Verlorenend - Fantasy-Epos (Gesamtausgabe). S. G. Felix

Verlorenend - Fantasy-Epos (Gesamtausgabe) - S. G. Felix


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nickte. »Deshalb konnte er das zweite Mal ohne Koros’ Hilfe hindurch. Gibt es denn für mich keine andere Möglichkeit, das Tor zu erreichen, alter Sand?«

      »Es gibt den Geheimgang, doch sein Zugang kann viele Tagesmärsche weit weg von den Largonen sein und ihn zu suchen, würde nur wertvolle Zeit verstreichen lassen. Aber du kannst es schaffen. Du bist stark. Doch eines musst du noch wissen: Der Tunnel unter dem Hauptgebäude, der zum Tor führt, liegt unter der Erde. Eine Tür versperrt den Zugang zum Tunnel. Es ist keine Tür, wie du sie kennst. Es ist eine Tür, die eine menschliche Hand nicht öffnen kann, denn sie besitzt keinen Griff, mit dem man sie öffnen könnte. Diese Tür ist nicht von dieser Welt. Und sie ist lebendig. Du kannst sie nur öffnen, wenn du den richtigen Schlüssel besitzt.«

      »Was für einen Schlüssel?«

      »Ein Teil des Schlüssels ist ein Bild, das du in den Sand vor der Tür malen musst. Der andere Teil ist ein Rätsel, das du alleine lösen musst. Dabei kann ich dir nicht helfen, denn das Rätsel ist immer anders. Kein Rätsel wird zweimal gestellt.

      Nur deshalb bin ich schon so lange hier, Antilius. Um dir dieses Bild zu zeigen. Hast du das Bild, wirst du das Rätsel gestellt bekommen. Ich warte schon seit Jahren hier auf dich, um dir dieses Bild zu zeigen«, sagte der Sandling ruhig.

      Antilius fiel die Kinnlade herunter. »Was? Seit Jahren?«, fragte er entsetzt.

      »Man hat mich vor vielen Jahren losgeschickt, weil ich der jüngste war. Meine Chancen, noch am Leben zu sein, wenn du endlich kommst, waren am größten.«

      Antilius starrte den zerfallenden Sandling fassungslos an.

      »Wir haben schon sehr früh gewusst, dass du herkommen würdest, Antilius. Dass es wieder beginnen würde und die Vergangenheit uns einholt. Wir wussten nur nicht, aufgrund welcher Geschehnisse du hier eintreffen würdest«, fuhr der Sandling fort.

      »Beginnen? Was wird beginnen?«

      »Das Portal darf nicht aus den beiden Zeittoren wieder errichtet werden. Du bist der Einzige, der dies noch verhindern kann. Frage mich jedoch nicht nach dem Warum, armer Mensch, denn ich kann es dir nicht sagen. Es ist mir verboten. Du darfst es nicht wissen, und es ist nicht an mir, dir die Wahrheit über Thalantias Vergangenheit zu offenbaren. Hoffe, Antilius, dass du es nie erfahren wirst, denn dann wird diese Welt vor großem Übel verschont bleiben.«

      Antilius vergrub kurz das Gesicht in seinen Händen und raufte sich verzweifelt die Haare. »Kann Koros denn wirklich zum Transzendenten werden, wenn er das Portal aus den beiden Zeittoren aufgebaut hat? Ist er dann allmächtig?«

      Der Sandling schaute Antilius wissend an, und dieser Blick machte ihm deutlich, dass der folgende Satz das Letzte sein würde, was er über das Thema Portal von ihm erfahren würde. »Es gibt noch entsetzlichere Dinge, die wiedererweckt werden könnten, als der Transzendente. Der Transzendente wäre nur der Anfang. Der erste Schritt zum Untergang unserer Welt«, flüsterte der Sandling.

      Antilius wünschte sich weit, weit weg von diesem Ort.

      »Ich bin hier, weil ich dir das Bild zeigen werde, mit dem du das Rätsel gestellt bekommst. Gib mir deine Hand, dann zeige ich es dir«, sagte das Wesen aus Sand.

      Der Sandling nahm behutsam Antilius’ Hand. Er sagte ihm, er solle den Zeigefinger ausstrecken. Und dann führte er ihm die Hand und zeichnete ihm das Bild in den Sand, der um ihn herum war.

      »Das Bild zeigt eine Geschichte. Die Geschichte ist im Bild nicht vollständig wiedergegeben, also muss die Geschichte bis zum Ende erzählt werden. Du wirst wissen, was ich meine, wenn du das Bild gezeichnet hast. Du wirst es schaffen, du bist stark«, sagte der alte Sand abermals.

      Antilius schüttelte heftig den Kopf. »Nein. Ich bin nicht stark. Das ist mir klar geworden, seit ich diese Inselwelt betreten habe.«

      »Doch. Du hast die Augen. Deine Reise wird noch lang sein. Meine ist schon sehr bald vorüber.«

      »Was soll das heißen, ich habe die Augen?«, fragte Antilius.

      »Du hast diese besonderen Augen. Oh, wie lange habe ich sie schon nicht mehr gesehen, diese Augen? So viele Jahrhunderte. Ich dachte schon, ich würde sie nie wieder bei einem Menschen sehen. Aber du hast sie. Ja, ich bin mir sicher, dass du sie hast. Deine Augen sind das Licht im Dunkel.« Der Sandling war sehr schwach geworden. Das Gespräch hatte ihn sehr angestrengt. »Ich bin so müde. Ich danke dir, dass du mein Feuer wiedererweckt hast. Für dich ist es jetzt Zeit, deine Reise fortzusetzen.

      Geh, Antilius und verhindere die Auferstehung des Transzendenten. Dann wird alles wieder gut werden«, sagte er erschöpft.

      Antilius wollte gehorchen. Er erhob sich und wollte sich verabschieden. Doch da brach eine große Menge Sand aus der rechten Körperhälfte des Sandlings und rieselte hörbar zu Boden. Aber der Sandling rührte sich nicht. Er ertrug den Zerfall. Er war darauf vorbereitet.

      Antilius merkte gar nicht, wie ihm Tränen in die Augen kamen, so sehr war er von diesem tapferen Wesen ergriffen.

      »Wie lange …?« Er konnte die Frage nicht zu Ende bringen, doch der Sandling wusste, was er wissen wollte.

      »Wenn das Feuer erloschen ist. Dann werde ich meiner Einsamkeit entfliehen und zu meiner Familie zurückkehren. Auf der anderen Seite des Schleiers der Realität. Dort, wo sie mich schon seit sehr langer Zeit erwarten. Dann ist meine Reise endlich beendet.«

      Antilius wurde klar, dass es falsch sein würde zu gehen. Es wäre einfach falsch. Er setzte sich wieder.

      »In dieser Nacht bist du nicht allein.«

      Und Antilius blieb die ganze Nacht beim Sandling. Er wich nicht von seiner Seite, als die Sterne langsam vorüberzogen. Alles andere verlor in dieser Nacht seine Bedeutung. Nur die Tatsache, dass er bei ihm war, zählte.

      Antilius blieb.

      Bis das Feuer erloschen war.

      Der nächste Morgen war warm und freundlich. Antilius hatte sich seit Beginn seiner Reise noch nie so wohl gefühlt. Es erschien ihm paradox: Eigentlich hätte ihn die letzte Nacht deprimiert haben müssen. Doch die Tatsache, bis zum letzten Augenblick für den Sandling da gewesen zu sein, verschaffte ihm enorme Befriedigung. Es war gut. Eine Aura hatte den Sandling umgeben, die bei Antilius auf eine nicht erklärbare Art und Weise eine Vertrautheit geschaffen hatte.

      Hinzu kam noch seine wundersame Heilung. Er fühlte sich absolut fit; bereit, seinen Weg fortzusetzen.

      Pais fragte nicht danach, was ihm der Sandling anvertraut hatte, oder warum Antilius die ganze Nacht bei ihm verharrt hatte. Und darüber war Antilius auch froh. Er erzählte ihm aber trotzdem, was er über den Geheimgang, den zu suchen es zu spät war, die verschwundenen Largonen und den Dunklen Tunnel in Erfahrung bringen konnte.

      Es dauerte nicht mehr lange, bis sie die Pforten der Largonen-Festung erreichten. Und sie verdiente den Namen Festung wirklich. Die Stadt der Riesen war von einer gigantisch hohen Mauer umgeben. Antilius vermutete, dass sie wenigstens zwanzig Meter in die Höhe ragte. Es gab keine Möglichkeit, dahinter zu schauen. Es war ein unüberwindbarer Wall aus kolossalen Felssteinen. Rings um die steinerne Befestigung verlief ein breiter Wassergraben, um zusätzlichen Schutz zu bieten.

      Antilius hielt auf einmal inne und drehte sich um, nachdem er die Anlage betrachtet hatte.

      »Was ist? Was hast du?«, fragte Pais unruhig.

      Antilius zögerte mit seiner Antwort und lauschte. »Ich weiß nicht. Ich dachte, ich hätte etwas gehört.«

      »Schon wieder diese Piktins?«, schnaubte Pais.

      Antilius schüttelte den Kopf: »Nein, ich habe nur das Gefühl, dass wir verfolgt werden.«

      »Also ich habe niemanden gesehen. Obwohl ich mir gut vorstellen kann, dass wir überwacht werden«, sagte Pais fast gleichgültig.

      »Ach, ich glaube, ich bin nach der Sache


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