Verlorenend - Fantasy-Epos (Gesamtausgabe). S. G. Felix

Verlorenend - Fantasy-Epos (Gesamtausgabe) - S. G. Felix


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Griff herankommen könnte, doch es war zu hoch für ihn oder besser ausgedrückt, er war zu klein. Diese Tür war nicht für Menschen gebaut. Sie war fast viermal so groß wie er.

      »Warte, ich hebe dich hoch«, schlug Pais vor. Doch Antilius winkte ab. »Nein, das hat keinen Sinn. Ich würde trotzdem nicht herankommen. Wir müssen hier etwas suchen, auf das ich mich drauf stellen kann.«

      Nachdem er und Pais ein paar (für largonische Verhältnisse) kleine Holzkisten zusammengetragen und vor der Tür aufgestapelt hatten, kletterte Antilius auf die oberste Kiste. Er umschloss den voluminösen Türgriff mit beiden Händen und hängte sich mit seinem ganzen Gewicht daran, um ihn herunterzuziehen. Ohne Erfolg. Er zog und zog, machte eine Pause und riss dann wild weiter am Griff. Er machte wieder eine Pause und probierte es mit einem Kampfschrei erneut, bis er schließlich aufgeben musste.

      »Ich schaffe es nicht. Dieser Griff bewegt sich keinen Millimeter.«

      »Wahrscheinlich ist die Tür versperrt. Möchte mal wissen, wie Brelius da durch gekommen ist«, sagte Gilbert.

      »Verdammt! Brelius hat sie bestimmt geschlossen, nachdem er ein zweites Mal das Haus betreten hat.«

      »Fluchen bringt nichts«, sagte Gilbert überflüssigerweise.

      »Und wie wollen wir da jetzt reinkommen? Es gibt für uns nur diesen Eingang«, meckerte Pais nach oben zu Antilius, der erschöpft auf dem Kistenstapel saß.

      »Ich weiß es auch nicht.« Antilius war wütend. An dieser blöden Tür durfte es doch nicht scheitern! Er schloss die Augen, um sich besser konzentrieren zu können. Eine Lösung zu finden. Irgendeine Idee. Ihm fiel aber nichts ein. Der Sandling hatte über den Dunklen Tunnel gesprochen, der ihn am Durchgehen hindern würde. Und von einer Art lebendigen Tür ohne Griff, die unter der Erde den Weg zum Tor versperrte. Aber von einer massiven Holztür über der Erde, die schlicht verriegelt war, hatte er kein Wort verloren. Er wünschte sich einfach nur, dass diese dämliche Tür von selbst aufspringen würde. Das hätten er und seine Freunde, bei all den Entbehrungen und Anstrengungen, die sie auf sich genommen hatten, wirklich verdient.

      »Vielleicht sollten wir die Tür einfach in Brand stecken, warten, bis sie nur noch ein Häufchen Asche ist und schlendern dann entspannt hinein«, schlug Gilbert vor.

      Pais verzog das Gesicht. »Du Spaßvogel! Diese Tür ist eine Armlänge dick, und außerdem besteht sie aus Immerfestholz. Die kriegen wir niemals angezündet.«

      »Wir sollten es doch wenigstens versuchen«, drängte Gilbert weiter.

      »Das ist absoluter Blödsinn.«

      »Ach, hast du Dickkopf vielleicht eine bessere Idee? Wenn du nörgeln kannst, was ich wieder mal für einen Blödsinn erzähle, ja dann bist du ganz groß, nicht wahr? Aber wenn es darum geht, wenigstens mal ein kleines bisschen selber das Gehirn anzustrengen, dann ...« Gilbert brach sein verbales Gegenfeuer abrupt ab, als er plötzlich ein lautes Rumpeln vernahm. Es kam von der Tür. Antilius hatte es auch gehört und schaute irritiert zu ihr.

      Kurz darauf rumpelte es noch einmal und dann folgte ein metallischer Donnerschlag. Ehe er und die anderen begriffen hatten, dass sich von innen der Türriegel geöffnet hatte, ging die gewaltige Holzwand auch schon langsam nach außen auf. Das tonnenschwere Holz schob dabei den Kistenstapel, auf dem Antilius saß, vor sich her. Antilius versuchte sich festzuhalten.

      Die Tür knarrte immer weiter nach außen auf. Der improvisierte Kistenturm begann zu wanken. Antilius versuchte, die Schwingungen mit seinem Gewicht auszugleichen. Dann verlor er selbst das Gleichgewicht und fiel mit den Armen rudernd herunter, konnte sich aber noch im letzten Moment an dem oberen Rand einer Holzlatte festklammern. Doch das nützte ihm wenig. Der kleine Kisten-Turm neigte sich so weit zur Seite, dass er schließlich umzustürzen begann. Antilius stieß einen Schrei aus und stürzte samt den Holzkisten zu Boden. Pais machte sich sofort daran, ihn aus dem Bretterhaufen zu befreien.

      »Danke, es geht schon. Ich glaube, ich habe mir nichts gebrochen.«

      Die Tür kam schließlich zum Stillstand und stand nun einen Spalt weit auf. Es war wieder Totenstille in der Largonen-Stadt.

      Pais lächelte: »Da hast du aber verdammtes Glück gehabt.«

      Antilius hustete Staub aus. »Kein Problem für mich. Ich habe schon eine gewisse Übung im Abstürzen entwickelt.«

      Pais half ihm wieder auf die Beine und grinste verhalten, was Antilius aber sofort bemerkte. »Tut mit leid, aber es sah irgendwie ulkig aus, wie du auf dem wankenden Kistenturm balanciert hast«, sagte Pais.

      »Schon gut. Ich wundere mich nur, dass unser lieber Freund Gilbert noch gar nicht von Lachkrämpfen gepeinigt auf dem Boden liegt.«

      »He, was denkst du von mir? Ich lache dich doch nicht aus! Du bist mein Meister«, beschwerte sich Gilbert und fügte mit einem Augenzwinkern hinzu: »Jedenfalls lache ich nicht jetzt. Sag mal, wie hast du das nur geschafft?«

      »Was geschafft?«

      »Die Tür zu öffnen!«

      »Ich weiß es nicht. Ich habe eigentlich nichts gemacht. Ich habe nur überlegt, wie wir in das Gebäude gelangen können, und auf einmal öffnete sich das Schloss, und die Tür ging auf.«

      »Tja, dann sollten wir hineingehen, meint ihr nicht?«, sagte Pais und rieb sich die Hände.

      Der riesige Eingang barg Dunkelheit. Das Tageslicht reichte nicht aus, um das Innere ausreichend zu erhellen.

      »Hmm. Ich dachte erst, jemand hätte die Tür von innen geöffnet. Aber hier ist niemand. Ich kann jedoch nicht weit sehen. Gibt es hier kein Leuchtgas oder Fackeln?«, wunderte sich Antilius.

      »Keine Sorge. Ich habe meine Petroleumlampe dabei und deine auch, Antilius.«

      Pais kramte in seiner Tasche und holte die beiden kleinen Lichtspender heraus.

      Antilius versuchte vergeblich, seine Lampe zu entzünden.

      »Auch das noch! Durch diese verdammten Gorgens ist sie jetzt völlig aufgebraucht! Ich habe kein Petroleum mehr«, fluchte er unbeherrscht.

      »Macht nichts. Meine wird schon ausreichen.«

      Antilius ging vorsichtig los. »Wir werden dort lang gehen«, sagte er, ohne zu wissen, was sie in dieser Richtung erwarten würde.

      Antilius kam sich vor wie in einem gigantischen Gespensterschloss. Um sie herum herrschte völlige Finsternis. Ihre Schritte hallten in den großen Räumen lange und geräuschvoll wider.

      Gegen das spartanische Äußere dieses Gemäuers wirkte das Innere geradezu verschwenderisch prunkvoll. Tonnenschwere Kronleuchter hingen gefühlte hundert Meter über ihren Köpfen. Statuen aus Stein, die Largonen in Rüstungen darstellten, säumten die Gänge. Und unvorstellbar große Gemälde, die Largonen in irgendwelchen vergangenen Schlachten darstellten, bedeckten die Wände. Antilius bekam eine Gänsehaut, und er war sich sicher, dass es Pais ebenso erging.

      Sie gingen durch ein Foyer, an das sich zwei breite Gänge anschlossen. Sie entschieden sich, den rechten Gang zu nehmen, der zu einer langen Treppe führte. Oben angekommen durchquerten sie einen riesigen Saal mit einem großen ovalen Tisch und Stühlen, von dem sie vermuteten, dass es sich um den Speisesaal handeln musste. Unerhört riesig. Vom Tisch bis zu den Stühlen. Am anderen Ende des Saals kamen sie zu einer breiten Treppe, über die sie wieder ins Erdgeschoss gelangten. Daran schloss sich eine zweite Treppe an, die unter die Erde führte.

      »Das muss es sein. Hier geht es abwärts. Wir sind fast am Ziel. Ich bin mir ganz sicher. Ich kann es fühlen«, sprach Antilius ehrfürchtig.

      »Es ist so still. Viel zu still«, flüsterte Pais.

      Er leuchtete mit seiner Lampe die Umgebung ab, um nach möglichen Fallen Ausschau zu halten. »Das gefällt mir nicht«, sagte er.

      Der Lichtschein seiner Petroleumlampe fiel nach oben an den Mauerrahmen des Treppeneingangs. Schriftzeichen waren in das Mauerwerk eingraviert.

      »Was ist das für eine


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