BEYOND – Eine andere Wirklichkeit. Tabea Thomson

BEYOND – Eine andere Wirklichkeit - Tabea Thomson


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      Inzwischen sind zwanzig Minuten vergangen. Sorel stand auf um sich noch einen Pott Kaffee zu holen, das Interface piepen vom Overall Kragen hielt ihn auf.

      »Es liegt bereit, du kannst zu mir kommen.«

      Der Satz war wie eine Erlösung für das Paar.

      ~

      Indessen Sorel bei Luckas weilte, wartete Sophie im Pub auf eine Nachricht von ihm.

      Wenige Minuten später meldete sich Sorel mental bei Sophie.

      »Und wie fühlt es sich an.«

      Er lachte schelmisch in ihrem Geist. »Weiß nicht, bisher hat mich Luckas nur darüber aufgeklärt, wie ich mich dann dir gegenüber zu verhalten habe.«

      Just da rauschte wieder eine Welle durch Sophies Leib. Sie versenkte die Nase tief im Kleiderärmel. »Ich brauche dich! Hilf mir!«, flehte sie in seinen Gedanken.

      Sorel küsste ihr mental auf die Lippen. »Natürlich ...«, jählings wechselte er das Thema, »Luckas verabreichte mir eben mein Weckmittel, in einige Minuten treffen wir uns im Brücken Lift vom Liftschacht drei.«

      *

      Sorels Gefühlswallungen, allem voran der Durst nach Sys, sprangen mental auf Sophie über. Wenige Herzschläge später hätte sie am liebsten die Gier herausgeschrien. Ihr Suchtanfall war so massiv, sie hatte kaum die Kraft sich einen Blocker zu injizieren. Bevor die ersehnte Wirkung einsetzte, rannte sie schon zum Lift Haltepunkt. In Gedanken weilte Sophie bereits in den Armen vom Liebsten, ein wolliger Schauer durchströmte sie. … Für einen lauen Moment geriet die Anzeigentafel in den Fokus. Im herannahenden Lift war kein Sorel. … Ihre Nochos-Flitzer wippten hektisch auf und ab und die Zehen scharten am Innenleder, wie Hähne nach einem Wurm. In diesem Moment konnte "Ruhelos" Sophies zweiter Vorname sein. …

      Endlich spürte sie seine mentale Präsenz, synchron pochte ihr Herz schneller.

      Der Lift stoppte.

      Langsam, viel zu langsam öffnete die Tür.

      Bevor Sophie den Gatten begrüßte, musterte sie seine hochgewachsene, athletische Erscheinung. Sorel lehnte lässig in der linken hinteren Kabinenecke vorm Spiegel. Seine schmalen Hände ruhten entspannt in der Rumpfmitte. Die Haltung zeigte ihr, dass er die aufbrausenden Gefühlswelten vom Weckmittel auf sich einwirken ließ.

      Sophies verklärter Blick eilte aufwärts, unwillkürlich sah sie ihr Spiegelbild. Beim Anblick der hellhäutigen nach einer Erden Frau aussehenden Erscheinung zuckte sie innerlich zusammen. Ihr holographisch erschaffenes ohnehin schon unansehnliches Gesicht wurde von breiten Narben durchfurcht. In dem Moment mutmaßte sie: »Hätte ich keinen ahl pii, würde er mich überhaupt nicht beachten.«

      Bei den Gedanken hob Sophie den Blick vom Spiegel. Die Augen wanderten von seinem frisch geduschten jugendlichen Körper zu den leicht welligen Schulterlangen nachtblauen Haaren, sie sind sorgfältig zu einem Zopf zusammengebunden. Es suggeriert ihr kernige Romantik vom Feinsten. Seine ebenmäßigen, glatt rasierten maskulinen Kontoren untermauern es, und die Lippen versprechen sinnliches Vergnügen.

      Zu sich selber sprach sie: »Seine olivfarbene Haut sieht heiß aus, er wäre, wenn wir dürften, zum sofortigen Verzehr geeignet.«

      In ihrer Fantasie fühlte sie seine Hände sanft über ihren Leib streicheln. Allein die Vorstellung ließ sie vor Durst dahinschmelzen. Sie fuhr sich mit den Fingern erwartungsvoll über die Lippen.

      Er machte eine einladende Geste, und sie tippelte wie hypnotisiert auf ihn zu, ihr Blick schweifte von seiner lockenden Hand hinauf zur Schulter, das eigene vom Holotransmeter erzeugte Spiegelbild ließ sie verschreckt innehalten.

      Er nahm einen tiefen Atemzug von ihrem vorneweg jagenden Pheromon. Die ausgeatmete Luft wehte zu Sophie, in ihrer Mimik lag Enttäuschung. Sorel hatte, wie er es sonst macht – sobald er unter Menschen der Erde weilt, seinen ahl pii komplett heruntergefahren. Ihr verunsicherter Blick ruhte auf ihm. Er streckte seine Hände nach ihr aus, sie griff zaghaft zu. Fordernde Hände zogen sie heran.

      »Ich liebe dich und nicht den ahl pii«, raunte er ihr ins Ohr.

      Tränen kullerten über ihre Wangen, er zog sie dicht heran. Sophie hing schüchtern in seinen starken Armen. Sie saugte den an seinem Overall anhaftenden süßen Wohlgeruch nach würzigen holzigen Noten und salzigen Aromen gierig ein. »Ich liebe dich und nicht deinen ahl pii.«

      Ihre Münder rauschten Leidenschaftlich aufeinander. …

      Der Zeitsensor fuhr die Tür zu, der Lift fuhr an.

      »Lift Halt«, keuchte er zwischen zwei feurigen Lippenberührungen. …

      ~ ~

      (Für das, was um sie herum geschah, waren sie nicht mehr empfänglich. So entging ihnen das ihr Kleid und sein Overall von einem dunstigen Schleier überzogen wurden. Und von der Stelle aus, wo der Klon Stella Kamas Hand Sophies Schulter berührte, hatten sich unzählige winzige unsichtbare Verästlungen gebildet, sie vereinnahmten jetzt unbemerkt das Paar. Sollten sie demnächst an einer Cybord Falle vorbeigehen, bedeutete es ihr Ende.)

      ~ ~

      ... Ihr Atem keuchte im Rhythmus der Wonne, mit dem sie sein Sys trank, ihr Genuss wurde auch zu seinem. Ihre Speichel vereinten sich und aus ahl pii wurde pon le, das Prickeln rauschte in ihnen hinab. Für diesen Moment schien das Universum stillzustehen. … Ein grimmig knurrendes Geräusch scheuchte sie zurück in die Realität. Sophies menschlicher Magen erwies sich einmal mehr als Störenfried. Sorel machte das Geräusch überglücklich, hatte er doch dadurch die Gewissheit: Sophie ist mein geliebtes Weib.

      Trunken vor Glück flüsterte er ihr ins Ohr: »Du hast vorhin zu wenig Nahrung zu dir genommen.«

      Den Klang seines dunklen und warmen Tonfall empfand sie, wie einen angenehmen Schauer. Damit sie auch die allerletzte Stimmbänder Vibration fühlt, lehnte sie den Kopf an seine Brust. »Deine Küsse machten mich satt«, raunte sie.

      Als Zustimmung strich er ihr sanft über die vollen Brüste. Nur allzu gern würde er ihre warme samtige Haut zwischen den Schenkeln bis zur Ekstase berühren, aber er musste leider auf die Brücke. Sie hoben die Hände vom Leib und schlüpften in ihre Sachen, ein schelmisches Lächeln lag über ihre Lippen.

      Sie hatten keine Ahnung, welchen lebensgefährlichen Stoff sie auf den Leibern trugen. –

      Sophie strich sich das Kleid zurecht, dann trat sie vor die Kabinen Steuertafel, und Sorel lehnte sich an eine kühle Kabinenwand.

      Wie gewöhnlich, wenn sie in den realen Teil wollte, hielt sie den Arm vorm Sensor. Unvermittelt stieß sie ein Laut des Entsetzens aus.

      »Mein Lederarmband mit dem Impulsgeber fehlt. Latuu!, deshalb hat mich das Cybord Biest ausgeschaltet.«

      Sorels Stirn legte sich in Falten. »Jetzt wird auch verständlich, wieso wir keinen Kontakt zur Brücke bekamen.« Er umfasste ihre Hand. »Ich begleite dich bis zu dem Deck von Luckas.« Sein Impulsgeber schob sich vorm Sensor. Das Endziel leuchtete grün. »Langsamer fahren«, der Befehl klang gequält.

      Sophie wiederum suchte Schutz in Sorels kräftigen Armen. … Im Rhythmus ihres Herzatems steigerte sich ihre erwachende Leidenschaft. Dass sie das Fahrziel – Deck 20 – im realen Bereich erreicht hatten, bemerkten sie erst als die Lift Tür auffuhr. Wie in Trance, beider Geist hing noch irgendwo zwischen den Decks, stiegen sie aus. Ihre Verabschiedung war endlos, heiß und innig. … Das Alarmsignal von Sorels Armbanduhr trennte sie unsanft.

      ~

      Sophie tippelte übern Korridor zum wenige Meter entfernten internen Portal.

      »... Ich bin gleich wieder bei dir.« Mit seiner Stimme im Kopf tauchte sie die Nase in den Kleiderärmel. »Gib dein Bestes!«, wisperte sie verzückt in seinem Geist.

      ~

      Sorel stand vorm Lift auf dem Korridor und verfolgte, wie sie das interne Portal durchlief. Ihm kam es dabei so vor,


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