Deadforce 2. Norbert Langenau
und Lisa aus dem Dorf Herbstweih.", sagte Julian. Er hoffte, das Monster würde ihm nun nicht offenbaren, dass es sie längst getötet und verspeist hatte. Stattdessen hielt die Gestalt kurz inne und sprach dann:"Hm, verstehe. Es wird das Beste sein, Ihr setzt Euren Weg zum Gipfel fort und redet mit der Gestalt, die Ihr dort vorfindet."
"Aber...das heißt, Ihr seid nicht derjenige, der am Gipfel des Schattenberges wohnt?"
"Nein. Ich bin nur hier, weil ich es will. Nun werde ich aber wieder verschwinden. Gebt auf Euch Acht, Kind des Schicksals."
Auf diesen Satz hinauf löste sich die Gestalt, die Julian noch immer nur aus dem Augenwinkel wahrnahm, auf und verschwand. In der letzten Sekunde blickte er in ihre Richtung und konnte nur noch ein Stück dunkelblauen Stoffes erkennen, das zurückblieb und zu Boden fiel. Julian hob es auf und steckte es in seine Hosentasche, wo es ein wenig heraushing. Kind des Schicksals. Julian war schon wieder jemandem begegnet, der ihn so bezeichnet hatte. Konnte das Zufall sein? War es Zufall, dass Julian noch lebte? Oder war es vielmehr die Achtung vor den Kindern des Schicksals, welche das seltsame Monster Julian hatte verschonen lassen? Schon wieder wurde unser Held mit viel zu vielen Fragen bombardiert und dabei versuchte er doch nur, seine Freunde zu retten. Verwirrt und mit einem viel zu drängenden Bedürfnis, Antworten zu bekommen, setzte Julian erneut seinen Weg fort. Der Rest des Anstiegs verlief schnell und ohne besondere Vorkommnisse. Irgendwann, auf Höhe von 650 Metern, erreichte Julian eine Treppe, aus perfekt gebauten Stufen. Diese allerdings waren viel schmaler als jene großen Steinstufen, denen er so lange gefolgt war, nur ungefähr einen Meter breit. Dafür waren sie höher als die Steinstufen, bestanden aus grauem Marmor und waren so exakt gefertigt, dass es schon beängstigend wirkte. Diese Treppe führte in erschütternd steilem Winkel den letzten Anstieg hinauf und endete, wie man schon vom unteren Ende aus sehen konnte, direkt beim Turm am Gipfel. Zu beiden Seiten der Treppe verlief der Berghang ebenfalls bergauf, hier wucherten unzählige, dicht aneinander gedrängte Nadelbäume, die alle lebendig und gesund wirkten. Julian begann, die Treppe hinaufzusteigen und hörte erst auf, als er oben vor dem großen Turm stand. Dieser bestand aus massivem, sehr dickem Stein, wobei man unförmige Steinbrocken in der Fassade sehen konnte, zwischen denen sich noch andere Materialien befinden mussten, um das ganze zusammenzuhalten. Auch der Turm war mit einer unglaublichen Präzision errichtet worden, besaß perfekte Kanten, stand absolut gerade und schloss in einer Höhe von 50 Metern mit den Zinnen der sich erweiternden Dachterrasse ab. Diese ragte auf allen Seiten exakt vier Meter über den Rest des Turmes hinaus. Auf allen Seiten befanden sich, jeweils auf Höhe einiger Stockwerke, eingebaute Fenster, die sogar mit Glas versehen waren. Manche Glasscheiben waren jedoch so gedreht worden, dass sie in der Mitte des Fensters parallel zu dessen Seiten verliefen und nicht das Fenster schlossen wie üblich. Scheinbar konnte man diese Glasscheiben also drehen. Julian hatte keine Ahnung, was für ein Wesen hier hausen konnte, doch er machte sich einfach daran, es herauszufinden. So betrat er den Turm durch die kleine, hölzerne Tür und fand im Inneren sofort einen Raum mit Tischen, Regalen und Säulen vor, wobei die Säulen die oberen Geschosse stützten und daher essentiell für das Bauwerk waren. Dieser Raum war allerdings nicht wirklich spannend und so stieg Julian eine weitere Treppe hinauf, die entlang der Wand des Turmes hinauf verlief. Nach einigen Stufen kam immer ein Zugang zu einem Raum auf dem jeweiligen Geschoss. Weiter oben endete die Treppe plötzlich in einem sehr gemütlichen Raum, welcher einen großen, roten Teppich am Boden liegen hatte. An der rechten Wand stand ein großes, einladendes Bett, daneben befanden sich ein Schreibtisch und ein Regal voll mit Pergamentrollen, Flaschen mit seltsamen Flüssigkeiten darin sowie ein paar Stoffsäckchen mit unbekanntem Inhalt. Am Fußende des Bettes, auf Julians Seite, befand sich auch noch eine sehr große Truhe aus Holz. Auf der gegenüberliegenden Seite zu jener, entlang welcher das Bett stand, befand sich ein kleiner Durchgang nach draußen auf einen kleinen Vorsprung. Von diesem aus führte die Treppe außerhalb des Turms weiter. Das war Julian gar nicht aufgefallen, als er den Turm betrachtet hatte. Tatsächlich hatte er es gar nicht sehen können, denn diese Treppe außerhalb befand sich auf der Rückseite des Turms und Julian hatte von der Frontseite darauf geblickt. Darüber hinaus führte diese Treppe nur über die Hinterseite und endete weiter oben schon. Dort befand sich wieder ein Durchgang, der in den obersten Stock führte, über dem nur noch die Dachterrasse lag. Als Julian dort mit gezogenem Schwert eintrat, fand er kein schreckliches Monster vor. Nein, da stand ein alter Mann mit langem, grauem Bart und orangem Umhang. Er trug braune, elegant geschneiderte Kleidung, doch der Großteil davon wurde ohnehin von dem sehr langen und weiten Umhang verdeckt. Der alte Mann bemerkte Julian sofort und sah ihn dann aus seinen schwach grün leuchtenden Augen an.
"Ah, na endlich, Eadfjeddr. Du kommst reichlich spät.", sagte er zu Julian. Dieser wusste zunächst gar nicht, was er eigentlich erwidern sollte. Immerhin war er gerade mit einem seltsamen Namen angesprochen worden. Der alte Mann nahm ihm die Arbeit ab und fuhr fort:"Was soll denn das Junge, verhält man sich so in Gegenwart eines alten Mannes? Steck gefälligst das Schwert weg und steh gerade. Also wirklich, die Jugend von heute. Durch und durch verdorben. Warum genau hat das so lange gedauert? Ich habe schon gestern mit dir gerechnet. Die Sterne lügen nicht, doch manchmal scheint es, als ob sie nicht ganz korrekt bei ihren Angaben sind."
"Verzeihung...", begann Julian schließlich, "...aber was redet Ihr da eigentlich?"
"Hm? Was ich rede? Oh, natürlich. Entschuldige, ich vergesse immer, dass nur ich weiß, was passieren wird und die anderen dann immer verdutzt dreinschauen, bis ich es ihnen erkläre. Also, ich bin der Druide der Gestirne. Mein Name ist Alfokohel und bisher wartete ich auf deine Ankunft, Eadfjeddr."
"Ich heiße Julian!", rief Julian dem Alten dazwischen. Dennoch staunte er innerlich. "Ein Druide".
"Natürlich ist das dein Name, aber ich glaube, du verstehst nicht ganz. Eadfjeddr ist keinesfalls ein Name, es bedeutet "Vorherbestimmter" in der alten Sprache. So es der Zufall will, wobei das hier wohl eher Schicksal ist, bist du mir vorherbestimmt, Julian. Es ist vorherbestimmt, dass wir beide uns treffen."
"Wie kann das vorherbestimmt sein?", fragte Julian erstaunt und verwirrt.
"Ich fühle, du hast viele Fragen, doch will ich dir zunächst bei jener helfen, die mir am dringendsten scheint. Deine beiden Freunde, Otto und Lisa. Ich weiß, wie es um sie bestellt ist."
"Tatsächlich? Geht es ihnen gut? Wo sind sie?", fragte Julian sofort erfreut. Vielleicht konnte der Druide ihm ja wirklich helfen.
"Ganz ruhig. Unser Treffen ist vorherbestimmt, somit werde ich dir helfen, aber auch du musst mir helfen. Das verstehst du sicherlich. Bist du bereit für deine Aufgabe?"
"Was? Nein, Moment. Bitte sagt mir sofort, was mit meinen Freunden geschehen ist. Das hat Vorrang vor allem anderen. Danach helfe ich Euch gerne, aber bitte sagt mir zunächst alles, was Ihr über meine Freunde wisst."
"Tut mir Leid, Julian, aber das kann ich nicht tun. Wenn du meine Aufgabe erfüllst, dann werde ich dir alles erzählen. Also, bist du bereit für die Aufgabe?"
"Soll das ein schlechter Witz sein?", erwiderte Julian zornig. Er zog sein Schwert und blickte den Druiden finster an.
"Ich will jetzt Antworten. Dafür bin ich doch extra auf diesen beschissenen Berg hinaufgeklettert. Ihr sagt mir jetzt alles, was Ihr wisst oder Ihr nehmt es mit ins Grab!"
"Kein Grund, ausfallend zu werden, mein ungestümer Freund. Ich glaube, du solltest dich erst einmal ausruhen."
Dann hob der Druide der Gestirne seine Hände und Julian schwebte plötzlich in der Luft, während er immer müder wurde. Sein Katana fiel ihm aus der Hand und zu Boden. Anschließend verlor er das Bewusstsein.
Kapitel III: An einem seltsamen Ort
Als Julian erwachte, blickte er verwirrt um sich. Für einen Moment hatte er keine Ahnung, was geschehen war und wo er sich befand. Dann aber fiel ihm alles binnen eines Augenblicks wieder ein und er erkannte den gemütlich eingerichteten Raum wieder, den er zuvor im Turm des Druiden durchquert hatte. Tatsächlich lag Julian gerade in dem Bett, welches gegenüber dem Durchgang zur äußeren Treppe des Turms lag. Es fühlte sich wirklich weich und kuschelig an. Von dem