Deadforce 2. Norbert Langenau
ist einer von ihnen. Bei ihnen handelt es sich um dreizehn der ältesten und mächtigsten Wesen, die je existierten. Sie alle wurden vom schrecklichsten Wesen aller Zeiten geschaffen und es gab sie bereits vor dem Tod."
Das alles war etwas viel für Julian, also musste er kurz nachfragen.
"Soll das heißen, den Tod gab es nicht schon immer?"
"Nein, die ersten Wesen konnten nicht sterben. Zumindest solange nicht, bis der Tod geschaffen wurde. Ab diesem Zeitpunkt waren auch sie sterblich, auch wenn es praktisch unmöglich ist, sie zu töten."
"Bitte verzeiht, aber könnt Ihr mir erzählen, wer denn eigentlich das schrecklichste Wesen der Existenz ist? Ich habe schon einmal mit Wilhelm und Elisabeth aus Hanveltien darüber gesprochen, doch die beiden wollten mir nicht verraten, was das für ein Wesen sein soll."
"Daran taten sie gut und auch ich werde dieses Gebot nicht brechen, indem ich dir nun alles offenbare, Eadfjeddr. Es bringt Unglück, den Namen des Schreckens auszusprechen. Niemand spricht jemals seinen Namen aus, denn wir fürchten, sobald er seinen Namen vernimmt, kehrt er zurück. Diesmal aber wird ihn niemand aufhalten können. Deshalb schweigen wir und nun sprechen wir nicht weiter darüber."
"Ich verstehe.", seufzte Julian und blickte resignierend zu Boden. Ob er jemals erfahren würde, wer dieses Wesen wohl war und was es alles für schreckliche Dinge getan hatte? Immerhin erfuhr er nun etwas über die Urgeister, die alle von diesem Wesen geschaffen worden waren. Vielleicht nicht gerade das, was Julian wollte, doch besser als nichts.
"Zurück zu den Urgeistern.", begann der Druide, "Unter ihnen gibt es auch die vier Elementgeister, von denen jeder für ein Element steht. Drei von ihnen sind eigentlich ganz umgänglich und der Geist des Wassers ist bekannt als der freundlichste aller Urgeister. Das Problem ist nur, dass jeder Elementgeist auch seine Elementdienerinnen besitzt. Für Avarravotha, den Geist des Wassers waren das die Nymphen. Ich glaube, du bist bereits einer von ihnen begegnet."
"Ja, sie hieß Marina. Als ich mich weigerte, Sex mit ihr zu haben, war sie total unfreundlich zu mir."
"Interessant, dann lass mich dir zwei Dinge dazu erklären. Erstens war sie nur so unfreundlich, weil du aus ihrem Blickwinkel nicht einfach Sex mit ihr, sondern sie als Ganzes abgelehnt hast. Dadurch hast du ihr zu verstehen gegeben, dass sie für dich nichts wert ist."
"Aber das stimmt doch gar nicht."
"Nymphen sind leider stark auf das Körperliche und die Oberflächlichkeit beschränkt. Wenn du ihnen mit Vernunft kommen willst, wirst du wenig Erfolg haben. Doch sie sind sehr gütig und offenherzig und wenn es dir wirklich Leid tut, sollte auch diese eine Nymphe dir vergeben können. Dennoch bin ich noch gar nicht zum zweiten Punkt gekommen, der eigentlich wesentlich bedeutsamer ist. Denn jeder, der die Nymphen nicht einfach für Sex benutzt, wie es die meisten Menschen tun, ist auch ein Freund des Wassergeists. Du stehst in ihrer Gunst schon höher als der Großteil der restlichen Menschheit, Julian. Weil du über die Oberflächlichkeit hinweggesehen hast und die Nymphen nicht nur so wahrgenommen hast, wie es die meisten tun. Du kannst durchaus stolz auf dich sein, Eadfjeddr. Was ich sagen wollte, ist, dass der Wassergeist nicht erfreut darüber war, als sie sah, wie ihre Dienerinnen behandelt wurden. Als dann aber noch die Golems auftauchten, war es ihr zu viel. Also verwandelte sie die Älteste der Nymphen, Mara, in eine Nixe. Nixen sind eine Art Weiterentwicklung der Nymphen. Jedoch haben sie mit ihrem Volk nicht mehr wirklich viel zu tun, denn eine Nixe durchschaut die ganze Oberflächlichkeit und ebenso, wie die anderen Völker die Nymphen nur ausnutzen. Deshalb wird sie zur Wächterin der Nymphen und jeden, der ihnen Leid zufügen will, vernichtet sie ohne zu zögern. Denk daran, dass wir vom freundlichsten aller Urgeister sprechen und sie hat dennoch diese mächtige und grausame Kreatur erschaffen. Daher solltest du stets achtsam sein, denn mit den Urgeistern scherzt man nicht. Nun aber zurück zu meinem ursprünglichen Punkt. Ich fürchte, du hast mit deiner Erwähnung von Crypthmetoras meinen Hang, über alte Wesen zu schwafeln, geweckt. Wir sind etwas abgedriftet, dennoch kann es nicht schaden, wenn du über die Urgeister Bescheid weißt. Ich habe dich zuvor gefragt, ob du etwas über Dämonen weißt, richtig? Das tat ich deshalb, weil jenes Pestopfer, das dich in Herbstweih besucht hat, gar kein Mensch, sondern ein Dämon war. Ihr Name ist Pestia und sie ist eine der drei unheiligen Säulen von Beelzebub, dem Todsündendämon des Neids. Diese mächtigen Dämonen können jeder je eine von drei fürchterlichen Krankheiten auslösen, Pest, Cholera oder Lepra. Damit du also verstehst: Das war keinesfalls ein Pestopfer, sondern eine mächtige Pestdämonin, die auf dich herabgeblickt und gelächelt hat."
Julian starrte den Druiden mit geweiteten Augen und aufgerissenem Mund an. Er wusste nicht mehr, was er sagen sollte und auch nicht, wie er nun fortfahren sollte. Was konnte man tun, nachdem ein Dämon, der Pest auslösen konnte, einen besucht hatte? Es schien ihm wie ein Wunder, dass er nun nicht an der Krankheit litt. Einige Zeit verging und es blieb totenstill. Irgendwann sagte der Druide leise:"Ja, ich weiß. Das waren viele Informationen und dazu noch so schockierende Dinge, du musst das erst einmal verarbeiten. Wenn du bereit bist, komm nach oben, ich warte dort solange."
Dann stieg der Druide der Gestirne die äußere Treppe am Turm hinauf. Julian blickte noch immer in weite Ferne, obgleich seine Augen auf die Wand vor ihm geheftet waren. Lange Zeit dauerte es, bis ein Laut Julian entwich. Dieser erste Laut bahnte sich jedoch langsam an. Zunächst hörte man nur ein unterdrücktes Surren und schließlich wurde es immer lauter, bis Julian letztendlich den Mund öffnete und laut schrie. Er schrie seinen gesamten Frust hinaus. Das ganze dauerte ein paar Minuten, dann beruhigte er sich wieder und verstummte langsam. Kurze Zeit blieb es erneut stumm, dann schrie Julian:"Es tut mir Leid, Marina!"
Der Druide der Gestirne hörte natürlich alles mit an und freute sich über Eadfjeddrs Entschuldigung an die Nymphe, wusste jedoch, dass sie sie nicht hören würde. Dabei verstand der Druide Julian in diesem Moment besser als sonst irgendjemand. Der arme Junge wollte der Nymphe klarmachen, dass er sie durchaus schätzte, jedoch nicht auf die offensive, körperliche Weise der Nymphen. Damit Julian Marina diesen Umstand erklären konnte, musste er sie aber erst einmal wiedersehen. Kein leichtes Unterfangen, bedachte man, dass sie stets mit Feyros, dem König der Fischer aus Grelia unterwegs war. Dieser fischte so ziemlich überall um Europa herum, vorzugsweise natürlich im Mittelmeer, doch das lag im Moment gute 800 Kilometer von Julian entfernt. Auch die Tatsache mit der Pestdämonin machte Julian zu schaffen, doch nachdem er nicht infiziert war, ließ er es hinter sich. Die Informationen über die Urgeister jedoch hatte er sich gemerkt.
Schließlich marschierte der Druide wieder hinunter zu Julian, legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte:"Keine Sorge, mein Junge, alles wird gut."
"Wie...wie könnt Ihr das so einfach sagen, angesichts...angesichts der Grauen, die Ihr mir geschildert habt?", gab Julian etwas benommen von sich.
"Ich kann es in deiner Zukunft sehen. Natürlich wird es nicht immer einfach sein, denn schon bald kommt sehr viel Leid auf dich zu. Du wirst einem großen Krieg beiwohnen, Eadfjeddr, doch ist es notwendig, dass du alles gibst, um ihn zu gewinnen. Vorerst, lass uns nicht über die schrecklichen Dinge der Vergangenheit nachdenken, sondern unsere Augen auf die Zukunft lenken. Die Zukunft wartet oben auf der Karte, wo ich dir zeige, wo du die Nebelwiese finden kannst. Auf dieser Wiese wachsen die Nebelseitlinge, die du mir holen sollst. Na komm, lass los und trage den ganzen Schmerz nicht länger mit dir."
Julian erhob sich. Er sah den Druiden an und sprach dann:"Wie könnt Ihr mir so etwas sagen? Wenn ich den Schmerz nicht mit mir trage, dann motiviert er mich nicht dazu, besser zu werden. Wolltet Ihr nicht, dass ich über mich selbst hinauswachse? Zu wissen, was für Schrecken da draußen lauern und der Wunsch, mich sowie andere vor ihnen zu schützen sind der beste Ansporn, um besser zu werden. Ich muss den Schmerz mit mir tragen, denn er gibt mir Kraft."
"Ich bin sprachlos, Eadfjeddr. Ja wirklich. So stolz war ich in meinem ganzen Leben noch nie auf irgendjemanden. Du scheinst wirklich deinen eigenen Weg gefunden zu haben. Das erfüllt mein Herz mit Freude. Es ist gut, wenn der Schmerz dir Kraft gibt. Aber bitte sei vorsichtig und lass dir nie zu viel Schmerz auferlegen, denn irgendwann bricht selbst der stärkste Krieger unter seiner Last zusammen. Na komm, gehen wir nach oben."
"In Ordnnug.", sagte Julian.