Don Carlos, Infant von Spanien. Friedrich Schiller

Don Carlos, Infant von Spanien - Friedrich Schiller


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      Was seine feurigsten Erwartungen

      Dem Bilde nicht zu glauben sich getrauten!

      In Padua, wo seine Studien

      Ihn fesselten, erwartete Fernando

      Des frohen Augenblickes nur, der ihm

      Vergönnen sollte, zu Mathildens Füßen

      Der Liebe erste Huldigung zu stammeln.

      Die Königin wird aufmerksamer. Der Marquis fährt nach einem kurzen Stillschweigen fort, die Erzählung, soweit es die Gegenwart der Königin erlaubt, mehr an die Prinzessin von Eboli gerichtet.

      Indessen macht der Gattin Tod die Hand

      Pietros frei. – Mit jugendlicher Glut

      Verschlingt der Greis die Stimmen des Gerüchtes,

      Das in dem Ruhm Mathildens sich ergoß.

      Er kommt! Er sieht! – Er liebt! Die neue Regung

      Erstickt die leisre Stimme der Natur,

      Der Oheim wirbt um seines Neffen Braut

      Und heiligt seinen Raub vor dem Altare.

      KÖNIGIN.

      Und was beschließt Fernando?

      MARQUIS.

      Auf der Liebe Flügeln,

      Des fürchterlichen Wechsels unbewußt,

      Eilt nach Mirandola der Trunkene.

      Mit Sternenschein erreicht sein schnelles Roß

      Die Tore – ein bacchantisches Getön

      Von Reigen und von Pauken donnert ihm

      Aus dem erleuchteten Palast entgegen.

      Er bebt die Stufen scheu hinauf und sieht

      Sich unerkannt im lauten Hochzeitsaale,

      Wo in der Gäste taumelndem Gelag

      Pietro saß – ein Engel ihm zur Seite,

      Ein Engel, den Fernando kennt, der ihm

      In Träumen selbst so glänzend nie erschienen.

      Ein einzger Blick zeigt ihm, was er besessen,

      Zeigt ihm, was er auf immerdar verloren.

      EBOLI.

      Unglücklicher Fernando!

      KÖNIGIN.

      Die Geschichte

      Ist doch zu Ende, Chevalier? – Sie muß

      Zu Ende sein.

      MARQUIS.

      Noch nicht ganz.

      KÖNIGIN.

      Sagten Sie

      Uns nicht, Fernando sei Ihr Freund gewesen?

      MARQUIS.

      Ich habe keinen teurern.

      EBOLI.

      Fahren Sie

      Doch fort in der Geschichte, Chevalier.

      MARQUIS.

      Sie wird sehr traurig – und das Angedenken

      Erneuert meinen Schmerz. Erlassen Sie

      Mir den Beschluß –

      Ein allgemeines Stillschweigen.

      KÖNIGIN wendet sich zur Prinzessin von Eboli.

      Nun wird mir endlich doch

      Vergönnt sein, meine Tochter zu umarmen. –

      Prinzessin, bringen Sie sie mir.

      Diese entfernt sich. Der Marquis winkt einem Pagen, der sich im Hintergrunde zeigt und sogleich verschwindet. Die Königin erbricht die Briefe, die der Marquis ihr gegeben, und scheint überrascht zu werden. In dieser Zeit spricht der Marquis geheim und sehr angelegentlich mit der Marquisin von Mondekar. – Die Königin hat die Briefe gelesen und wendet sich mit einem ausforschenden Blicke zum Marquis.

      Sie haben

      Uns von Mathilden nichts gesagt? Vielleicht

      Weiß sie es nicht, wieviel Fernando leidet?

      MARQUIS.

      Mathildens Herz hat niemand noch ergründet –

      Doch große Seelen dulden still.

      KÖNIGIN.

      Sie sehn sich um? Wen suchen Ihre Augen?

      MARQUIS.

      Ich denke nach, wie glücklich ein Gewisser,

      Den ich nicht nennen darf, an meinem Platze

      Sein müßte.

      KÖNIGIN.

      Wessen Schuld ist es, daß er

      Es nicht ist?

      MARQUIS lebhaft einfallend.

      Wie? Darf ich mich unterstehen,

      Dies zu erklären, wie ich will? – Er würde

      Vergebung finden, wenn er jetzt erschiene?

      KÖNIGIN erschrocken.

      Jetzt, Marquis? Jetzt? Was meinen Sie damit?

      MARQUIS.

      Er dürfte hoffen – dürft er?

      KÖNIGIN mit wachsender Verwirrung.

      Sie erschrecken mich,

      Marquis – er wird doch nicht –

      MARQUIS.

      Hier ist er schon.

      Fünfter Auftritt

      Die Königin. Carlos.

      Marquis von Posa und die Marquisin von Mondekar treten nach dem Hintergrunde zurück.

      CARLOS vor der Königin niedergeworfen.

      So ist er endlich da, der Augenblick,

      Und Karl darf diese teure Hand berühren! –

      KÖNIGIN.

      Was für ein Schritt – welch eine strafbare,

      Tollkühne Überraschung! Stehn Sie auf!

      Wir sind entdeckt. Mein Hof ist in der Nähe.

      CARLOS.

      Ich steh nicht auf – hier will ich ewig knien.

      Auf diesem Platz will ich verzaubert liegen,

      In dieser Stellung angewurzelt –

      KÖNIGIN.

      Rasender!

      Zu welcher Kühnheit führt Sie meine Gnade?

      Wie? Wissen Sie, daß es die Königin,

      Daß es die Mutter ist, an die sich diese

      Verwegne Sprache richtet? Wissen Sie,

      Daß ich – ich selbst von diesem Überfalle

      Dem Könige –

      CARLOS.

      Und daß ich sterben muß!

      Man reiße mich von hier aufs Blutgerüste!

      Ein Augenblick, gelebt im Paradiese,

      Wird nicht zu teuer


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