Verlorenend - Fantasy-Epos (Gesamtausgabe). S. G. Felix

Verlorenend - Fantasy-Epos (Gesamtausgabe) - S. G. Felix


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sein.«

      »Für mich ist es aber von sehr großer Bedeutung, und das sollte es für euch auch sein.«

      Die Antwort war Schweigen.

      »Der Mann, der das verbotene Tor benutzt hat, hat es nicht aus eigenem Willen getan. Er wurde dazu gezwungen. Jemand anderes möchte sich des Zeittores bemächtigen.«

      Die Sphären schwebten scheinbar unberührt von dem, was Antilius sagte, durch den Raum. »Die Zeit ist es, über die wir wachen. Die Zeit und nichts anderes.«

      Für Antilius klang das so, als wolle die Stimme vom Thema ablenken.

      »Aber versteht ihr denn nicht? Das Zeittor ist in Gefahr! Wenn ich mit Brelius nicht sprechen kann, dann kann euch vielleicht niemand mehr helfen.«

      »Du bist der Suchende. Du hast nicht über uns zu bestimmen.«

      Antilius schaute verstört um sich. »Soll das etwa eine Antwort sein?« Er war genervt und wütend.

      »Du suchst den Zeitreisenden. Mehr hat dich nicht zu interessieren.«

      »Wo ist er?«

      »Im Zeittor. Aber nicht in der Zeit.«

      Antilius wurde stutzig. »Soll das etwa bedeuten, dass ich durch das Zeittor gehen muss, um mit ihm zu sprechen?«

      »Der Weg zu ihm führt durch das Tor. Du darfst es aber nicht benutzen«, dröhnte die Stimme herrisch.

      »Das heißt also, ja«, murmelte Antilius vor sich hin.

      »Wo kann ich ihn finden? Ich meine, wenn ich das Zeittor durchschreiten sollte?«

      »Du darfst die Zeit nicht stören. Die Zeit ist es, über die wir wachen.«

      »Ich möchte ja auch nicht die Zeit stören. Ich will nur Brelius finden. Könnt ihr mir nicht helfen? Es könnte in eurem eigenen Interesse sein! Ein anderer Fremder könnte für alle Inselwelten eine Bedrohung darstellen, wenn er das Zeittor für seine Zwecke missbraucht.«

      »Geh jetzt!«, war die lapidare Antwort. Das Pulsieren der Lichtpunkte wurde intensiver. Das Drehen der leuchtenden Kreise wurde schneller.

      »Wollt ihr einfach zusehen, wie diese Welt womöglich zerstört wird? Alles Leben könnte vernichtet werden und ihr könntet auch vernichtet werden.«

      »Wir wachen nur über die Zeit. Für die Existenz dieser Welt sind wir nicht verantwortlich; nicht mehr. Auch für dein Schicksal sind wir nicht verantwortlich.«

      »Verantwortlich vielleicht nicht. Aber wenn das Zeittor gestohlen wird, würde auch die Zeit davon betroffen sein. Die Zeit könnte bedeutungslos werden, wenn es jemanden gibt, der die Zeit kontrollieren kann und ihr nicht handelt!«

      »Du redest über Dinge, die du nicht verstehst. Geh jetzt!«, riefen nun Dutzende Stimmen auf einmal mit donnernder Lautstärke.

      Die leuchtenden, violettfarbenen Kugeln umschwebten ihn weiterhin lautlos, so als ob sie ihn genauer betrachten wollten.

      Antilius drückte den müden Rücken durch, um Entschlossenheit zu demonstrieren. Er wollte sich nicht einschüchtern lassen. »Gut. Wenn ihr mir nicht helfen wollt. Dann werde ich es auch allein schaffen. Stellt euch mir nicht in den Weg«, drohte er und staunte gleich darauf über diesen Satz.

      Die Stimmen zögerten. Fast hatte es den Anschein, als ob sie verunsichert wären. »Das Tor der Zeit zu benutzen, ist kein leichtes Vorhaben. Es ist tief in der Erde versteckt und wird von der Dunkelheit bewacht. Die Dunkelheit treibt einen gestandenen Mann in den Wahnsinn, wenn er ihrer nicht würdig ist!«

      »Ich bin auch nicht davon ausgegangen, dass es leicht werden würde. Außerdem hat es Brelius anscheinend auch geschafft. Ich muss gehen und ihn finden.«

      »Deine Entscheidung entspricht nicht deiner Natur. Geh wieder dahin zurück, wo du hergekommen bist! Störe nicht die Zeit!«

      Jetzt war sich Antilius sicher, dass hier etwas faul war. Diese Wesen wollten ihn loswerden. Sie wollten nicht, dass er Brelius suchte. Seine Entschiedenheit beunruhigte sie. Seine bloße Anwesenheit irritierte sie. Und sie schienen kein Mittel zu haben, um ihn aufzuhalten. Hätten sie eines gehabt, dann hätten sie Brelius das Zeittor nicht betreten lassen. Aber da gab es noch eine andere Möglichkeit: Sie könnten aus irgendeinem Grund gewollt haben, dass Brelius das Zeittor aktiviert. Und mit dieser Vermutung lag er goldrichtig. Denn, was er nicht wissen konnte, war, dass die Späher und das Flüsternde Buch von Koros dasselbe Ziel verfolgten.

      Doch egal, was ihre Beweggründe waren, Antilius musste es selbst herausfinden.

      »Dass ich mich nicht einmischen soll, habe ich schon einmal gehört«, sagte er.

      Eine Pause folgte, in der Antilius im Zeitraffer seine Gedanken sortierte. »Nun denn. Es ist alles gesagt. Werdet ihr mich wieder gehen lassen?«

      »Uns zu verlassen, steht dir frei. Wir haben an diesem Ort keine Macht über dich.«

      »Aber vorhin habt ihr mich nicht gehen lassen. Die Tür unten war versperrt«, sagte Antilius misstrauisch.

      »Die Tür war nur versperrt, weil du sie aus Furcht vor den Tieren, die dich verfolgten, nicht öffnen wolltest.«

      Antilius überlegte und dachte daran, wie er vergeblich alles daran gesetzt hatte, die Tür zu öffnen.

      Die hellen Sphären gerieten in Schwingung und bewegten sich anschließend wieder auf ihre Ursprungsquelle zu, über Antilius’ Kopf. Ein größerer leuchtender Ball sog alle kleineren wieder in sich auf und verlor immer mehr an Leuchtkraft, bis er schließlich verschwand.

      Antilius ging gedankenverloren wieder die Treppe hinab. Kurz vor Erreichen der Tür sprang diese von selbst auf und gab ihm den Weg nach draußen frei. Er seufzte erleichtert auf.

      Es war Tag. Der Mond war verschwunden. Ist so viel Zeit verstrichen? Unmöglich.

      Antilius lugte zunächst wachsam aus dem Steinturm heraus, um sich zu vergewissern, dass die Piktins fort waren. Als er der Meinung war, es sei sicher, lief er rasch zurück in die Richtung, aus der er gekommen war. Zumindest glaubte er, dass es die richtige Richtung war.

      Er drehte sich noch einmal um, um sich den Stalagmitenturm aus der Ferne bei Tageslicht anzusehen. Aber der Turm war fort. Der Wald sah aus, als hätte es den Turm hier nie gegeben. Als hätte Antilius ihn nie betreten.

      Was geht hier bloß vor, dachte er.

      Antilius ging weiter und spürte bei jedem Schritt den stechenden Schmerz in seinem rechten Fuß. Er blickte an seinem Bein hinab und konnte ohne genaues Hinsehen erkennen, dass der Knöchel geschwollen war.

      Nach einer sehr langen Weile vernahm er freudig Gilberts Stimme, ohne die er wohl niemals seinen Spiegel wiedergefunden hätte. Er lag an dem Hang, an dem sein Meister ihn verloren hatte.

      »Antilius! Du meine Güte, ich hätte nie gedacht, dass du so schnell laufen kannst!«, rief Gilbert aufgeregt.

      »Das wusste ich bis dahin auch noch nicht. Weißt du, was mit Pais geschehen ist?«

      »Ja, Pais lebt noch. Er hat vor Kurzem noch meinen und deinen Namen von irgendwoher gebrüllt. Ich habe versucht zurückzurufen, doch er hat mich wohl nicht gehört. Ich denke, er sucht uns.«

      »Gut«, sagte Antilius beruhigt.

      »Als der Spiegel aus deiner Tasche geschleudert wurde und du nicht mehr zurückgekommen bist, habe ich gedacht, das wäre dein Ende. Ehrlich. Wie bist du den Viechern bloß entkommen?«

      Antilius hielt sich den Spiegel vors Gesicht und entlastete sein rechtes Bein. »Ich bin mir nicht sicher. Es war sehr seltsam. Plötzlich tauchte vor mir ein riesiger Fels auf, der die Form eines Stalagmiten hatte.«

      »Der Stein der Zeit? Dort, wo die Späher leben?«

      »Ja! Was weißt du darüber?«


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