Geliebter Prinz. Billy Remie

Geliebter Prinz - Billy Remie


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vor Hexen, nicht wahr, Bastard?«

      Desiderius´ Miene wurde hart, er hatte für die restlichen Jahre genug davon, durchschaut zu werden.

      Sie kam auf ihn zu und er musste sich zwingen, ihr weiter in die unmenschlichen Augen zu blicken. – Eine Hexe war eine Hexe, unabhängig davon, ob ihre Eltern Menschen oder Luzianer oder eine Mischung aus beidem waren. Wurde eine Hexe geboren, war sie eine Hexe, kein Mensch, kein Luzianer.

      »Keine Sorge, was ich von Euch will, wird Euch nicht schaden, darauf habt Ihr mein Wort, junger Held«, versprach die Hexe ihm. »Aber ich werde es nicht jetzt einfordern. Was ich jetzt will, ist Euer bindendes Versprechen, dass Ihr mir einen Gefallen schuldig seid, den ich irgendwann im Laufe Eures Lebens einfordern werde.«

      Desiderius lachte amüsiert auf. »Und was für ein Gefallen soll das sein?«

      »Das erfahrt Ihr, wenn es soweit ist«, erwiderte die Hexe. »Und wenn ich Euch um diesen Gefallen bitte, werdet Ihr ihn erledigen, ohne zu zögern, andernfalls gehört mir Euer Leben und ich werde es beenden, um Euren Körper auszuschlachten wie ein Metzger ein Rind.«

      Desiderius schluckte schwer unter der Härte ihrer strengen Miene.

      »Sie will nur Euer Versprechen, dass Ihr ihr einen Gefallen schuldet«, erklärte Bellzazar.

      »Mich beunruhigt der Gefallen, nicht das Versprechen«, gestand Desiderius und musterte die Hexe argwöhnisch.

      Sie könnte irgendwann einfach auftauchen und ihn um etwas bitten, was er dann tun musste, ob er wollte oder nicht. Das gefiel ihm gar nicht. Sie könnte sein Leben verlangen, und er müsste es geben, weil man das Wort, das man einer Hexe gab, nicht brach, es sei denn man wollte, dass die eigene Seele in die Unterwelt verbannt und zu einem Dämon wurde.

      »Schlimmer als Ihr Zorn, wenn Ihr Euer Versprechen brecht, kann es nicht werden, glaubt mir, ich selbst habe Ihr schon viele Gefallen erwiesen ... und viele Versprechen gebrochen.«

      »Wieso wollt Ihr, dass ich Euch etwas schuldig bin?«, fragte Desiderius die Hexe. »Ich bin nur ein Bastard und ein mittelloser Luzianer, der Halbgott könnte Euch mehr bieten.«

      »Aber ich will etwas von Euch, das Ihr mir nur dann geben werdet, wenn Ihr mir etwas schuldet«, erklärte die Hexe.

      Na Prima, das beruhigte ihn nun wirklich nicht ...

      »Gebt mir Euer Wort, Desiderius M’Shier«, sie legte ihre Hand auf seine Brust, direkt über den Bernsteinanhänger seiner Kette, »und ihr bekommt das Gift.«

      ***

      »Ich kann nicht glauben, dass ich mich darauf eingelassen habe«, sagte Desiderius einige Zeit später, als er sich gerade vor den zerfallenen Toren der Schwarzen Stadt in den Sattel seines Rappen schwang.

      Bellzazar erwiderte daraufhin: »Und ich kann nicht glauben, dass sie mir Salz über die Schulter geworfen hat, als wir gingen.«

      Desiderius erinnerte sich daran und fragte neugierig: »Was hatte es damit auf sich?«

      Bellzazar knurrte verdrossen: »Man wirft Salz über die Schulter eines Besuchers, den man für böse hält, um alles Schlechte, was er wohlmöglich dagelassen hätte, mit nach draußen zu verbannen.«

      »Ich habe mir da drinnen wegen ihr fast in die Hose gemacht«, scherzte Desiderius, als er zusammen mit Bellzazar den Weg in Richtung Wälder einschlug. »Ihr könntet mich nächstes Mal vorwarnen.«

      »Ich wusste ja nicht, dass sie einen Gefallen von Euch verlangt«, verteidigte sich Bellzazar.

      Kopfschüttelnd murmelte Desiderius: »Ich hoffe, das war kein Fehler.«

      »Es ist immer ein Fehler, jemandem etwas schuldig zu sein«, warf Bellzazar ernst ein. »Vor allem wenn es sich bei diesem Jemand um eine Hexe handelt.«

      »Danke für die Warnung«, blinzelte Desiderius den Halbgott ironisch an.

      »Gern geschehen«, scherzte Bellzazar und lächelte dann schief.

      Unbehaglich stellte Desiderius fest, wie attraktiv der Halbgott war, wenn er grinste. Der Schwung seiner Lippen war schön und lockend. Einladend.

      Nicht, dass Desiderius den Halbgott begehrte, zumal er sich noch immer vor magischen Wesen fürchtete, aber dennoch musste er zugeben, dass Bellzazar eine überaus attraktive Kreatur in Menschengestalt war.

      Um seine Gedanken auf ein anderes Thema zu lenken, fragte er den Halbgott: »Welchen Weg wollen wir nehmen?«

      »Wir bleiben in den Tiefen Wäldern«, beschloss Bellzazar. »Am Rand der Hügel entlang und dann immer weiter nach Süden.«

      »Warum reiten wir nicht über die Hügel?«, wollte Desiderius wissen. »Es ginge doch schneller, wenn wir westlich am Königssee vorbeireiten und dann dem südlichen Fluss rauf ins Gebirge folgen.«

      Doch Bellzazar schüttelte den Kopf. »Wir können nicht durch die Hügel und die Ebenen reiten, dort stehen die Menschenburgen so nahe, dass sie sich jeden Morgen und jeden Abend durch die Fenster zuwinken können.«

      »Na und?«

      »Uns darf niemand sehen«, erklärte Bellzazar. »Damit niemand die kommenden Ereignisse mit uns in Verbindung bringen kann.«

      »Wir sind nur zwei Reisende, nicht jeder kennt Euer Gesicht, vor allem nicht meines, wir reisen einfach unter falschem Namen.«

      »Das Risiko gehe ich nicht ein.«

      »Fein«, seufzte Desiderius einlenkend. »Schätze, Ihr habt Recht. Dann eben den längeren Weg durch die Wälder.«

      ***

      Es fing zu regnen an, als sie die Tiefen Wälder erreichten.

      Einige Zeit war der milde Frühlingsregen nicht stark genug, um durch die dichten Blätterdächer der hohen Bäume zu dringen und sie konnten mit den Kapuzen ihrer Umhänge auf den Köpfen weiter reiten. Doch dann wurde der Regen stärker und es sah nicht so aus, als würde er sich in den nächsten Stunden legen, also beschlossen sie, den Regen auszusitzen, bis sie ihr Lager aufschlagen und ein Feuer entfachen konnten.

      Desiderius spannte zwischen zwei Bäumen ein Stück Stoff, das den Regen abfing. Darunter lag ein umgestürzter Baumstamm, auf dem er sich nach getaner Arbeit setzte.

      Bellzazar hatte derweil die Pferde abgesattelt und einige kleine Äste vom Waldboden aufgesammelt, die er mitbrachte, um sie ins Trockene zu legen, damit sie ihnen noch als Brennholz dienen konnten.

      Bellzazar setzte sich neben Desiderius auf den Baumstamm und schüttelte sein nasses Haar aus. Er holte seinen Wasserschlauch hervor und nutzte die Gelegenheit, ihre Trinkvorräte aufzufüllen, indem er die Öffnung in den Regen hielt.

      Desiderius hatte noch gar nicht getrunken, nachdem er seinen Schlauch vor dem Aufbruch an der Küste vollgefüllt hatte. Das Blut der alten Dirne hatte nicht nur seine Wundheilung beschleunigt, es sorgte auch dafür, dass er lange keinen Durst oder Hunger verspürte.

      Ihm wurde kalt und er zog den Umhang enger um seinen Körper. Es lag allerdings nicht nur am Wetter, dass er fröstelte, ihm lag noch immer der Schock im Magen, dass Arerius über ihn Bescheid wusste. Aber mit seiner Abreise hatte Desiderius mehr als deutlich gemacht, dass er sein Erbe nicht antreten würde. Arerius dürfte keinen Grund mehr haben, Desiderius zu verraten. Es sei denn, sein Bruder wollte ihn dennoch tot sehen.

      Letzteres trieb Desiderius die Kälte durch die Knochen.

      Er war kurz davor gewesen, seinen eigenen Bruder zu töten, nur um sein Geheimnis zu wahren. Aber stattdessen hatte er sich im letzten Moment umentschieden, und statt Arerius in seinem Bett mit dem Schwert zu durchbohren, hatte er Bellzazar aufgesucht und war geflohen.

      Dass er bereit war, jemanden zu töten, um sein Geheimnis zu wahren, schockierte ihn selbst fast so sehr wie die bittere Tatsache, dass Arerius ihn, ohne zu zögern, verraten hätte.

      Es war eben auf niemanden verlass, vor allem nicht auf die Familie, erkannte Desiderius nicht


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