Sky-Troopers 2 - Die Beutewelt. Michael Schenk

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      Die Steuereinheit der Klarstahlscheibe reagierte prompt. Ein Ausschnitt wurde vergrößert und rückte das Frachtschiff in den Mittelpunkt. Wenn man es großzügig betrachtete, war es fast vier Kilometer lang. Allerdings bestand es zum weitaus größten Teil aus einer zentralen Achse, an der Tausende von Container angeflanscht werden konnten. Am Bug befand sich das Modul mit den Mannschaftsräumen, Steuerelementen und dem Bremstriebwerk, am Heck der Maschinenteil mit dem Hauptantrieb. Die Container wurden von bemannten Arbeitsdrohnen vom Schiff gelöst und in die Frachträume der Basis gebracht. Andere kamen von dort und ersetzten die alte Fracht.

      „Fenstersegment Sieben auf Normalsicht. Segment Neun vergrößern. Sechsfach.“ Ein anderes Objekt rückte in die Vergrößerung. „Das dort ist die Zukunft“, brummte John. „Siehst du das Schiff mit den sechs Auslegern? Das neueste Frachtschiff des Yahagara-Konzerns. Im Vergleich zu dem alten Containerschiff ein Winzling, aber es hat den Nullzeit-Sturzantrieb.“

      „Ich bin ein wenig überrascht“, gestand Joana. „Der Sturzantrieb wurde doch erst vor relativ kurzer Zeit entwickelt und man benötigt, wenn ich mich recht entsinne, diese Hiromata-Kristalle für seinen Betrieb. Davon gibt es nicht allzu viele. Die Kristalle befinden sich doch im Besitz des Direktorats, oder nicht?“

      „Politik, mein Kleines, und ein gewisses Maß an Vernunft.“ Er lachte freudlos. „Früher benötigte man die Kristalle lediglich für den Nullzeit-Funk und die Vorräte hätten wohl ein paar Jahrhunderte ausgereicht. Obwohl man für die Triebwerke nicht viel benötigt, ist jetzt ein Ende dieser Vorräte abzusehen. Man wird viele Schiffe mit dem neuen Antrieb versehen wollen. Als Hoch-Admiral der Flotte hätte ich lieber unseren Schiffen den Vorzug gegeben, doch das wäre unklug. Wie du es schon sagtest … Es wird neue Kolonien geben und Handel zwischen den Welten. Das hat Vorrang vor dem Militär. Wenigstens in Friedenszeiten und die haben wir ja schon seit über hundert Jahren. Der Hollmann-Konzern hat es durchgesetzt, ein gutes Kontingent der Kristalle zu erhalten. Dafür rüstet er allerdings drei zivile Forschungsschiffe aus, die im Auftrag des Direktorats nach besiedelbaren Welten und neuen Rohstoffvorkommen suchen.“

      „Und nach Hiromata-Kristallen“, vermutete Joana.

      „Vor allem nach diesen Kristallen. Davon wird die Zukunft unserer interstellaren Raumfahrt abhängen.“

      „Diese Ausleger … Sie haben mit dem neuen Antrieb zu tun? Es sieht ungewohnt aus. Als besäße das Schiff an allen Seiten einen Stachel mit einer Kugel.“

      „Was weißt du von dem neuen Antrieb?“

      „Nicht viel. Wird ja alles noch unter dem Deckel gehalten. Also hören wir Trooper nur das, was in den Medien berichtet wird. Immerhin weiß ich, dass man für das Triebwerk Hiromata-Kristall benötigt und dass der Kristall die Nullzeitschwingung freisetzt, wenn er richtig aufgeladen wurde. Was immer das auch bedeuten mag.“

      Ihr Vater grinste breit. „Nun, ich bin auch kein Tech oder Wissenschaftler, aber ein bisschen mehr weiß ich schon. Immerhin musste ich mich mit dem Direktorat über das neue Design unserer Militärschiffe auseinandersetzen.“

      „Neues Design?“

      „Später“, wiegelte er ab. „Du musst erst das Prinzip des neuen Antriebs verstehen. Nein, nicht das Prinzip. Selbst die Wissenschaftler haben, genau genommen, keine Ahnung, warum das Ding überhaupt funktioniert. Nur dass es funktioniert.“ Er lachte erneut. „Im Aufbau und der Bedienung ist der Antrieb eigentlich ganz simpel. Im Zentrum des Schiffes wird der Sturzgenerator mit dem Hiromata-Kristall installiert. An den Seiten, also rechts, links, oben, unten, Bug und Heck, befinden sich die Ausleger mit den Ladungsspulen. Diese Spulen werden für den Nullzeit-Sturz aufgeladen, wobei die im Bug die Entscheidende ist. Während alle anderen die exakt gleiche Ladungsstärke aufweisen müssen, weicht die Spule am Bug davon ab. Ihre Aufladung entscheidet, wie weit das Schiff durch den Nullzeitraum stürzt. Nun, das ist wenigstens die vereinfachte Darstellung des Vorgangs. Es dauert acht Stunden, die Spulen aufzuladen, und das Schiff muss gleichzeitig bis zur Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Am Ziel braucht es dann ebenfalls acht Stunden, um wieder abzubremsen. Oder weitere acht Stunden, bis die Spulen für den nächsten Sturz wieder genügend Ladung aufweisen.“

      „Okay, und was ist mit dem Design?“

      „Ach ja, das Design. Nun, die Eigentümer wollen die Umbauten und die Einbaukosten für ihre Schiffe natürlich möglichst niedrig halten. Daher zeigen die Entwürfe außen liegende Ausleger, ähnlich unserer Dock-Pylone. Ich musste den Rat des Direktorats erst davon überzeugen, dass dies für militärische Nutzung nicht in Betracht kommt.“

      „Ja, ein Treffer in einen dieser Ausleger, und der Nullzeit-Sturzantrieb ist im Arsch.“

      „Ich habe es ein wenig höflicher und nicht so bildhaft formuliert, aber man hat mich verstanden. Bei allen Schiffen der Direktorats-Flotte werden sich die Spulen innerhalb der schützenden Panzerhülle befinden. Ah, warte einen Moment.“ John tippte an das Implant hinter seinem Ohr. Joana konnte natürlich nicht hören, welche Meldung er gerade empfing. „Ausgezeichnet“, antwortete der Hoch-Admiral dem Unbekannten, „bringen Sie es in mein Büro. Wir essen hier.“ Er beendete die Kommunikation und deutete zu der gemütlichen Sitzgruppe neben seinem Schreibtisch. „Ich lasse uns das Essen hier servieren. Ich will noch ein paar Dinge mit dir besprechen und genieße es, einmal mit dir alleine zu sein. Ich hoffe, du hast nichts dagegen.

      „Unsinn. Ein erfahrener Trooper nutzt jede Möglichkeit, um dem Kantinenfraß zu entkommen.“

      Sie lachten unbeschwert und ließen sich in den Polstern nieder. Eine Ordonnanz rollte einen altmodischen „Teewagen“ herbei und deckte ein.

      Joana runzelte die Stirn, als ihr Vater eine Karaffe mit Wasser auf den Tisch stellte. „Bist du noch im Dienst oder musst du nun, wie die Flotte, sparen?“

      „Als Hoch-Admiral ist man immer im Dienst.“ Er drohte ihr belustigt mit dem Finger. „Aber es hängt eher damit zusammen, dass ich noch einen hervorragenden Single Malt für uns reserviert habe. Eigentlich sollten wir vorher überhaupt nicht essen, damit unsere Geschmacksnerven nicht vom Braten ruiniert sind, bevor wir uns dieser Kostbarkeit zuwenden.“

      „Braten? Du meinst echten Braten? Ich meine, du sprichst hier von richtigem Fleisch?“

      „Das tue ich.“ Der Befehlshaber seufzte vernehmlich. „Ich meine mich zu entsinnen, dass wir das letzte gemeinsame Stück Fleisch, echtes, wohlgemerkt, auf der Reise nach Hanari genossen haben.“

      „Marsrind“, bestätigte Joana. „Und das hier? Es sieht nicht nach einem richtigen Steak aus.“

      „Mein Kleines, du bist und bleibst eine echte Carnivore“, rügte ihr Vater. „Das hier ist kein Rindersteak, aber immerhin echtes Kaninchenragout. Aus eigener Aufzucht, das möchte ich erwähnen.“

      „Aus den Wäldern der Basis?“

      „Aus dem unteren“, bestätigte John. „Das kleine Langohr hatte Pech und einer der Ranger war so freundlich, es für meinen Tisch zu reservieren. Doch nun lass uns essen.“

      Sie aßen bewusst und schweigend und verzichteten dabei auf ein Gespräch, welches sie vom Genuss der Mahlzeit abgelenkt hätte. Während des Essens beobachtete Joana ihren Vater verstohlen. Der helle Schein der Sonne Arcturus war aus dem Sichtbereich der Panoramascheibe verschwunden und das Licht der Sterne begann zu dominieren. Joana liebte diesen Glanz, den manche Menschen als kalt bezeichneten, andere wiederum verklärten. Hier, im Amtsraum des Hoch-Admirals, war es ein sanfter Schimmer, der silbrige Reflexe im Haar des Vaters hervorrief. Silberfäden, die da und dort zwischen dem blauschwarzen Haar sichtbar wurden. Nun bemerkte sie auch, wie sehr sich die Lachfältchen in seinen Augenwinkeln vertieft hatten und das andere Falten hinzugekommen waren.

      Ihr wurde deutlich, dass der Mann, der da vor ihr saß, ein alter Mann geworden war und sich sein Leben dem letzten Abschnitt näherte. Irgendwann, in nicht mehr ferner Zukunft, würde er vom großen Geist, von Wakan-Tanka, gerufen werden. Doch er würde seine letzte Ruhestätte nicht auf einem Hochgestell im Land der Vorväter finden.

      Joana wandte den Kopf zur Seite,


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