Magisches Kompendium - Magie - Theorie und Praxis. Frater LYSIR

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      Der größte Unterschied liegt erst mal darin, dass bei einer Evokation der eigene Körper nicht als Hülle angeboten wird, sondern dass ein anderes Gefäß – dies kann auch ein Beschwörungsdreieck oder ein anderer okkulter Gegenstand sein – angesteuert wird.

      Doch gerade wenn es um Channelings geht, ist die aktuelle spirituelle und esoterische Welt offen für alles – auch für negative bzw. parasitäre Energien. So ist es wichtig, dass man sich stets selbst reflektiert, wie man sich beim Umgang mit der jeweiligen Energie fühlt, bzw. ob es spezielle Gedankengänge gibt, die eher schädlich als förderlich sind. So sollte man sich stets fragen, wie das eigene Empfinden in Bezug auf die gerufene Energie ist. Fühlt man sich wohl oder ist da doch eher ein Gefühl der Beklemmung, vielleicht sogar der Angst vorhanden. Auch muss man schauen, ob die Eigenschaften bzw. die energetischen Verhaltensmuster der gerufenen Energie, denen entsprechen, die man bei seinen intellektuellen Recherchen gefunden hat. Zwar sollte man nicht der Illusion erliegen, dass man hier eine echte Checkliste erhält und man sich so zu 100% sicher sein kann, dass man mit der korrekten Energie agieren wird, doch ist es sehr hilfreich, wenn man sich vorher fragt, wie es denn sein kann, dass die literarischen Erfahrungen so weit von den eigenen Wahrnehmungen entfernt sind. Gut, im Falle von Engel und dem aktuellen Engelshype, ist es schwer, wahrhaftige Aussagen zu finden, die nicht von einem aufgeblasenen Licht-und-Liebe-Ego verunstaltet wurden. Daher muss man stets auf viele Quellen zugreifen, sodass man sich ein breites Bild von der Energie machen kann. Wenn es z. B. um Erzengel Michael geht, findet man auf der einen Seite Berichte, die ihn als Kriegsherr, Massenmörder und gnadenlosen Schlächter präsentieren (in der Bibel z. B.), auf der anderen Seite gibt es aber auch immer wieder Channelings, Berichte und Darstellungen, dass Erzengel Michael so lieb ist, dass er alle Menschen in Watte packt und sie maximal mit Glacéhandschuhen sanft durch das Leben trägt. Hier ist es nicht einfach authentische Informationen zu bekommen, doch man wird mit der Zeit auch zwischen den Zeilen der einzelnen Berichte lesen können, sodass man sich ein eigenes Bild erschaffen kann.

      Kritisch wird es natürlich, wenn die gerufene Energie beginnt, Forderungen zu stellen, oder anbietet, sehr seltsame Egowünsche zu erfüllen. Wenn man bei einer Invokation von der angebotenen Energie plötzlich Angebote über Macht, Reichtum, Ansehen und was dem Ego noch so alles schmeichelt, bekommt, sollte man das Wesen sofort aus seinem Energiehaushalt bannen – ohne weitere Gespräche oder Diskussionen. Gleiches gilt auch für destruktive Gedanken und Gefühle, wobei man hier wieder reflektieren muss, mit welcher Art Energie ich agiere. Ein Erzengel wird anders sein als ein pantheonspezifischer Gott, der wiederum anders ist, als ein Malachim, der natürlich auch wieder anders ist, als irgendwelche Naturenergien oder Elementgeister.

      Evokationen und Invokationen dienen in der Magie primär dazu, dass eine Fokussierung auf eine Imagination und/oder ein Gebet, zu einer ausgewählten Energieform geknüpft werden soll. Die Verknüpfung kann – bei einer Invokation – bis zu der Annahme von Gottformen gehen, sodass hier absolut komplexe und hochenergetische Mental- und Emotionaltechniken verwendet werden. Doch bei Invo- und Evokationen sind auch die intellektuellen Vorbereitungen des jeweiligen magischen Menschen wichtig. Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass man sich auch mit allen Grundinfos über die jeweilige Energie / Entität befassen muss. Wenn man also irgendeine Energie aus einem beliebigen Pantheon invo- oder evozieren will, ist es wichtig, dass man sich vorher darüber im Klaren ist, mit wem man da arbeiten will. Hierzu gehören auch kulturelle und historische Informationen. Wenn ich mit Zeus arbeiten will, muss ich vorher wissen, WAS dieses Energie alles ist, WIE sie gesehen wird, WELCHE Verknüpfungen es im jeweiligen Pantheon gibt und wie sich diese ggf. auf andere Panthea auswirken. Hilfreich sind natürlich auch klare Imaginationen, welche man dadurch erreichen kann, dass man sich an den klassischen Darstellungen orientiert – wenn es von dem ausgewählten Prinzip so etwas gibt und es sich auch um eine sinnige Darstellung handelt. Durch diese intellektuell-mental-emotionale Annahme und Durchdringung der verschiedenen Symbole, Sinnbilder und Attribute, wird der Aufbau einer energetischen Verbindung klar forciert.

      Hierdurch können ganz klare visuell mentale bzw. emotionale Darstellungen entstehen, die letztlich zu einer vollständigen Identifikation mit dem zu invozierenden Energien führen können bzw. führen sollen.

      Je enger bzw. je öfter man mit der jeweiligen Energie agiert und arbeitet, desto enger wird der Kontakt werden, sodass es mit der Zeit ohne Weiteres sein kann, dass man von der Entität eine Art Codewort, ein Sigill oder ein anderes, individuelles Zeichen bekommt. Hierdurch ist es möglich, dass man nicht mehr eine vollständige Fokussierung oder „Anrufung“ ausführen muss, sondern nur noch – nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip – die besondere Insignie (Codewort, Sigill etc.) energetisch verwenden muss, um einen festen Kontakt etablieren zu können.

      Allgemein kann man noch zu der Invokation sagen, dass es eine sehr anspruchsvolle magische Arbeit ist, bei der es auch oft zu überhaupt keinen Effekten kommt, sodass die Invokation nicht funktioniert. Der magische Mensch, der sich als Gefäß zur Verfügung stellen will, muss für sein Energiesystem individuelle „magische Technik“ herausfinden, sodass er in sich selbst einen „Raum“, der es der jeweiligen Entität erlaubt zu agieren. Die ersten Schritte sind hier natürlich meditative Zustände, die man vor der eigentlichen Invokation beherrschen und zweifellos einnehmen muss, sodass die Invokationsarbeit auch eine gute Ausgangssituation hat. Wenn das eigene Energiesystem vollkommen blockiert ist, wenn die verschiedenen Chakren mit Blockaden so vollgestopft sind, dass man sowieso keinen individuellen Energiefluss fühlen, geschweige fokussieren kann, wird die ganze Unternehmung scheitern. Dies ist dann aber auch gut so, da man in sich selbst einen ausgeglichenen Zustand besitzen muss, um einer Energie den nötigen Raum zu geben.

      Der Faktor der Konzentration hängt natürlich einmal vom Protagonisten ab, doch auch die gerufene Energie bestimmt indirekt, wie weit der Geist des magischen Menschen geöffnet sein muss. Wenn man eine ausreichende Praxis besitzt, und schon des Öfteren mit dem jeweiligen Prinzip gearbeitet hat, ist ein fokussierter Zustand ähnlich einem „Tagtraum“ vollkommen angemessen.

      Man zieht dann sein Tagesbewusstsein etwas zurück, lässt sich aber nicht vollkommen ausschalten. Eine andere Energie verlangt aber vielleicht schon einen Zustand einer klaren Meditation. Dies kann man weiter führen, bis man letztlich alle Stufen abgearbeitet hat und sich irgendwo in der Tieftrance bzw. im Zustand „Samadhi“ befindet und eine „Vereinigung mit dem Göttlichen“ beginnt. Dass das Bewusstsein des Menschen mit wachsender Intensität der Invokation in den Hintergrund tritt, ist klar, dennoch wird dies oft vergessen, und wenn es darum geht, dass das Tagesbewusstsein des Menschen die Kontrolle an die anwesende Energie abgeben soll, wird eine mentale Blockade errichtet, sodass die Invokation letztlich ins Leere läuft.

      So will ich noch einmal ganz klar betonen, dass eine Invokation nichts anderes als eine Besessenheit ist, welche jedoch willentlich forciert und zeitlich begrenzt ist. Wenn man spürt, dass die Zeit „verstrichen“ ist, und dass sich die Energie beginnt zurückzuziehen, kann man eine gedankliche Verabschiedung aussprechen, die auf einen klaren und gegenseitigen Respekt schließen sollte. Ein Abschiedsgeschenk ist im Grunde überflüssig, wobei man hier wieder sagen muss, dass es auf die jeweilige Entität bzw. auf die jeweilige Arbeit ankommt. Im Voodoo z. B. sind Geschenke vollkommen normal, wobei die meisten Geschenke oder Opfergaben schon direkt nach der Invokation begutachtet und meist dann auch angenommen werden, sodass es hier kein Abschiedsopfer gibt. Der Rum oder der Tabak wird meist sofort verwendet – typisch für die Energien des Voodoo.

      Wenn dann die Invokation vorbei ist, ist es absolut essenziell, dass man sich noch einmal sein Energiesystem anschaut und deutlich prüft, ob man wieder „allein“ ist. Gerade wenn man mit „fremden Entitäten“ arbeitet, sollte man sich sehr genau prüfen. Doch auch wenn man mit bekannten und altvertrauten Energien agiert, muss man sich im Nachhinein noch einmal energetisch kontrollieren, ob sich nicht doch eine andere Energie eingeschlichen hat, die möglicherweise einen parasitären Charakter hat. Schnell wird aus einer kontrollierten Invokation eine unkontrollierte Besessenheit, obwohl die parasitäre Energie nichts mit der eigentlichen Entität zu tun hat.

      Man kann es sich so vorstellen, dass der Parasit dann im „Windschatten“ oder im „Kielwasser“ der jeweiligen Entität mitgereist ist


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