Deadforce 2. Norbert Langenau

Deadforce 2 - Norbert Langenau


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      "In Ordnung."

      Julian nahm den Speer, den Natasha ihm entgegenhielt, in die Hände. Sofort konnte er eine mächtige Energie durch seinen Körper pulsieren fühlen. Das war ein faszinierendes Erlebnis. Er war mit seinem Katana Ibmogwari sehr zufrieden, doch wenn er dieses Schwert benutzte, fühlte er nicht eine solche Macht in seinem Körper. Irgendetwas an diesem Speer war anders, höher. Eine höhere Macht. Gerade, als Julian sich erheben und den Speer schwingen wollte, griff Natasha mit einer Hand darauf und sagte:"Ich denke, das war lange genug. Ein tolles Gefühl, nicht wahr?"

      Julian ließ den Speer los und als Natasha ihn wieder ganz für sich hatte, legte sie ihn erneut in der Wiese ab.

      "Nun, so viel zu meinem Speer. Aber du hast noch gar nichts über dich erzählt. Ich weiß nur, dass du ein Kind des Schicksals bist. Doch was genau verschlägt dich eigentlich hierher?"

      "Ich muss für den Druiden der Gestirne seltene Pilze finden. Hoëns Feuer habe ich aber nur gefunden, weil ich in der Nacht einen sicheren Ort zum Schlafen brauchte und das Feuer aus der Ferne erblickte. Und was machst du hier?"

      "Ach, ich gehe nur auf Abenteuer. Reise ein wenig herum, vertrete mir mal die Beine. Wahrscheinlich ziehe ich heute noch weiter. Was ist mit dir, wann wirst du wieder aufbrechen, Julian?"

      Das war eine berechtigte Frage. Tatsächlich hatte Julian noch gar nicht daran gedacht. Wann wollte er eigentlich weiterreisen? War es nicht sein oberstes Ziel gewesen, die Pilze so schnell wie möglich zu beschaffen, damit er endlich alles erfuhr, was der Druide der Gestirne über Otto und Lisa wusste?

      "Hm, ich glaube, ich werde noch eine Weile hier bleiben. Ich bin doch gerade erst angekommen.", antwortete Julian schließlich und so wie er es sagte, meinte er es auch. An diesem Feuer mit Leuten, die sich freundlich austauschten, fühlte er sich wohl. Es ließ ihn ein wenig an seinen damaligen Besuch in Grelia denken. Da hatten ihn auch alle akzeptiert, mit ihm zusammen getrunken, gegessen und gelacht. Er wollte unbedingt wieder dorthin. Doch zuvor wartete noch eine lange Reise auf ihn.

      "Du bleibst noch länger? Das freut mich, Julian.", sagte Hoën, der offenbar das Gespräch belauscht hatte.

      "Schön, dass du dich einmischt, denn ich wollte dich ohnehin was fragen.", sagte Natasha.

      "Was liegt dir auf dem Herzen?"

      "Wie kommt es eigentlich, dass das Feuer nicht ausgeht? Feuer braucht Luft zum Atmen und wenn die Barriere nichts durchlässt, wie soll dann die Luft hindurchgelangen?"

      "Eine sehr gute Frage, Natasha. Tatsächlich ist das eine semipermeable Barriere."

      "Was genau heißt das?", fragte Julian verwirrt.

      "Ich verstehe.", sagte Natasha. "Sehr clever."

      "Das bedeutet, dass nicht alles durchkommt, aber sie auch nicht komplett undurchdringlich ist, Julian. Diese Barriere lässt Luft ins Innere, aber weder Personen, noch Gegenstände und auch keinen Regen. Sonst würde das Feuer ja sofort ausgehen, wenn es einmal regnet.", erklärte Hoën.

      "In der Tat macht das Sinn. Eine wirklich geniale Idee.", erwiderte Julian, jetzt, wo er sich auskannte.

      "Ja, Naturmagie hat schon ihre Vorzüge.", sagte Hoën und lachte dann laut. Daraufhin stimmten bald alle am Lagerfeuer ein und man konnte lautes Gelächter durch einen großen Teil des ohnehin riesigen Waldes hallen hören. Nun war es endlich Zeit für Julian, sein Frühstück zu essen. Das tat er schließlich und alles schmeckte wundervoll. So verging die Zeit, einige der Leute am Lagerfeuer verschwanden, ein paar kamen neu hinzu, doch insgesamt wurde die Gemeinschaft kleiner. Auch Natasha machte sich am Nachmittag auf und verschwand. Julian hatte sich den ganzen Tag über mit verschiedensten Leuten am Lagerfeuer unterhalten. Dabei war ihm von einigen interessanten Geschichten berichtet worden. Er selbst hatte ein paar Mal seine Heldentaten in der Schlacht von Erudicor zum Besten gegeben. Da hatte Hoën aufgehorcht und genau gelauscht, was Julian erzählte. Weitere Zeit verging und allmählich wurde es stiller. Der Abend näherte sich und bald schon tauchte ein wunderschöner Sonnenuntergang die wenigen Wolken am Himmel in ein herrlich anzusehendes rosa Licht. Immer mehr Leute zogen weiter und zuletzt verblieben noch um die neun Leute am Lagerfeuer. Da musste Julian Hoën fragen:"Sag mal, ist es normal, dass hier immer weniger Personen übrig bleiben?"

      "Das ist der Lauf der Dinge. Sie kommen zu meinem Lagerfeuer. Sie wärmen sich, essen etwas, plaudern etwas und ziehen dann weiter. Dann kommen wieder neue und so geht das ewig weiter. Es gibt genug Tage, an denen ich ganz alleine hier sitze und einfach nur in das Feuer blicke. Dieses Feuer war mir stets ein guter Freund. Es hat mich nie verraten und ich habe es nie enttäuscht."

      Hoën seufzte.

      "Was ist los?", fragte Julian.

      "Ach, nichts. Ich will dich nicht mit langweiligen Geschichten zum Einschlafen bringen. Es ist ja gerade erst Abend geworden. Zum Schlafen bleibt noch genug Zeit übrig."

      "Bitte, Hoën. Du langweilst mich bestimmt nicht. Vielleicht kann ich dir ja helfen, was auch immer es ist."

      "Das glaube ich kaum. Denn der Schaden wurde schon vor langer Zeit angerichtet und du hättest es nicht verhindern können, glaub mir. Aber wenn du es wirklich hören willst, erzähle ich es dir."

      "Ja, bitte, ich höre dir aufmerksam zu.", versprach Julian, der unbedingt mehr von Hoën erfahren wollte.

      "Na gut. Bevor ich diese Geschichte jedoch erzähle, solltest du etwas wissen. Ich bin Pazifist. Ich verabscheue Gewalt und versuche stets, sie so weit wie möglich von mir fernzuhalten. Natürlich gelingt mir das nicht immer. In Notfällen muss auch ich zu Gewalt greifen, bevor schlimme Dinge geschehen. Doch wann immer es geht, werde ich alles andere tun, bevor ich Gewalt als letzten Ausweg einsetze. Warum erzähle ich dir das, fragst du dich? Ich habe gehört, wie du mit deinen Taten in der Schlacht von Erudicor geprahlt hast. Da bist du in meiner Gunst ein ganzes Stück gesunken, Julian. Denn auf so etwas darf man nicht stolz sein. Du hast andere Wesen getötet. Lebendige Wesen, die ein eigenes Leben besaßen. Du hast es ihnen eiskalt genommen und bist sogar stolz darauf. Was denkst du, was nun mit jenen geschieht, die du getötet hast? Interessiert es dich denn überhaupt?"

      Julian blieb stumm. So hatte er das alles noch nie betrachtet. Hoën hatte vollkommen Recht. Man konnte es drehen und wenden, doch Tatsache blieb, dass Julian in der Schlacht von Erudicor viele Wesen getötet hatte. Allerdings war er überzeugt, dass es notwendig gewesen war, um Erudicor, Anthem Gows und nicht zuletzt die ganze Welt vor einem schlimmen Schicksal zu bewahren. Ebendies konnte er schließlich auch Hoën sagen, wobei er sich noch immer ein wenig schuldig fühlte.

      "Das soll deine Rechtfertigung sein? Was denkst du, wie viele der verstorbenen Krieger auf beiden Seiten Familien hatten, für die sie gekämpft haben? Familien, die sie nun nie wieder sehen werden. Alles nur dank dieser Schlacht."

      "Aber ich bin nicht schuld an dieser Schlacht. Das war der düstere Magier!", rechtfertigte sich Julian und er hatte völlig Recht.

      "Natürlich war er es. Daran gibt es gar keinen Zweifel.", antwortete Hoën. "Dieser Wahnsinnige ist wie ein Geschwür im Körper unserer schönen Welt. Er zerstört alles, was er zwischen seine von Schattenmagie verdorbenen Finger bekommt. Hätte man ihn vernichtet, bevor er diese Schlacht heraufbeschwor, so wäre vielen ein schrecklicher Tod erspart geblieben. Ich mache dir keinen allzu großen Vorwurf, Julian. Du denkst so, wie viele andere ebenfalls denken. Es liegt nicht an dir. Das Weltgefühl ist anders als früher. Noch dazu fühle ich, dass die Dunkelheit immer stärker zu werden scheint. Ich weiß nicht, was sich da noch alles anbahnt, doch könnte es gravierend sein. Das einzige, was ich mir von dir wünsche, ist, dass du darüber nachdenkst, ob du auch in Zukunft ohne Weiteres Leben auslöschen willst. Vielleicht denkst du nächstes Mal darüber nach, bevor du erneut jemanden tötest. Sicherlich ist es zum Teil in Ordnung, deinen Gegner zu töten, um dein Leben zu retten. Aber du musst deine Feinde nicht zwangsläufig töten. Du kannst sie auch nur kampfunfähig machen, dann haben sie schon verloren. Merk dir das bitte und denke immer daran."

      "Das werde ich, Hoën. Vielen Dank für deine aufschlussreichen Worte. Ich werde einige Zeit darüber nachdenken müssen. Vieles, was du gesagt hast, ist


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