?«

      Ich ließ sie herein. »Was machst du hier?«

      »Ich brauche eine Auszeit. Von allem. Vor allem von meinen Eltern.«

      »Und weshalb kommst du zu mir?«

      »Du hast keine Kinder. Vielleicht verstehst du mich.«

      »Und was ist mit der Schule? Hast du nicht bald Abitur?«

      »Egal.«

      Mir lag eine pädagogisch wertvolle Bemerkung auf der Zunge, aber ich konnte mich gerade noch bremsen. Das war wohl nicht das, was sie jetzt hören wollte, das hätte zu sehr nach Eltern geklungen.

      »Und überhaupt, die Schule! Du rackerst dich ab fürs Abi, du rackerst dich ab für die Uni, und hinterher? Generation Praktikum. Ein Job? Kein Problem, du brauchst nur ein paar Jahre Berufserfahrung. Als Anfänger, versteht sich. Ziemlicher Scheiß, dieses Leben.«

      »Sinnkrise?«, fragte ich mitfühlend.

      Bea knallte mir ihren Rucksack vor die Füße. »Ich muss mich neu sortieren.«

      Meine Schwester, die um einiges älter war als ich, hatte es vor langen Jahren nach Hamburg in die Arme eines argen Langeweilers verschlagen. Wir hatten nicht viel Kontakt miteinander, aber zum Fünfzigsten ihres Göttergatten hatte ich mich doch zur langen Reise in den platten Norden aufgerafft.

      Es hatte sich herausgestellt, dass wir immer noch wenig miteinander anfangen konnten und dass ihr Gemahl noch nerviger geworden war. Allerdings registrierte ich erfreut, dass meine Nichte Beatrice mittlerweile zu einer aparten jungen Frau herangereift war, mit der ich mich erstaunlicherweise blendend verstand, sehr zum Missfallen ihres Vater.

      Sie schaute sich prüfend in meiner Wohnung um. »Schön hast du’s hier. Aber die Musik ist grässlich.«

      »Henry Purcell, England, siebzehntes Jahrhundert.«

      »Macht’s auch nicht besser.«

      Insgeheim musste ich ihr recht geben. Man soll es mit


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