Von den Göttern verlassen III. Sabina S. Schneider
Das Kind in ihr machte sie unverwundbar, aber wie würde es nach der Geburt sein? Laron ist seinem Wahnsinn verfallen und hat versucht ihren Bauch aufzuschlitzen und das Kind herauszuholen. Die Wunde hat sich einfach geschlossen und sie hat nicht einmal eine Narbe davongetragen. Dann hatten wir endlich das Kloster erreicht und sind auf euch gestoßen. Ohne dich und ohne deine kleine Freundin wäre Serena jetzt tot.“
Irrte sich Halif oder hörte er Dankbarkeit?
„Das reicht, danke. Schick bitte ...“ , Halif stolperte etwas über die nächsten Worte, „Mikhael herein.“
„Ich hol dir deinen Sohn“, konnte Armirus sich nicht verkneifen. Als er vom Bett aufstand, waren seine Beine schwach und wären beinahe weggenickt. Verärgert runzelte er die Stirn und starrte Halif an. Irgendetwas hatte dieser Hurensohn mit ihm gemacht. Armirus beließ es jedoch bei dem Gedanken und ging aus dem Zimmer.
Sachverhalt MIKHAEL – Bastardsohn
†
Mikhael stand am Fenster, den Rücken zu der Person gedreht, die alle seinen Vater nannten.
Halif räusperte sich. Er wusste nicht, wie er anfangen sollte.
Da durchbrach Mikhael die Stille: „Hast du sie vergewaltigt?“
Halifs Augen wurden rund: „Wie bitte?“
„Die Frau, die mich geboren hat. Hast du sie vergewaltigt?“
„Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie einer Frau Gewalt angetan“, sagte Halif bestürzt.
Mikhaels steifer Rücken schien sich etwas zu entspannen.
„Aber du hast sie verführt und dann wie einen gebrauchten Lappen weggeworfen“, stellte er mit sachlicher Stimmalge fest.
Das konnte Halif nicht bestreiten und ehe er sich versah, war er dabei, sich zu rechtfertigen: „Ich musste gehen. Er war mir auf den Fersen und ich war zu lange an einem Ort geblieben. Wegen ihr.“
„Du hast also den Schwanz eingezogen, nachdem du mit ihr fertig warst und bist abgehauen.“
Darauf konnte Halif nichts erwidern. Denn genau so war es gewesen.
„Hättest du sie nicht in Ruhe lassen können?“
„Sie war so verführerisch und hatte ein Auge auf mich geworfen. Ich konnte ihr nicht widerstehen und sie mir nicht.“
„Du hast sie geschwängert und bist abgehauen. Du hast sie entehrt. Du hast ihr alles genommen und ihr nichts gegeben.“
Verwundert stellte Halif fest, dass Mikhaels Stimme immer noch sachlich klang. Es gab keinen Grund die nächsten Worte auszusprechen, aber Halif konnte einfach nicht anders: „Hast du die Finger von Serena lassen können?“
Da wirbelte Mikhael herum und starrte ihn voller Hass an: „Ich habe sie nicht angefasst! Nicht so!“
Ihm schien die Kleine wirklich viel zu bedeuten.
„Ganz ruhig, Tiger! Ich werde deiner Kleinen nichts tun“, versuchte Halif ihn ungeschickt zu beruhigen.
Mikhael kniff die Augen zusammen und in ihnen loderten goldene Flammen. Halif musste bei der Schönheit seines Sohnes schlucken.
Durch zusammengepresste Lippen sagte Mikhael: „Ich werde dieses Spiel mitspielen, weil du sie mir wiedergegeben hast. Nur aus diesem Grund.“
„Mehr will ich nicht“, erwiderte Halif so beherrscht wie möglich. Er musste einen klaren Kopf behalten, harte Fakten sammeln und dann seine Schlüsse ziehen. „Erzähl mir von der Begegnung mit Armirus und der Zeit bei ihm.“ Halif musste feststellen, dass Mikhaels Beschreibungen sachlich und oberflächlich waren und in keine Details gingen. Halif hatte genug Einzelheiten von Armirus gehört und bohrte nicht nach.
„Wen von der Gruppe hast du als Erstes getroffen, nach Armirus?“
Ohne lange zu überlegen, erzählte Mikhael von einem kleinen Dorf und von einem Auftrag, bei dem er Serena zum ersten Mal begegnet war. Dann sprang er zu seiner Flucht vor Armirus, erwähnte kurz die Jagdhunde und wie sie über Serena und Aira, einem Airensklavenmädchen, hergefallen waren. Wie sie beschlossen, ein Stück ihrer Reise zusammen zu gehen.
Als Halif fragte, warum Serena unterwegs gewesen war und wer Aira sei, hielt Mikhael inne, dachte über die Fragen nach und schien selbst erstaunt, als er sagte: „Ich weiß es nicht. Aber ich glaube, es hatte etwas mit dem Anhänger um Airas Hals zu tun, Zerelf.“
Bei der Erwähnung des Amuletts sog Halif scharf die Luft ein. Er hatte davon gelesen und gehört, es sei während dem Versuch der Übergabe zwischen den Senjyou und Airen vor achtzehn Jahren verloren gegangen. Halif spürte einen Hinweis.
„Was passierte dann?“
Mikhael erzählte wieder kühl und schnell. Halif hörte sich die Beschreibung der Reise an und horchte kurz bei dem Namen Molly auf. Der Senjyou, der mit sich selbst sprach, hatte diesen Namen öfters gerufen. Aber Halif würde noch früh genug herausfinden, was es damit auf sich hatte und fragte nicht weiter nach.
Dann sprach Mikhael von dem Zusammentreffen mit einem von Armirus Männern kurz vor der Grenze zwischen dem Senjyou- und dem Vostokenreich. Bei der Erzählung wie Molly verletzt wurde, er selbst seinem vermeintlichen Tod entgegenging und wie ihm Serena zu Hilfe kam, konnte Mikhael seine Gefühle nicht verbergen und ging schnell zu dem Zusammenstoß mit den Senjyou über. Aber auch hier musste er sich zusammenreißen, als er zu der Begegnung mit dem Senjyoukronprinzen Malhim kam. Mikhael entschlüpfte unter zusammengebissenen Zähnen: „Hätten wir ihn doch nie getroffen!“ Er erzählte von der Bitte des Königs, von ihrer Reise durch den Senjyouwald. Dann stockte er jedoch.
„Es geschah so schnell. Keiner konnte etwas tun. Sie wurde vom ersten Pfeil getroffen, der auf uns niederregnete. Wir wurden von Haril, dem Senjyouzauberer, in den verwunschenen Wald teleportiert, aber als wir ankamen, atmete sie nicht mehr. Molly starb dort, durchbohrt von einem Pfeil aus der Hand von Serenas Mutter.“
Da horchte Halif auf. Von Serenas Mutter hatte er noch nichts gehört. Wieso griff sie ihre eigene Tochter an? Doch bevor Halif weiter nachbohren konnte, sagte Mikhael von selbst: „Das Einzige, was ich weiß, ist, dass, sie von hier stammt und Serenas Vater bei der Übergabe von Zerelf kennengelernt hat. Sie galt als kalt und gefühllos. Die Delegationen wurden von Severen angegriffen und niedergemetzelt. Die einzigen Überlebenden waren Zorghk, Laron und Alara, Serenas Mutter. Sie sind auch bekannt als ...“
„Die drei Verräter“, murmelte Halif. Er hatte davon gehört. Eine schicksalsträchtige Nacht.
„Alara ist der Grund, wegen dem wir hier sind. Kurz nachdem wir Molly begraben hatten, ist Serena verschwunden“, Mikhael stockte und musste sich konzentrieren. Er mochte nicht daran denken und es aussprechen schon gar nicht, aber es war eine Schlüsselsituation. Im wahrsten Sinne des Wortes. Also riss er sich zusammen.
„Serena war anders. Es schien ihr schwerzufallen zu empfinden. Nach Mollys Tod hatte sie sich wohl vor dem Schmerz verschlossen und lenkte die Aufmerksamkeit des Schlüssels Oril auf sich.“
Bei dem Namen blieb Halifs Herz fast stehen, doch er versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
„Er rief sie und sie folgte ihm. Malhim begegnete der verstörten Serena und nahm sich, was nicht sein war“, Mikhael hoffte, dass er nicht deutlicher werden musste.
Halif fragte nicht weiter. Er hatte die nicht ganz spitzen und nicht ganz gerundeten Ohren des Babys gesehen. Es war auch der Senjyou gewesen, der als erstes die Hände nach dem Kind ausgestreckt hatte, nicht Mikhael.
„Serena folgte danach weiter dem Ruf des Schlüssels. Wir fanden sie mithilfe des Senjyouzauberers. Sie war in einem Schloss im Herzen des verwunschenen Waldes.“ Mikhael erzählte von der Begegnung mit Oril und alles, was sie von ihm über Schlüssel und Götter erfahren hatten. Halif hatte keine Zweifel mehr daran, dass es sich um denselben Oril handelte, dessen Buch ihn zu diesem Kloster geführt hatte.
„Oril